Hallo,
Zunächst einmal finde ich es auch mehr als erstaunlich, dass
ein Praktikant an einer staatlichen Schule Klausuren abhalten
und sogar korrigieren darf. Das durfte ich noch nicht einmal
als Referendarin.
Ich bin kein Praktikant dort.
Das ist so, ich bastle an ein paar Anordnungen fürs Studium. In der Uni hab ich momentan aber nicht die Möglichkeiten, dies alles so umzusetzen, wie ich es brauche.
Ich wandte mich vertrauensvoll an meine alte Schule, ob ich bei denen ein paar Sachen zurechtwerkeln kann, damit ich sozusagen etwas tun kann.
So, ich saß da also unter den 11ern ganz hinten brav und still in der Ecke und erledigte so nach und nach meinen Kram.
Man muß dazu sagen, daß ich zu dieser Schule einen sehr guten Draht habe (vor allem zu einigen meiner ehemaligen Lehrer, was u.a. den entsprechenden Fachleiter und den Schulleiter betrifft).
Ich habe dort auch für den ganzen technischen Unterricht Skripten erstellt und geschrieben, die auch rege Einsatz finden.
Diesen Theorieteil in der Praxiszeit (den es bisher nicht gab) hab ich schonmal aus Spaß angesprochen, man zeigte sich interessiert. Nun kam alles zusammen. Ich saß da in der Ecke und dann kam dieses „Moment mal, Du studierst das doch - und Du willst doch bestimmt weiter in der Ecke basteln *fiesfreundlichgrins* …“.
Zu meiner Zeit war das allerdings noch so, daß das Praktikum nicht mitten im Halbjahr war, sondern gleich zu Anfang - also ohne stoffliche Vorkenntnisse (und ohne Theorieteil, ohne dicke ausführliche Unterrichtsskripten).
So - eine Woche Theorie bzw. theoretische Wiederholung gehalten und mit kleinen Hausaufgaben bzw. Nacharbeitungen des jeweiligen Tages gestützt.
Dann hieß es plötzlich „Och, Du kannst doch bestimmt auch eine Klassenarbeit daraus basteln, ich bin die nächsten Tage, wo ich Stunden mit denen hätte da und da zu der und der Fortbildung…“.
„Gut“ dache ich mir. Hab dann von hier Hilfe bekommen, wie ich mit
einfachen Mitteln den Schwierigkeitsgrad richtig dimensionieren konnte, weil ich zwar die Aufgaben fachlich konzipiert habe, aber (als jemand der den Stoff bringt) nicht wußte, wie damit ein soundso vorgebildeter 16jähriger fertig wird.
Klappte dann alles sogar besser als gedacht.
Viele ächzten zwar, daß es sehr ungewohnt war - ich habe mir die Aufgaben selbst ausgedacht, der Lehrer kopiert immer nur aus diversen Büchern Übungsaufgaben zusammen; außerdem schreibt er immer nur 45 Minuten, während meine Klassenarbteit 100 Minuten ging.
Dann ächzten die Jungs und Mädels auch, daß es doch alles andere als leicht dennoch (mehrheitlich) nicht *zu* schwer gewesen ist.
Und wer soll die Klassenarbeiten denn sonst korrigieren?
Der Fachlehrer wollte natürlich noch einmal durchschauen und abzeichnen. Hat er auch getan - wobei das Durchschauen natürlich überfliegen war und eher fachlich die Aufgaben besprochen wurden, er hatte aber nichts auszusetzen.
Grundsätzlich kann in einer Klausur nur Stoff verlangt werden,
der im Unterricht besprochen bzw. entsprechend vorbereitet
wurde. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Arbeit nur
Reproduktionsteile enthält, das darf sie auch gar nicht. Es
wäre also zu klären, ob die verlangte Aufgabe sich aus den im
Unterricht behandelten Teilen selbstständig lösen lässt, oder
ob sie ein selbstständiges Erarbeiten neuen und im Unterricht
nicht behandelten Stoffs voraussetzt.
Es geht konkret um Grundlagen der Elektrotechnik.
Schwierig zu erklären mit der Aufgabe. In dem Sinne ist es kein neuer Stoff, da fast der ganze Stoffkomplex bereits direkt vor der praktischen Woche fertig abgehandelt worden ist. Darüber hinaus haben die Jungs uns Mädels ihre Skripten. Der Lehrer hat auf Grund von Krankheit ein paar Kapitel gekürzt vorgetragen - hat mir das aber nicht gesagt. Die Aufgabe war dann so aufgebaut, daß man quasi alle notwenidgen Grundprinzipien verstanden haben mußte, das Standardhandwerkszeug an Rechenverfahren können mußte und mit einer recht anspruchsvollen und vom Typ her seltenen Schaltung konfrontiert wurde. Außerdem war die Aufgabenstellung ein bißchen in Richtung „anspruchsvoll“.
Was wirklich erstaunlich ist: Alle Schüler, die in der Praktikumswoche aktiv mitgearbeitet (und zuhause ein bißchen nachbereitet) haben, haben auch in dieser Aufgabe wenigstens ordentlich, teilweise herausragend, abgeschnitten.
