(un)eindeutige Formulierung mit unbestimmtem Artikel

Liebe Community,

nehmen wir mal folgenden Fall an:
In einer Leasing-Bestellung steht geschrieben: „In der Leasingrate ist eine Leasingratenversicherung gemäß der beigefügten Anmeldeerklärung enthalten.“
Das referenzierte Dokument ist überschrieben mit „Anmeldeerklärung zur LeasingratenversicherungPlus (LRVPlus) bzw. Leasingratenversicherung (LRV) [es gelten die Angaben auf der Leasing-Bestellung]“.

Ist hiermit eine Auswahl getroffen oder muss an einer anderen Stelle noch differenziert werden, ob man die Variante „LeasingratenversicherungPlus“ oder „Leasingratenversicherung“ wünscht, die sich unterscheiden?

Mir geht es an dieser Stelle nicht um eine rechtliche Beratung, sondern um die sprachliche Auslegung / das Verständnis, auch zur Frage, ob der unbestimmte Artikel in diesem Fall eine bestimmte Sache (eine Variante) bezeichnen kann oder ausschließlich eine Gattung bezeichnen kann.

Vielen Dank im Voraus (für eure Meinung).

Mit den besten Grüßen
Florian

Wenn in der Bestellung steht „ist eine Leasingratenversicherung …enthalten“, und im Anmeldebogen „es gelten die Angaben auf der Bestellung“, dann würde ich daraus ableiten, dass man die Variante „Leasingratenversicherung“ (ohne Plus) gewählt hat.

Beatrix

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Hi

ich lese das so, dass da eben nicht die „plus“ sondern die „normale“ abgeschlossen wurde.

Wobei es natürlich sicherer gewesen wäre, das genauer zu spezifizieren, wie z.B. "In der Leasingrate ist eine Leasingratenversicherung gemäß der beigefügten Anmeldeerklärung (Kapitel 2, §3, Absatz 2) enthalten.“

Gruß hex

Heißt konkret, Sie sehen die Formulierung nicht als eindeutig bzw. zumindest missverständlich an?

Hi

ich persönlich sehe sie als eindeutig an => es wurde nicht die Plus- Variante beauftragt.

ABER … wenn ich der Ersteller (oder Unterschreiber) dieser Papiere wäre, würde ich, eben um solche Rückfragen zu vermeiden, interpretationsfreie Formulierungen verwenden/einfordern.

Ich weiß nicht, vor welchem Hintergrund du fragst …

  • bist du der Leasinggeber
  • bist du der (Auto-)vermittler
  • bist du der (Auto-)käufer

Als Basis für einen Streitfall wäre mir die Formulierung zu schwammig, weil andere Menschen das ggf. doch anders auslegen könnten …

Gruß hex

Ich bin der Verbraucher, der damals (lange her, aber leider aktuell, weil es noch Ansprüche gibt) explizit eine Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit wollte, welche nur in der Plus-Variante enthalten ist. Ich wusste allerdings gar nicht, dass es zwei Varianten gibt, sondern mir wurde in der „Beratung“ nur gesagt, dass es die Absicherung für Arbeitslosigkeit nur im Gesamtpackage gibt - so wollte ich das dann auch und habe darauf vertraut; die Anmeldeerklärung hab ich mir gar nicht groß durchgelesen, so wie ich AGB in der Regel nicht lese. Hier kommt noch hinzu, dass es ein „Beratungsprotokoll“ gibt, das ausschließlich ein Vordruck ist (ohne jegliche Anpassung) und besagt, dass über Absicherung gegen Todesfall, Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit gesprochen wurde. Im letzten Absatz steht dann: „… hat sich nach der Beratung für den in der Beitrittserklärung beantragten Versicherungsschutz entschieden.“ Es gibt allerdings kein Dokument mit dem Namen „Beitrittserklärung“ - und der Berater als Zeuge weiß noch nicht einmal, was damit gemeint sein soll.
Ich befinde mich in einer etwas misslichen Lage, denn nach meinem Verständnis und nach Auskunft von vier Rechtsanwälten ist meine Position sehr gut, da nach deren Auffassung die Formulierung uneindeutig ist - Uneindeutigkeiten gehen zu Lasten des Verwenders, hier des Leasinggebers. Außerdem ist das Beratungsprotokoll mangelhaft, demnach müsste der Berater nachweisen, dass ich mich explizit gegen die Plus-Variante entschieden habe, was nicht nachgewiesen werden kann.
Ich dachte, der Fall ist recht eindeutig, da ja nur in einem der beiden Fälle ein Zweifel bestehen muss, damit ich „gewinne“. Nun wurde seitens der Richterin jedoch darauf gedrängt, ich solle einen Vergleich eingehen, weil es für mich nicht so gut aussähe. Das frustriert mich - in der damaligen Beratung war meine Kommunikation ganz eindeutig. (Fun Fact: Die Versicherung hatte zunächst geleistet und später festgestellt, es sei doch nur die Variante ohne Plus und an den Vertragspartner verwiesen; die Formulierung hält die Versicherung auch für uneindeutig, angemeldet wurde ich von Leasinggeber aber für die Variante ohne Plus.)

