Umweltrecht

Liebe/-r Experte/-in,
Ein Freund von mir, Künstler, hat in einem Gebirgsbach Installationen geschaffen. Sie sind aus Müll gefertigt, die dieser Bach massenhaft mit sich führt. Um sie zu schaffen, nahm er die einzelnen Müllstücke in sein Atelier mit, bearbeitete sie dort, und brachte sie zurück zum Bach, um sie dort an prominentem Ort (auf riesigen Eisen-Stelen, die von der Gemeinde zwecks Hochwasserschutz einbetoniert wurden) zur Schau zu stellen. Der Titel des Kunstwerkes („Der Mensch, der Müll und sein Bach“) ist dabei gut zu lesen. Das Ganze ist für verschiedene Einheimische, u.a. den Grundbesitzer, äußerst provokant und mein Freund wurde massiv angegriffen und „mit Klage vor dem Landratsamt“ bedroht.
Meine Frage: Ist er als Konzeptkünstler, der sein Werk bewußt nur aus Müll aus der Umwelt her-, und dann IN DIESER UMWELT ausstellt, dabei angreifbar, z.B. als Umweltverschmutzer, weil er den Müll nach dessen Entfernung und Bearbeitung ja wieder in die Umwelt einfügt, sie also strengenommen nun seinerseits verschmutzt? Er hat Zeugen und Fotobeweise dafür, daß der Müll aus der Umwelt stammt.
Für alle Antworten herzlichen Dank
Warrigal

Hallo
also das ist etwas komplizierter:
ersteinmal ist es lobenswert Müll aus einem Gebirgsbach zu entfernen. aber die gleichen Sachen wieder dorthin zu bringen, ist rein rechtlich ohne Genehmigung/Erlaubnis nicht zulässig und kann - je nach Auslegung - als unerlaubte Müllbeseitigung angesehen werden.
Für Installationen im öffentlichem Raum braucht er immer eine Genehmigung vom Ordnungsamt o.ä. das sollte er als Künstler aber auch wissen. wenn er es gar noch auf Privatbesitz (Grundeigentümer) gemacht hat, dann könnte er vom Grundbesitzer zur Beseitigung und Schadensersatz belangt werden.
Klage vor dem Landratsamt ist hier wohl falsch definiert. Das LRA bzw. Ordnungsamt kann ihm eine Ordnungsmaßnahme auferlegen (Beseitigung, Schadenersatz) und evtl. sogar verklagen. dann aber vor einem öffentlichen Gericht.
Wenn das ganze auch noch in einem Hochwasserschutzgebiet passiert ist, dann sollte er sich schleunigst mit dem zuständigen Ordnungsamt um eine Einigung/lösung bemühen und die ganze Aktion vielleicht mit Genehmigung versehen lassen.
das wird allerdings im Nachhinein, wo die Gemüter schon erhitzt sind, sehr schwierig werden…
das wäre meine grobe Einschätzung der Lage. Wie es im Einzelfall, also hier ausgelegt wird, kann man nicht pauschal sagen.
hoffe etwas geholfen zu haben. liebe Grüße

Mmmh, habe Deine Anfrage 3 Mal… siehe also oben.

Hallo,
Ihr Freund hat massiv gegen mehrere gesetzliche Bestimmungen Verstoßen.

  1. Das sammeln von Müll, Unrat und dergleichen bedarf einer Genehmigung. Diese Genehmigung ist die Grundvorraussetzung für die Entnahme, denn Müll usw. ist wenn es in der Natur so rumliegt Eigentum des Staates. Ihr Freund hat mit der Entnahme eine rechtswidrige Inbesitznahme vorgenommen. Das wird in der Regel bis 2000,.–€ Ordnungsgeld bestraft.
  2. Das verbringen von Müll in die Natur ist strafbar unabhängig wo der Ursprung ist. Damit hat sich Ihr Freund der illegalen Müllbeseitung strafbar gemacht. Da er im Umweltrecht Wiederholungstäter ist, kann er mit einer Strafanzeige rechnen.
    Fazit: Bei solchen Aktionen sollte immer im vorhinein die Genehmigung der Berechtigten Behörde eingeholt werden.
    Recht ist in Deutschland nicht so wie man fühlt, sondern wie es geschrieben steht.