Wie ich mich danach erkundigt habe, sind das komischerweise eher die durchschnittlichen bis guten Schüler gewesen.
Dagegen haben besonders die „Streber“ (ist nicht so gemeint, bringt es aber auf den Punkt) - also die mit jeder Menge ‚1‘ in der Liste, abgeluscht, sowohl in der Aufgabe, wie auch tendenziell in der Klassenarbeit.
Was bei mir den Eindruck erweckt, dass die ganze
Klausurgeschichte mit dir als Praktikant nicht so hasenrein
war?
Hab es ja oben dargelegt. Feldversuch, der aber zumindest fachlich gesichert zu sein schien.
Bedeutet das, dass du zwar die Klausuraufgaben entworfen,
nicht aber den Unterricht vorher besucht hast und die Klausur
nicht mit dem Fachlehrer abgesprochen war? Das halte ich
allerdings nicht für rechtens.
Ich bekam nur eine Info, wo die Klasse im Stoff gerade steht.
Darüber hinaus wurden mir im Zwiegespräch vorgegeben
-
Länge der Arbeit; sollte auf Doppelstunde veranschlagt werden, damit nach und nach ein Gefühl für lange Klausuren aufkommt (die Prüfung geht dann 270 Minuten über alle drei Jahre)
-
ungefährer Schwierigkeitsgrad; Abschlußklausur des Stoffkomplexes, sowohl mit Theoriefragen, als auch Rechenaufgaben
-
drei vier Dinge, die ich *nicht* in einer Aufgabe verarbeiten sollte .
Der Fachlehrer hat mir aus genannten Gründen vertraut und erst die Zweitkorrektur mit mir durchgesprochen. Meinte jedoch, er fände die Aufgaben in Ordnung.
Wenn Schüler in der Aufgabe gut abgeschnitten haben, wüsste
ich gern, ob die Nichtwertung dieser Aufgabe zu einer
Verschlechterung ihres Ergebnisses führen würde.
Ja, bei vier Mann sogar heftig, weil die in anderen Aufgaben nicht so gut waren. Die bräuchten ihre erreichten Punkte.
Das könnte ja nur dann der Fall sein, wenn sie andere Aufgaben, die
der Rest der Lerngruppe lösen konnte, nicht herausgebracht haben, was
mich dann wundern würde, denn es klang ja so, als ob diese
umstrittene Aufgabe eher anspruchsvoll war.
Siehe oben. Man mußte
- einen Überblick über den ganzen Stoffkomplex haben
- die wichtigsten Grundprinzipien sicher verstanden haben
- das Handwerkszeug (Rechenverfahren und Mathematik) weitestgehend beherrschen
- logisch denken können
- eine Aufgabe zielgerichtet bearbeiten können unter der Prämisse „Wo führt mich das ganze eigentlich hin?“, „Wohin will ich schlußendlich?“
- im Praktikum die Woche aufgepaßt haben (Notizen geschrieben, Hausaufgaben bearbeitet, Protokoll aufbereitet)
- den von mir gehaltenen Theorieteil mitverfolgt haben.
Das klingt furchtbar aufgebläht. Kurz und bündig könnte man sagen „Man sollte den Stoff verstanden und geübt haben.“.
Die Betroffenen scheinen auch nicht unbedingt „Prüfungstypen“ gewesen zu sein, weil sie gerade die erste halbe Stunde nicht so recht vorwärts kamen und ich von weiten schon Fehler beobachten konnte.
Kannst du nicht die Aufgabe aus der Bewertung herausnehmen und für
richtige Lösung „Sonderpunkte“ geben, die nur zu einer Verbesserung
führen würden?
Schonmal eine Zusatzaufgabe für 15 Punkte gesehen ?
Außerdem ist das auch wieder heikel. Es gab einige, die haben nicht die Kanne in die Hand bekommen (eine ‚5‘), sondern ordentlich abgeschnitten. Für die würde es teilweise einen erheblichen Sprung nach oben bedeuten, wenn die Aufgabe wegfiele.
Den Sprung haben sie meiner Meinung nach aber nicht verdient.
Ich müßte dann quasi irgendwie am Bewertungsmaßstab zerren oder sogar alles neu durchkorrigieren, was allerdings schonmal deshalb schwierig ist, weil ich jedem die Aufgabenblätter mit Deckblatt gegeben habe, wo die Punkteverteilung drauf vermerkt war.
Umso mehr verstehe ich die Unruhe der Schüler bzw. Eltern,
wenn der rechtliche Hintergrund der Klausursituation nicht
eindeutig ist.
Gruß Orchidee
Rechtlich seh ich da kein Problem. Fachlich war das meiste im Unterricht besprochen, von mir haben sie nocheinmal praktikumsbegleitend Einblicke erhalten, sie hatten das Praktikum selbst, zusätzliche freiwillige und pflichtmäßige Übungsaufgaben, die Skripten für dem Unterricht und ihre Hefteraufzeichnungen.
Die Klassenarbeit war 3 Wochen vorher angekündigt worden. Es war der Hauptbetreuer des Praktikums mit mir im Raum als Aufsicht, denn ich war quasi nur zusätzliche Betreuung.
Oder was meinst Du?
MfG