Was für eine Überraschung!

Du hast deine Frage im Brett „Allgemeine Rechtsfragen“ gestellt, wo sie gut aufgehoben ist. Dort habe ich dir gesagt, dass Willenserklärungen nicht einfach nur nach dem Wortlaut ausgelegt werden dürfen. Deine Parallelanfrage im Brett „Deutsche Sprache“, die darum wenig Sinn ergibt, hast du nicht erwähnt. Und weitere Infos stellst du trotzdem nur der Leserschaft im Brett „Deutsche Sprache“ zur Verfügung?

Die von dir angesprochene Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders (also in diesem Fall nicht deine) ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Die Vorschrift behandelt ergo ein ganz anderes Problem als deines. In deinem Fall geht es nicht um eine mehrdeutige Formulierung, sondern um unvollständig ausgefüllte Formulare. Die Vorschrift des § 305c Abs. 2 BGB bezieht sich nur auf das Verständnis von AGB, nicht auf die Bedeutung unklarer Begleitumstände (BAG NZA 2008, 179). Das hätte jeder der vierte Anwälte erkennen müssen, zumal es im Standard-Kommentar des BGB steht: Palandt, 77. A. 2018, § 305c Rn. 15.

Es hat offenbar eine Beweisaufnahme stattgefunden. Also hält die Richterin die Beweisfrage für entscheidungserheblich. Mit anderen Worten: Du drohst zu unterliegen, aber nicht (nur) aus rechtlichen Gründen, sondern (auch), weil du den für dich sprechenden Sachverhalt nicht beweisen kannst.

Ob die Richterin Recht hat, wird sich hier nicht klären lassen. Wenn der Fall berufungsfähig ist, kann die nächste Instanz die Sache anders sehen. Das gehört zu den Vor- und gleichzeitig Nachteilen von Vergleichen: Sie schneiden die Rechtsmittelinstanz ab. Auch dort werden übrigens oft Vergleiche geschlossen. Es kann natürlich gut sein, dass du deine Position weiter verschlechtert, wenn du es darauf ankommen lässt.

Aus dem Fun Fact könnten sich Ansprüche gegen den Vertragspartner des Versicherers ergeben. Solche Fragen lassen sich aber schon im Brett „Allgemeine Rechtsfragen“ kaum ernsthaft klären, im Brett „Deutsche Sprache“ schon gar nicht.

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[quote=„Tewdwr, post:8, topic:9473617“]
Hallo, vielen lieben Dank für deine Nachricht. Mir war zunächst daran gelegen, zu erfahren, wie die Auslegung (durch einen Laien / objektiver Empfängerhorizont) ist, daher auch das Posting im Brett zur deutschen Sprache.
Vielen Dank für deine juristische Einordnung.

