Gezündelt?
Hallo vdmaster,
ist eine lange Antwort geworden.
Hi,
die Reflexionen des jüngst Verstorbenen empfand ich schon
immer als etwas einseitig in Richtung „bloß nicht einmischen“.
Was sich angesichts des IS nachträglich als richtig herausstellt.
Wer erinnert sich heute noch daran, daß die panislamische
Organisation El Qaida aus jener »grünen Legion« hervorgegangen
ist, die während der sowjetischen Okkupation von den vereinten
Geheimdiensten der USA und Pakistans aufgestellt und von
Saudi-Arabien finanziert wurde?
3 Staaten haben teils gemeinsam und teils auf getrennten Wegen
verschiedene Gruppen unterstützt/ausgerüstet. Eine Legion gab
es niemals, aber möglicherweise war dies ein (in den USA oder
anderenorts) verwendeter Sammelbegriff. Eine, der von den USA
mitunterstützten Personen, war Gulbuddin Hekmatyār, der sich
ab 2006 zur Al Qaida bekannte.
Ja, die Stammeskriege und Interessen Warlords innerhalb dessen was als „Wolke“ „grüne Legion“ im Raum steht konnte vom Geldfluss nicht ausreichend bedient werden.
Also begannen die Mudschaheddin damit, den Bauern in den von ihnen kontrollierten Gebieten den Anbau von Mohn zu befehlen. Das geerntete Opium wurde dann von ihnen als eine Art „Revolutionssteuer“ eingetrieben und über Pakistan auf dem Weltmarkt abgesetzt.
Vor dem Krieg war in Afghanistan lediglich ein wenig Opium für den lokalen Markt angebaut worden. Danach wurde Afghanistan zum Hauptlieferanten des Weltmarktes, was natürlich auch Auswirkungen auf die eigene Bevölkerung hatte, dort stieg die Zahl der Heroinsüchtigen von nahezu Null 1979 auf 1,2 Millionen 1985.
Als einer der größter Produzenten und Händler etablierte sich der (von dir genannte) Mudschaheddin-Führer und ISI-Protegée Gulbuddin Hekmatyar. Produktion und Vertrieb standen in Pakistan unter dem Schutz des allmächtigen ISI und die CIA blockte die Ermittlungen der amerikanischen DEA (Drug Enforcement Agency) ab.
Aber wo gehobelt da fallen Späne, oder wie es der für diese Operationen verantwortliche CIA-Direktor Charles Cogan später ausdrückte: „Our main mission was to do as much damage as possible to the Soviets. We didn’t really have the resources or the time to devote to an investigation of the drug trade […] I don’t think that we need to apologize for this. Every situation has its fallout.“
Dass die USA im Kampf gegen den Kommunismus mit dem
islamistischen Feuer gezündelt haben, steht außer Frage und
ist schon hinlänglich seit vielen Jahren beklagt worden. Aus
SA kamen hierbei auch an die 3000 Kämpfer, was eine Marginalie
darstellte. Teile dieser Kämpfer bildeten später am Ende des
Krieges die Al Qaida, die sich nicht in den sofort
ausbrechenden innerafghanischen Bürgerkrieg einmischte.
Statt dessen wurden Ausbildungslager für den Terror gegen
einen noch nicht ausgemachten Feind gebaut.
[…]
Die ISI (pak. Geheimdienst) hat aus regionalpolitischen
Gründen die Taliban unterstützt. Hier nun einen Zusammenhang
zu konstruieren, der sie mit den USA verknüpft, ist etwas weit
hergeholt. Das Wort Taliban geht eben auf „Koranschüler“
zurück, aus denen sich zuerst die Kämpfer rekrutierten.
Natürlich gab es diese Koranschüler schon früher. Natürlich
waren sie eine mittelbare Folge des afg. Bürgerkrieges und der
davor bestehenden Schreckensherrschaft der Besatzer (UdSSR).
Siehe unten zu Afghanistan und Osama Bin Laden
Der Fehler der späteren, afghanischen Taliban"regierung" war
eben, Bin Laden nicht auszuliefern, was die USA zum Zuschlagen
bewegte.
ebenfalls unten
Und noch eine Erinnerungslücke scheint sich hier breitgemacht
zu haben, als nämlich im Jahr 2012 „die Rebellen“ Syriens
breite Unterstützung gegen den ach so bösen Assad fanden:
[…]
Hitler hatte auch einen säkularen Staat.