Lieber Warrigal,
woher der Müll stammt, ist abfallrechtlich irrelevant. Ihr Freund hat den Abfall an sich genommen und ist damit Besitzer dieser Abfälle geworden. Der Abfallbesitzer ist (unter anderem) verpflichtet, Abfall ordnungsgemäß zu beseitigen, d. h. einem Entsorgungsunternehmen zu überlassen.
Ihr Freund hat den Abfall in irgendeiner Weise bearbeitet und auf ein fremdes Grundstück abgelegt. Ich gehe davon aus, dass das Aufstellen der „Kunstwerke“ ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgte. Um Abfall handelt es sich immer, wenn sich jemand einer Sache entledigen will (oder muss). Wenn Ihr Freund also seine Werke (egal, ob sie nun aus Abfall sind oder aus neuwertigen Werkstoffen) unbefugt auf fremde Grundstücke abstellt, muss man annehmen, dass er sich ihrer entledigen will, denn er gibt ja faktisch die Sachherrschaft darüber auf. Jetzt ist der Grundstückseigentümer Besitzer der Sache geworden. Da dieser kein Interesse an den Dingen hat, stellen sie für ihn Abfall dar, dessen er sich nun entledigen will. Da ihm aber der Abfallerzeuger, also Ihr Freund, bekannt ist, wird sich das Landratsamt mit einer entsprechenden Beseitigungsanordnung (vorrangig und zurecht) an Ihren Freund wenden. Die Beseitigungspflicht trifft sowohl Erzeuger als auch Besitzer von Abfällen. Mit einem Bußgeldverfahren muss Ihr Freund deshalb auch rechnen.
Außerdem dürfte es auch privatrechtlich für Ihren Freund nicht gut aussehen, denn er hat Eigentumsrechte eines anderen verletzt.
Würde alles anders aussehen, wenn Ihr Freund sich vorher die Zustimmung des Grundstücksbesitzers geholt hätte. Sicher werden Sie einwenden, dass gerade Leute wie dieser kein Verständnis für solche „Botschaften“ haben und genau deshalb Adressaten dieser und der damit verbundenen Provokation sein sollten. Dann sollte Ihr Freund es so sehen wie die Leute von Greenpeace: Die führen wohlwissend rechtswidrige Aktionen durch, um wachzurütteln und zu provozieren. Sie nehmen aber auch die Konsequenzen in Kauf, d. h. die Aktionen sind nur von kurzer Dauer, und Greenpeace stellt sich (zwangsläufig) den Gerichten (und gewinnt zum Glück auch oft). Das Provozieren und Wachrütteln ist doch Ihrem Freund gelungen, sein Ziel hat er erreicht. Er sollte deshalb abwägen, ob es sich lohnt, sich jetzt zu streiten (er würde verlieren) oder die Sache souverän zu beenden und die Kunstwerke wieder einzusammeln und zu entsorgen oder da aufzustellen, wo sie niemanden in seinen Rechten verletzen.

Viele Grüße,
Alexa Berlin

Hallo warrigal,

meine Antwort ist leider etwas verspätet.

Meiner Meinung nach bewegt sich dein Bekannter auf dünnem Eis. Da er den Müll aus der Natur entnimmt ist er nun Besitzer des Mülles und muss ihn in einem Abfallverwertungs- oder Abfallbeseitigungsverfahren zuführen(z.B. auf eine Deponie oder in einer Müll-verbrennungsanlage bringen). Er hat aber auch die Möglichkeit den Müll für einen anderen Zweck zu verwenden, hier als Kunstwerk, bedeutet aber, von dem ehemals Müll darf keine Gefährdung(auch für die Natur nicht) mehr ausgehen.
Dein Bekannter hat seine Kunstwerke in der Natur ausgestellt, ich gehe davon aus, ohne den Grundbesitzer(privat oder öffentlich) um Erlaubnis zu Fragen, somit kann das Kunstwerk als Müll angesehen werden, der unerlaubt in der Natur entsorgt wurde. Dein Bekannter ist ja der Besitzer des „Mülles“ und kann dafür belangt werden.
So sehe ich das zumindest als Abfallbeauftragter.

Da dein Bekannter schon massiv mit Klagen bedroht wurde, würde ich diese Frage einen Rechtsanwalt stellen, da der eine rechtsverbindliche Auskunft geben kann.

Ich hoffe, etwas geholfen zuhaben.

Mit freundlichem Gruß

Sven