Wenn ich das alles richtig überschaue, dann würde ich unterliegen, wenn die Richterin urteilt, dass die Formulierung „eine Leasingratenverischerung“ eindeutig die Variante ohne Plus bezeichnet. Hier ist ja eine Auslegung nach den objektiven Empfängerhorizont nötig (ich erinnere mich leider nur noch vage an mein Studienfach Wirtschaftsprivatrecht). Ich denke, zumindest sollten Zweifel an dieser Auslegung bestehen, insofern dann ggf. ein Einigungsmangel, tendenziell hatte ich nun aber den Eindruck erlangt, dass die Anwälte die Meinung vertreten, dass gerade keine Variante gewählt wurde, sondern der unbestimmte Artikel auf die Gattungsbezeichnung verweist. Ist es nicht auch neben der speziellen Regelung für die AGBs eine allgemeine Regelung, dass der Verwender für die verwendete Kommunikation haftet, wenn diese missverständlich ist (Beispiel auch bei undeutlicher Aussprache).
Duden „Richtiges und gutes Deutsch“, 5. Auflage auf Seite 106 im Artikel zu „Artikel“: „Im Allgemeinen steht vor einem Substantiv der unbestimmte Artikel […], wenn etwas zum ersten Mal genannt, etwas Unbekanntes eingeführt wird: Stephans Mutter hat ein neues Auto. Vera hat mir gestern ein Buch geschenkt.“
Außerdem steht dort: „ Darüber hinaus kann sowohl durch den bestimmten als auch den unbestimmten Artikel ausgedrückt werden, dass mit einem Substantiv alle Exemplare einer Gruppe von Lebewesen oder Dingen gemeint sind (generalisierende Funktion): Der/Ein Baum ist eine Pflanze. Auch der/ein Mensch ist leider sterblich.“
Hieraus ergibt sich meineserachtens, dass mitnichten davon ausgegangen werden kann, dass diese Formulierung die Wahl einer Variante belegt. Ich denke, der Verwender hätte für die Eindeutigkeit Sorge tragen müssen - normalerweise ist eine Auswahl eindeutig dokumentiert, z.B. in Form eines Kreuzchens in einem von zwei Kästchen.

Weiterhin kommt dann, dass das Beratungsprotokoll meines Erachtens nicht „rechtskonform“ ist, denn es ist einfach ein Vordruck, der für jeden gleich ist und insofern keine individuelle Entscheidung dokumentiert. Es verweist auf eine „Beitrittserklärung“, die als solche nicht existiert: „Der Leasingnehmer hat sich nach der Beratung für den in der Beitrittserklärung beantragten Verischerungsschutz entschieden.“ Eine echte Beratung hat nicht stattgefunden, lediglich hatte ich explizit darauf hingewiesen, dass ich eine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit wollte - diese gab es offenbar nur im Gesamtpackage, weshalb ich das Gesamtpackage wollte. Ich hatte auf die Aussage vertraut und mir wurde zu keinem Zeitpunkt erläutert, dass es zwei Varianten gibt - hierzu findet sich auch keinerlei Angebot, in dem zwei Varianten erläutert wären oder zwei verschiedene Kalkulationen. Im Übrigen erfolgte die „Beratung“ auch nur telefonisch, eine „echte Beratung“ gab es nicht.
Nach Auskunft der Versicherung liege dort keine Beitrittserklärung vor, diese habe nur der Leasinggeber. Die mir vorliegenden Unterlagen wiederum liegen der Versicherung vor, der zuständige Sachbarbeiter und eine weitere Mitarbeiter sagten, sie könnten anhand dieser Unterlagen nicht beurteilen, welcher Versicherungsschutz gewählt worden sei - dies müsste sich aus der nicht vorhandenen Beitrittserklärung ergeben. Bei der Zeugenvernehmung konnte der Verkäufer mit dem Befriff „Beitrittserklärung“ nichts anfangen … Für mich ist schwer nachvollziehbar, dass ich als Verbraucher bei dieser Sachlage denn Kürzeren ziehen sollte …
Für eine weitere Einschätzung oder Erklärung bin ich dankbar.

Im Brett „Allgemeine Rechtsfragen“ steht nichts dergleichen.

