Das Gedicht habe ich aus dem Buch die Kunst des Sprechens und des Vortrags von Demetrius Schrutz, Max Hesses Verlag Berlin 1920. Es hat sechs Strophen und ist sehr makaber:
Das Gewitter von Gustav Schwab
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
in dumpfer Stube beisammen sind.
Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt,
Großmutter spinnet, Urahne gebückt
sitzt hinterm Ofen im Pfühl
Wie wehen die Winde so schwül!
Das Kind spricht: „Morgen ist´s Feiertag!
Wie will ich spielen im grünen Hag,
Wie will ich springen durch Tal und Höh´n,
Wie will ich pflücken viel Blumen schön;
Dem Anger, dem bin ich so hold!“
Hört ihr´s, wie der Donner grollt?
Die Mutter spricht: „Morgen ist´s Feiertag!
Da halten wir alle ein fröhlich Gelag,
Ich selber, ich rüste mein Feierkleid;
Das Leben, es hat auch Lust nach Leid,
Dann scheint die Sonne wie Gold!“
Hört ihr´s, wie der Donner grollt?
Großmutter spricht: „Morgen ist´s Feiertag!
Großmutter hat keinen Feiertag,
Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid,
Das Leben ist Sorg´ und viel Arbeit;
Wohl dem, der tat was er sollt´!“
Hört ihr´s, wie der Donner grollt?
Urahne spricht: „Morgen ist´s Feiertag!
Am liebsten morgen ich sterben mag;
Ich kann nicht singen und scherzen mehr,
Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer,
Was tu´ich noch auf der Welt?“
Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?
Sie hören´s nicht, sie sehen´s nicht,
Es flammt die Stube in lauter Licht:
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
Vom Strahl miteinander getroffen sind.
Vier Leben endet ein Schlag
Und morgen ist´s Feiertag!
Viel Spass bei der Lektüre - WolfD