Servus,
Den Einspruch kriegt, nehme ich an, derselbe Sachbearbeiter,
der auch den Bescheid verfasst hat, ja?
Zunächst ja. Dann gibt es eine Verzweigung: Entweder er versorgt den Einspruch selber (= gibt ihm statt oder gibt eine Einspruchsentscheidung heraus = lehnt ihn ab; meines Wissens kann das auch bei der Veranlagung geschehen) oder er gibt ihn zur Rechtsbehelfsstelle (= lauter Freaks aus dem höheren Dienst, was ich so zu wissen glaube; jedenfalls Profis, die nicht vor lauter Laufschrittveranlagungen nicht mehr wissen, wo vorne und hinten ist).
Nun hat der sich seine Meinung ja schon gebildet,
Das Schöne an der viel beschumpfenen deutschen Bürokratie ist, daß bei ihren Aktionen persönliche Meinungen keinerlei Rolle spielen dürfen - jeder Federstrich ist kontrollierbar, und die Exekutive ist genau der gleichen Legislation unterworfen und wird durch genau die gleiche Iudikative kontrolliert wie ihr Opfer, der Steuerpflichtige. „Menscheln“ tut es da in anderem Zusammenhang. Ich erinnere mich an einen Fall aus glücklicheren Zeiten, als die finstere Seite der Macht bloß mit großer Mühe Zugang zu NV-Urteilen hatte, während man in der Steuerkanzlei dank DANUS alles mögliche finden konnte: Da hat sich ein Sachbearbeiter vom FA Tübingen aus einem Einspruchsverfahren, das endlich wie beabsichtigt beim Gutachter gelandet war, telefonisch verabschiedet mit dem Kommentar, da habe er viel gelernt dabei und es sei ihm ein Vergnügen gewesen. Selbiges ist mit annähernd gleichen Worten auch mal anlässlich einer USt-Sonderprüfung durch das FA Heidelberg geschehen - mündlich geht viel, wenn man sich unter Pfarrerstöchtern versteht.
eine Begründung einer Nicht-Berücksichtigung
z.B. einer Pauschale habe ich auf einem Bescheid noch nie gesehen.
Das verwundert mich sehr. Möglicherweise hat das an der Abfassung der Steuererklärungen selber gelegen? Grundsätzlich wird eine Abweichung von der eingereichten Erklärung immer begründet. Mit Textbausteinen oder individuell, ausführlich oder knapp - aber kommentarlos wird normalerweise nie von der eingereichten Erklärung abgewichen, s.o.: Sie funktioniert verlässlich wie ein (langsames, aber pünktliches) Uhrwerk, unsre Exekutive.
Irgendwie kommt mir unter den Bedingungen ein Einspruch wenig
aussichtsreich vor, da ich ja die Entscheidungsgrundlage gar
nicht kenne.
Das ist zwar nützlich, aber nicht notwendig: Es gab immer mal wieder Anläufe, daß im Rechtsbehelfsverfahren nur die Begründungen wirksam sein sollten, die im allerersten Anlauf zusammen mit dem Einspruchsschreiben angeführt werden. Davon ist aber nie was geworden. Man kann im Rechtsbehelfsverfahren jede Begründung, jedes Argument, jedes Beweismittel jederzeit nachschieben.
Aber die eigentliche Frage: welche Gültigkeit hat der Bescheid
über den Einspruch?
Die Einspruchsentscheidung lässt sich durch Klage am Finanzgericht anfechten.
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, bereits im außergerichtlichen Verfahren alles Pulver zu verschießen, das man hat. Das vergrößert die Chancen, im außergerichtlichen Verfahren klarzukommen.
Wobei es - s.o. - auch nicht verkehrt ist, ganz außerhalb des formellen Verfahrens mal Kontakt mit der finsteren Seite der Macht z.B. per Telefon aufzunehmen: Wenn tatsächlich eine (vermeintlich oder auch real) abweichende Veranlagung ohne Begründung erfolgt ist, kann das manchen Knoten lösen.
Schöne Grüße
MM