So, jetzt passiert langsam etwas.
Die ersten Kunden steigen um auf Elektroautos, die auch wirklich geladen werden müssen.
(Ich habe mehrere Kunden mit Plug-in-Hybridfahrzeugen, die noch niemals geladen wurden.)
Mein Netzbetreiber empfiehlt nun jedem Kunden, mindestens eine „5 x 10mm²“ zur „Ladesäule“ verlegen zu lassen (Drecksarbeit, die bitte der Eletriker erledigen soll) und will dann dort als Minium eine 22kW-Säule (oder Wandbox) installieren (extrem komplizierte Arbeit, die ausschließlich die Stadtwerke selber durchführen dürfen, zudem soll das Gerät bei den Stadtwerken bezogen werden) - besser sei jedoch das 44kW-Teil, damit man „fit für die Zukunft“ sei.
Ich sehe das kritisch. Ich erkenne keinen Sinn darin, Elektroautos zu Hause mit hoher Leistung zu laden. Das belastet das Stromnetz, den Akku und ist wohl nur in wenigen Ausnahmefällen nötig.
Bei 22kW lade ich je nach Fahrzeug und Fahrstil rund 100km/h, selbst die größten Akkus sind dann in vier bis fünf Stunden randvoll - falls das bordeigene Ladegerät überhaupt mit 22kW laden kann.
Ich halte es auch für ausgesprochen dämlich, wenn zukünfitg leistungsstarke Ladegeräte durch die Gegend kutschiert werden. Dass überhaupt Ladegeräte im Fahrzeug verbaut sind, liegt an dem Irrweg, der vor Jahren eingeschlagen wurde: Da man sich nicht auf einheitliche Akkus oder Ladeverfahren einigen wollte, hat man einen Stecker für das Bereitstellen von Wechselstrom genormt.
Übrigens - wer es noch nicht weiß: Die sogenannten Ladesäulen oder Wallboxen sind keine Ladegeräte. Es sind schlicht und einfach Schnittstellenadapter, die einem über einen Normstecker angeschlossenen Fahrzeug mitteilen, welche Stromstärken und wie viele Phasen am Ladepunkt bereitstehen. Zudem erfolgt eine Überwachung auf gefährliche Fehler (ähnlich einem FI-Schalter).
Du verbindest also Auto und „Ladesäule“, die Ladesäule prüft, ob mit dem Schutzleiter soweit alles OK ist und sagt dann dem Auto „Hallo, also bei mir kannst du mit bis zu drei Phasen laden, ich biete dir bis zu 32A.“ Dann sagt das Auto: „Ich nehme dann bitte 16A dreiphasig, danke“. Es macht dann „klick“ und der Strom wird über einen 16A-Sicherungsautomaten freigegeben.
Ich empfehle meinen Kunden, bei Neuverlegung bis zu 22kW Ladeleistung vorzusehen. Wenn, wie zuletzt, ein Kunde schon eine 5 x 2,5mm² mit einer 16A CEE Drehstromsteckdose in der Garage hat, dann empfehle ich ihm, gar nichts mehr zu kaufen, falls ein Ladeadapter beim Fahrzeug dabei ist.
Das war jetzt fast witzig: Es gibt eine Art „Cluster“. Mein Kunde hat zwei Nachbarn, beide haben bei den Stadtwerken Wallboxen mit 22kW gekauft und dafür jeweils über 2000€ gezahlt. Der eine lädt damit sein Model 3 mit 11kW, der andere seinen e-Golf mit 7,2kW.
Und mein Kunde? Der hat nichts investiert und lädt seinen e-Tron an der Drehstromsteckdose (vorhanden) mit 11kW.
Denke ich falsch, wenn ich empfehle:
- Falls 16A Drehstrom vorhanden ist: Je nach gewünschtem Komfort 11kW Wallbox kaufen oder mittels mitgeliefertem Adapter-Ladekabel an der CEE-Dose laden.
- Bei Kleinwagen oder Plug-In-Hybriden reicht eine CEE-Wechselstromsteckdose aus, um über Nacht vollzuladen. Schuko halte ich für schlecht geeignet.
- Wenn keine ausreichende Zuleitung vorhanden ist, empfehle ich eine Zuleitung für 32A Drehstrom neu zu verlegen. Ich halte eine Ladegeschwindigkeit von 100km/h für zukunftssicher im Privathaus.
44kW-Ladung oder gar DC-Ladungen mit höherer Leistung halte ich in Wohngebieten nicht für machbar, ohne bei weiterer Verbreitung von Elektrofahrzeugen die Netze zu überlasten.
Falls jemand mit seinem Model S 400km nach Hause fährt, dort mit fast leerem Akku ankommt und zwei Stunden später gleich wieder weg will, um nochmal 400km zu fahren, dann halte ich das für einen getrennt zu betrachtenden Sonderfall.