Überweisung durch Anwalt - Frist

Hallo miteinander,

angenommen, jemand hat einen Rechtsstreit, bei dem es um die Auszahlung einer bestimmten Summe ging, gewonnen. Der Prozessgegner überweist den Betrag auf das Konto des Anwalts, der „Sieger“ erfährt davon aber nichts und wartet und wartet. Da es ihn aus bestimmten Gründen nicht wundert, dass der Unterlegene nicht zahlt, hakt er auch nur einmal nach, da ist das Geld angeblich noch nicht da.

In welcher Frist sollte der Anwalt das Geld an seinen Mandanten ausbezahlen ? Wie soll der Mandant reagieren, wenn er durch Zufall erfährt, dass das Geld schon seit rund 6 Monaten auf dem Konto des Anwalts ist, dieser sich aber nicht gemeldet hat und auch dann trotz Aufforderung, den Betrag abzüglich der Anwaltskosten zu überweisen, drei Wochen lang nicht reagiert ?

Danke vorab und viele Grüße
Insel

Hallo!

Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, für einen Mandanten bestimmte Zahlungen, die an ihn geleistet werden, unverzüglich an den Mandanten weiterzuleiten.

Dem entspricht das Verhalten des Rechtsanwalts in keiner Weise.

Es kann sich um Schlamperei handeln, es kann aber auch auf Schlimmeres hindeuten, und zwar besonders dann, wenn es sich um einen hohen Geldbetrag handeln sollte.

Dem Rechtsanwalt könnte schriftlich (Einschreiben mit Rückschein) deutlich gemacht werden, dass nunmehr die sofotige Überweisung erwartet wird, sich anderenfalls der Verdacht der Veruntreuung von Mandantengeldern aufdränge und eine Strafanzeige erwogen werden müsse.

Eine weitere Möglichkeit wäre, der zuständigen Rechtsanwaltskammer den ganzen Sachverhalt zu unterbreiten und sie um Prüfung der Angelegenheit zu bitten. Auch das könnte dem Rechtsanwalt angekündigt werden.

Eile scheint geboten.

Gruß, Franz

Es kann sich um Schlamperei handeln, es kann aber auch auf
Schlimmeres hindeuten, und zwar besonders dann, wenn es sich
um einen hohen Geldbetrag handeln sollte.

(…):

Eile scheint geboten.

Gruß, Franz

Danke, das habe ich befürchtet :-/

Hallo!

Wenn der Sachverhalt genau so ist, dann sollte die Rechtsanwaltskammer sofort (!) informiert werden.

Gruß
Tom

Hallo,

es kann theoretisch schon einmal vorkommen, dass die Kanzlei eine Überweisung nicht zuordnen kann, insbesondere wenn ein Dritter überweist und keinen klaren Verwendungszweck angibt. Dann wird die Zahlung auf „unklare Zahlungsvorgänge“ gebucht und man hofft, dass sich die Sache irgendwann einmal klärt.

In Deinem Fall erscheint zumindest „merkwürdig“, dass der Gegner nicht bezahlt und die Kanzlei, die ja wohl einen Titel hat, über Monate hinweg nicht vollstreckt.

Wenn die Kanzlei bereits darauf hingewiesen wurde, dass die Zahlung nach Auskunft des Gegners bereits eingegangen sein müsste, würde ich die Kanzlei auffordern, die Angelegenheit zu prüfen und entweder die Zwangsvollstreckung gegen den Gegner einzuleiten (der ja angeblich noch nicht bezahlt hat), oder über das eingegangene Fremdgeld abzurechnen und es auszubezahlen. Danaben würde ich darauf hinweisen, dass ich die Rechtsanwaltskammer einschalten müsste. Es kommt leider gelegentlich vor, dass finanzschwache Anwälte sich am Fremdgeldkonto „zwischenfinanzieren“.

Chrissie

Hallo!

Danaben würde ich darauf hinweisen, dass ich
die Rechtsanwaltskammer einschalten müsste. Es kommt leider
gelegentlich vor, dass finanzschwache Anwälte sich am
Fremdgeldkonto „zwischenfinanzieren“.

Ja es kommt leider immer wieder vor und bringt den ganzen Stand in Verruf, ich habe daher persönlich auch überhaupt kein Verständnis für sowas. Ich kenne jetzt dazu die genaue Rechtslage und Rechtspraxis in Deutschland nicht so genau, aber in Österreich reagieren die Anwaltskammern da sofort und sehr scharf (wenn da irgendein Geld verschwindet, dann idR sofort mit der Streichung von der Liste der Anwälte, sonst zumindest mit einer hohen Disziplinarstrafe) - außerdem sind bei uns alle Mandanten über die Anwaltskammer gegen das Verschwinden von Treuhandgeldern versichert.