Ja. Und vielleicht auch, wenn sie einen Einigungsmangel annimmt. Was genau die Richterin meint, weiß sie am besten, und da sie es dir offenbar gesagt hat, weißt du es immerhin noch besser als ich.

Vielleicht lässt sie die Frage „Eindeutig die Variante ohne Plus“ oder „Einigungsmangel“ auch offen, weil du im ersten Fall widerlegt, im zweiten beweisfällig geblieben bist, was dieselbe Folge hat: Du verlierst.

Zumindest AGB werden nicht vom verobjektivierten Empfängerhorizont her ausgelegt, sondern es gilt nach ständiger BGH-Rechtsprechung der Grundsatz der objektiven Auslegung (siehe etwa BGH NJW-RR 2016, 526; Palandt a.a.O. Rn. 16).

Natürlich haben Individualabreden Vorrang (§ 305b BGB). Insofern hast du ironischerweise Recht. Und um eben diese Individualabrede dürfte es in der Beweisaufnahme ja auch gegangen sein, nur dass die Zeugenaussage eben nicht ergiebig war.

Womit dir auch nicht geholfen wäre.

Diese Meinung bindet das Gericht aber nicht. Und die Anwälte der Gegenseite vertreten diese Meinung vermutlich auch nicht.

Es wurde keine Variante gewählt, obwohl zwei Varianten zur Auswahl standen. Diesem Problem kann man nicht mit einer Umdeutung der AGB begegnen.

Ich weiß nicht, was du damit meinst. Verwender gibt es nur bei AGB. Der Verwender liest seine AGB aber nicht vor. Und warum er ganz allgemein für „undeutliche Aussprache“ haften sollte oder für „die verwendete Kommunikation“, erschließt sich mir nicht.

Erneut: Die juristische Auslegungsmethodik verbietet es, streng am Wortlaut zu haften. Und welche Kriterien hier gegen diese Art der Auslegung sprechen, habe ich auch schon geschrieben.

Wie gesagt, am ehesten würde ich hier von einem Einigungsmangel ausgehen. Die Richterin vielleicht auch. Interessant wäre das vielleicht für die Rückforderung von geleisteten Prämien, so ein etwaiger Rückforderungsanspruch nicht verjährt ist.

Das denke ich auch. Aber welchen Rechtshonig will man daraus saugen? Die Unklarheitenregel hilft dir nicht weiter. Selbst wenn man hier einen AGB-Fehler annimmt, greift die Unklarheitenregel nur, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden Zweifel bleiben und mindestens zwei Auslegungsmethoden rechtlich vertretbar sind (BGHZ 185, 310). Das ist hier aber nicht der Fall. Zumindest gehört die Wahl der Plus-Variante nicht zu den rechtlich vertretbaren Auslegungsmethoden.

Dazu kann ich nicht viel sagen, weil ich mich mit den Formerfordernissen, die es hier geben mag, nicht auskenne. Solche Regeln könnten sich auf die Darlegungs- und Beweislast auswirken. Wenn die Richterin sich noch nicht erkennbar damit beschäftigt hat, könntest du es ja einmal ansprechen.

Das ist die Vereinbarung der Plus-Variante. Du bist also im Recht. Es ist aber ja offenbar nicht nachweisbar. Wie gesagt, vielleicht lohnt es sich, darüber im Rahmen von Beratungs- und Dokumentationspflichten und ihren Auswirkungen auf das Beweisrecht noch einmal nachzudenken. Das überlasse ich aber der Richterin, die dafür ja schließlich besoldet wird.

Woher wissen die denn, dass dem diese Erklärung vorliegt? Wie auch immer, dass auch der Leasinggeber potenzieller Anspruchsgegner ist, habe ich ja schon angedeutet. Auch da würde ich mir allerdings keine allzu große Hoffnungen machen.

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Corrigendum: Du bist im Recht, wenn der Leasinggeber hier namens und in Vollmacht des Versicherers gehandelt hat, was ich vermute, aber so ad hoc nicht sicher bejahen möchte.

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Vielen lieben Dank für deine ausführliche und fundierte Antwort!