Und welchen Genozid hat Assad zu verantworten? Er ist ein Tyrann, unbestritten, aber muss dieser Vergleich mit Hitler immer sein?
ich finde die Voreingenommenheit erschreckend, die Desinformation wirkt aber
wie ich hier mit Schrecken feststelle.
Nur, falls man sich auf TV-Nachrichten beschränkt und
Printmedien oberflächlich konsumiert. Wobei eine
Desinformation nicht stattfindet, allenfalls eine zu
oberflächliche. Das war schon immer so und das wird auch
zukünftig so bleiben, solange man sich als Konsument nur
oberflächlich informieren möchte. Seien wir Realisten: Die
Mehrheit der Deutschen ist zu faul (tl.w auch zu blöd) um sich
zu informieren bzw. überhaupt informieren zu wollen.
Aber überall mitreden wollen, und wahlberechtigt ist man ja auch.
Wer hat denn in der EU mit dem Säbel gerasselt?
Niemand.
Nun, wer hat von einem Krieg von Russland gegen Europa
gesprochen -> Litauen.
Litauen ist viel zu klein, um mit irgendwas rasseln zu können.
Ich hatte gehofft der Hinweis würde reichen, aber offensichtlich muss ich es deutlich machen, dass ausgerechnet Frankreich in Person Francois Hollandes sofort auf diesen Zug aufgesprungen ist, und weitere Sanktionen aufgrund dessen in Diskussion waren / sind / verhängt werden.
Das Litauen starke Befürchtungen hat, angesichts der
Einflußnahme RUS in der UKR (bereits seit der Krim), ist
nachvollziehbar. Auch in den baltischen Staaten gibt es eine
erhebliche Zahl von russischstämmigen Einwohnern und eine gute
Erinnerung an russische Politik zu Zeiten der UdSSR.
Die Krim hat sich aus freien Stücken zur Sowjetunion begeben.
Du beliebst wohl zu scherzen.
Ja das war tatsächlich nicht so gemeint (sarkastisch war ich), lies doch einfach weiter…
[…]
Natürlich ganz so wars nicht, aber haben nicht die USA den Weg
zu freien Wahlen in Afghanistan und Irak frei gemacht? Mittels
militärischer Friedensmission?
Die USA (geistig Verwirrte ausgenommen) haben niemals
behauptet, dass der Golfkrieg 2 und das Zerschlagen der
Talibanherrschaft eine Friedensmission gewesen wäre. Man darf
beides (IRK und AFG) aber auch nicht in einen Topf werfen, wie
es der unseelige Bush jun. tat.
Waren nicht auf die Deutschen auf Friedensmission in Afghanistan? Das wurde doch ganz klar so tituliert, bevor die Lage eskalierte. Auch den Irak wollte man vom Diktator befreien, der mit seinen Massenvernichtungswaffen angeblich die Welt bedrohte.
Gruß
maria
Achja, die Story
Hier noch eine kleine Geschichte Afghanistans mit dem Hauptakteur Osama Bin Laden. Als Antwort auf deine Behauptung man könne die Gotteskrieger keinesfalls der USA anlasten…
Unter dem maßgeblichen Einfluss von Jimmy Carters Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski wurde damit begonnen von Pakistan aus die Mudschaheddin zu unterstützen. Als sich die sowjetischen Verluste häuften, sah Brzezinski bald die Möglichkeit die Russen in einen blutigen Abnutzungskrieg - eine Art afghanisches Vietnam - zu verwickeln. Wie zufrieden er mit dieser Entwicklung war bestätigte er in einem Interview, das er lange nach dem Beginn der Terrorherrschaft der Taliban gegeben hat: „Was war wichtiger im Anblick der Weltgeschichte? Die Taliban oder der Zusammenbruch des Sowjetimperiums? Ein paar aufgescheuchte Moslems oder die Befreiung Mitteleuropas und das Ende des Kalten Krieges?“
Richtig in Schwung kam die Geschichte aber mit der Regierung Ronald Reagans, der in der Sowjetunion die „Wiege des Bösen" ausgemacht hatte und Terroristen in Afghanistan Angola Kambodscha und Mittelamerika kurz als „Freiheitskämpfer“ bezeichnete, so lange sie nur gegen die Kommunisten oder was man dafür hielt kämpften. Unter Reagans Schirmherrschaft wuchs sich nun die Unterstützung der Mudschaheddin zur größten verdeckten Operation aus, die die CIA jemals durchgeführt hat. Zwischen 1978 und 1992 gab die US-Regierung mindestens 6 Milliarden Dollar für diesen nicht erklärten Krieg aus. Saudi Arabien zahlte wahrscheinlich noch einmal genau so viel. Aber es handelte sich ja um eine verdeckte Operation, das heißt, die CIA vermied den direkten Kontakt mit ihren Schützlingen und bediente sich des pakistanischen Geheimdienstes ISI (Inter Services Intelligence) als Vermittler.