Gruß
Tom

Hallo!

Hallo,

es kann theoretisch schon einmal vorkommen, dass die Kanzlei
eine Überweisung nicht zuordnen kann, insbesondere wenn ein
Dritter überweist und keinen klaren Verwendungszweck angibt.
Dann wird die Zahlung auf „unklare Zahlungsvorgänge“ gebucht
und man hofft, dass sich die Sache irgendwann einmal klärt.

Kann es wirklich sein, dass Zahlungseingänge nur „gebucht“ werden und bis zum Sanktnimmerleinstag „gebucht“ bleiben, ohne dass darüber hinaus irgendetwas veranlasst wird? Es geht ja nicht um irgendeine „Kanzlei“, sondern um einen Rechtsanwalt, der sich natürlich nicht selbst um alles kümmern kann und muss, aber alles, was in seiner Kanzlei geschieht oder auch nicht geschieht, zu verantworten hat. Kann ein Rechtsanwalt wirklich verantworten, dass Geld, das bei ihm eingeht und das er unverzüglich an seinen Mandanten weiterzuleiten hat, diesem erst in ferner Zukunft oder vielleicht auch gar nicht zugeht, wenn sich die Hoffnung seiner „Kanzlei“, die Sache werde sich irgendwann einmal klären, erfüllt oder auch nicht? Mir erscheint ein solches Verhalten jedenfalls unverantwortlich.

Gruß, Franz

Hallo,

mal wieder amüsiert über interessante Ausführungen nun die Auflösung, wie sie in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in § 43a Abs. 5 Satz 2, sowie in der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) steht: Dort kann man unter § 4 Abs. 2 erfahren, dass Zahlungen „unverzüglich“ weiterzuleiten sind, wobei der Jurist unverzüglich schon recht knapp definiert (den weiteren fachlichen Sermon spare ich uns jetzt hier mal).

D.h. wenn nicht gerade besondere Umstände dazukommen, dann heißt es, dass Geld wieder raus muss, sobald man davon Kenntnis hat und dies im normalen Geschäftsgang tunlich ist. D.h. je nach Kanzleigröße gibt es eine getrennte Buchhaltung, die den lieben langen Tag nichts anderes als solche Dinge macht (dafür aber ggf. auch eben einen entsprechenden Anfall an solchen Dingen hat), oder der Kollege ist Einzelkämpfer und ist ggf. mal einen Tag auf Auswärtsterminen, und kommt am nächsten Tag vor Post und Telefonaten nicht dazu mal ins Online-Banking zu schauen, …

Da sollten wir alle nicht päpstlicher als der Papst sein, es kommt eben schon mal vor, dass Dinge nicht so laufen, wie sie laufen müssten. Aber wenn man deutlich mehr als eine Woche braucht, eine Überweisung wieder auf den Weg zu bringen, dann sollte man schon eine gute Entschuldigung/Begründung parat haben, und wird bei Kammerbeschwerde aller Voraussicht nach auch Ärger bekommen.

BTW: Wenn es um mehr oder weniger lebenswichtige Zahlungen geht (Mandant steht mit dem Rücken an der Wand), dann sollte eine Eingangskontrolle des entsprechenden Zahlbetrages und dessen Weiterleitung natürlich Prio 1 haben. In größeren Kanzleien ist dies nicht so einfach sicher zu stellen, ein Einzelkämpfer sollte in solchen Fällen aber wirklich täglich ggf. mehrfach seine Kontenbewegungen abrufen.

Gruß vom Wiz

Hallo,

nachdem ich im Bekanntenkreis einen solchen Fall hatte, habe ich damals mal recherchiert. Hier in Deutschland droht definitiv der Entzug der Zulassung sowie eine Haftstrafe OHNE Bewährung. Eine Versicherung durch die Kammer besteht - jedenfalls soweit ich das weiss - nicht.

Chrissie

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Hallo,

ich glaube, Du hast mich mißverstanden.

Was soll man denn veranlassen, wenn eine Zahlung ohne Verwendungszweck von einem Herrn X eingeht, dessen Namen niemandem in der Kanzlei bekannt ist?

Das ändert aber nichts daran, dass auffallen muss, dass in einer bestimmten Sache eigentlich eine Zahlung kommen müsste, und dass - wenn diese nicht kommt (oder eben die Zahlung aufgrund fehlender Angaben nicht der Akte zugeordnet werden kann) - irgendetwas zu veranlassen ist (weiteres Mahnschreiben an den Gegner oder Zwangsvollstreckung).

Chrissie

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