Nachdem nun auch die Sowjetunion selbst zum Kriegsziel geworden war, hatte die CIA allen Grund sich bedeckt zu halten. Geld und Material wurden über den pakistanischen Geheimdienst an eine Organisation namens MAK geliefert, die für die Verteilung in Afghanistan zuständig war. 1989 sicherte sich dann Bin Laden als Leiter von MAK Macht und Einfluss. Dennoch funktionierte die Aufgabentrennung so gut, dass später sowohl Bin Laden wie auch die CIA ruhigen Gewissens behaupten konnten, nie etwas miteinander zu tun gehabt zu haben. Aber die Verluste der arabischen Freiwilligen waren verheerend, zudem sollten sie damit beginnen den Krieg in die Städte zu tragen. Sie brauchten also Spezialisten, die sie im Guerillakrieg, Häuserkampf und der Kunst von Terroranschlägen unterwiesen. Hier kamen nun tatsächlich einige Ausbilder der amerikanischen Special Forces Green Berets zum Einsatz. Auch Amerikas treuester Verbündeter Großbritannien schickte einige Männer der SAS, die in Nordirland entsprechendes Know-How gesammelt hatten. Einer dieser SAS-Ausbilder, der auch zu direkten Kampfeinsätzen in Afghanistan mit ausrückte, bemerkte später zynisch: "Die Mullahs haben ihnen erzählt, sie bekämen einen Platz zur Rechten Allahs, wenn sie im Dschihad getötet würden. Das mochte ja sein. Aber diese Männer wurden in Massen ausgelöscht. Als ich zu ihnen kam, herrschte zu Allahs Rechter wohl schon ein ziemlicher Andrang. "
Osama Bin Laden kam 1980 nach Afghanistan, um gegen die Sowjets zu kämpfen. Da er jedoch aus der Familie eines superreichen saudischen Baumagnaten kam und selbst eine Ausbildung als Ingenieur hatte, sollte er nicht das einfache Kanonenfutter an der Front verstärken, sondern sich dem Aufbau von Versorgungsdepots, Trainingslagern, Nachschubwegen, der Ausbildung der Rekruten und nicht zuletzt der Geldbeschaffung widmen. Mit der direkten Hilfe des ISI und der indirekten der CIA wurden unter seiner Regie Zehntausende von Moslems ausgebildet und in den Kampf geschickt. Gleichzeitig hielt er den Geldfluss aus den arabischen Ölstaaten am laufen, was auch von der CIA wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Im Gegensatz zu den lokalen afghanischen Warlords hatte er die Rolle eines echten Condottiere, dessen Macht auf seinen Truppen ruhte, die er selbst rekrutiert, ausgebildet und bezahlt hatte. In dieser Position könnte er wahrscheinlich noch heute wirken, wenn er sich letzten Endes nicht - wie so mancher Söldnerführer vor ihm gegen seine heimlichen Arbeitgeber in Saudi Arabien und den USA gewandt hätte.
Mullah Omar, der Osama Bin Laden nicht auslieferte, war sich übrigens mit den USA bezüglich des Baus einer Pipeline des US-Konzerns UNOCAL bereits handelseinig. Doch niemand rechnete damit, dass Osama Bin Laden mitsamt seiner salafistischen Gefolgschaft zum Kampf gegen den „westlichen Satan“, den verruchten und imperialistischen Kapitalismus der USA, aufrufen würde. Mullah Omar musste den fanatischen Gotteskriegern, die ihm gegen die Sowjets zur Seite gestanden hatten, einem paschtunischen Ehrenkodex gemäß Zuflucht und Schutz gewähren.
Was wie du schreibst, die USA zum Eingreifen bewegte.
Fazit: 6 Mrd. Dollar plus Ausbildner von den USA, wahrscheinlich nochmal soviel von Saudi Arabien, „beschützter“ Rauschgift Anbau und Export im großen Stil zynisch als „fallout“ bezeichnet, und du schreibst locker: „Dass die USA im Kampf gegen den Kommunismus mit dem islamistischen Feuer gezündelt haben, steht außer Frage und ist schon hinlänglich seit vielen Jahren beklagt worden.“
Gezündelt? Ich bitte dich.
Maria