Ursprünglich wollte ich diesen Text als Antwort auf die Beiträge eines hier aktiven Kriegführungsexperten abfassen, mit dem ich in launisch- lockerer Korrespondenz stehe. Da aber eine Reihe von Grundsatzfragen, sowie auch einige politische Korrektheitsgesichtspunkte berührt werden, mache ich einen extra Artikel im Stile eines „FAQ“ daraus:
aus den Medien ergibt sich ein eigenartiges Bild:
Die Israelis … schaffen es seit 3 Tagen nicht, eine kleine Stadt mit
ca. 200 Hisbollah-Kämpfern einzunehmen …
Sie machen „robuste Patrouillen“ (wie die Briten das 2003 in Basra nannten) zu
- Aufklärungszwecken (Zeugengewinnung, Fachbegriff: „hum-int“)
- Tatmittelneutralisierung (Rampen, Raketen, Tunnel, Bunker und Kommunikationsmittel sprengen, bzw.)
- Beweismittelsicherung (interessante Dokumente und Gegenstände mitnehmen (wenn sie nicht zu schwer sind, sonst halt sprengen), sowie:
- Störerabdrängung.
Eigentlich alles Polizeiarbeit; von Extern gemacht, eben weil es Polizeiarbeit im Libanon in dem Sinne nie so recht gab. Die IDF arbeitet also die nicht getane Polizeiarbeit des Libanon ab. Also: Keine Konkurrenz für Irgendwen; nur „nicht getane Arbeit“ wird nachholend erledigt. Im Auftrag der von dieser nicht getanen Arbeit vorgesehenen Opfer übrigens. Also keineswegs „Geschäftsbesorgung ohne Auftrag“ (unzulässig nach BGB), sondern im präventiv-geschichtlichen Auftrag sozusagen. Konkret:
Das Terrain wird davon „gesäubert“, Manövrierraum und Glacis für die Raketen abzugeben. In Kommandounternehmen quasi. Nix mit „einnehmen“. Besetzt sind genug Gebiete. Außerdem lehrt bereits das Klischee, dass der Jude nicht nach der Scholle strebt, sondern es vorzieht, unstet umher zuschweifen. Klischees sind nie ganz falsch, man muss sie nur klug zu Rate ziehen. (Man muss nur vom Unfug der Regel auf die zutreffende Ausnahme kommen…, um nicht z.B. solchen obsoleten Albernheiten wie „Einnehmen“ als einem Massstab aufzusitzen, finde ich).
Hier die strategische Selbstauskunft zu dem Thema:
… soldiers have already destroyed some Hezbollah communication centers and arms caches in the town, „and we have also gathered a great deal of intelligence.“ … Soldiers also began searching houses in parts of Bint Jbail yesterday, looking for arms, Hezbollah members and intelligence…
http://www.haaretz.com/hasen/spages/742745.html
Die Hezbollah members sind die intelligence, das wollte der Autor aus verständlichen Gründen nicht so direkt sagen, aber die Vernehmungsexperten freuen sich trotzdem über die „humam-intelligence“.
zerstören Dorf um Dorf, Stadt um Stadt, töten eine Unmenge von
Zivilisten (und)
Reingefallen. Wenn man die Begleiteffekte zum Zweck der Übung erhebt, kapiert man gar nichts mehr. Die „Unmenge von Zivilisten“ ist Werk von Luftwaffenmunition, zu der ich mich hier noch mal separat äußern werde.
Die Zerstörungen und die Toten sind keineswegs Anlaufspuren von gescheiterten Eroberungen. (Schlüsselsatz!)
Der Clou bei dieser Einsatztaktiken-Strategie ist Punkt 4.
„Army sources believe that some 25 Hezbollah gunmen were killed in the fighting, but dozens more escaped through a narrow corridor that the IDF left open to enable civilians to flee.“
http://www.haaretz.com/hasen/spages/742752.html
Das ist des Rätsels Lösung. Um die Punkte 1 -3 abarbeiten zu können, gibt es zu Punkt 4 eine klein gedruckte special-allowance zum Verdrücken. Die Agenda ist damit auch erfüllt, weil „escaped“ auch „gesäubert“ bedeutet. Tatsächlich vermeiden es die IDF einfach, die „religiösen Fanatiker“ in die letzte Enge zu treiben und erreichen ihre konkreten Ziele dennoch, bzw. eben deswegen - zu moderaten Verlusten - dem zweifellos wunden Punkt der zivilisierten Israelis, wie wir sehen werden:
Die Hisbollah hält aus, tötet einen israelischen Soldaten nach dem
anderen
Falls Du gerade eine historische Ansprache im Hintergrund laufen hast, wo jemand brüllt: " … er steht und schlägt …", dann mach die doch mal einen Augenblick aus.
Die Verluste sind moderat und exakt im Plan. Es waren für vier Wochen 90 „troops“ kalkuliert und nach 14 Tagen sind wir bei 45 „Militärathleten“ (inkl. friedly fire) bei der
Elite-Elite (Golani-Brigade => Waffen-ShinBet)
& Co.
… tötet einen israelischen Soldaten nach dem anderen (mehr Soldaten :als Zivilisten!)
Ja was denkst Du denn? Die Israelis verstecken sich nicht nur hinter keinen Kindergärten, sondern sie schieben auch keine vor sich her, wie sich das etwa die Iranische Führung mit ihren kleinen Schiiten im Krieg gegen den Irak geleistet hat! Die Araber (in Israel) dagegen weigern sich, die Alarmsirenen einzuschalten, weil sie die jüdischen Lieder nicht hören mögen, die darüber auch manchmal übertragen werden. Und dann verlangen sie dass ihre Kinder, die von Katjuschas zerfetzt werden, nicht den Israelischen, sondern den Libanesischen Opfern zugerechnet werden und
Nasrallah verkündet frohen Mutes …
dass man als Araber auch dann in den Jungfrauen-Himmel kommt, wenn man von einer arabischen Terrorrakete getötet wurde. Und Du hältst hier der Hezbollah zugute, dass die Israelis eine höhere Militärquote unter den Opfern haben. Kein Wunder, dass Du bei solchen Bildstörungen kurz vor der Heiligsprechung der Terroristen stehst.
In meinen Augen hat die Hisbollah die IDF hier deklassiert. Das :hätte ich nun nicht vermutet.
Kein Problem, das hätten wir doch alle nicht vermutet…
Sind das wirklich „religiöse Fanatiker“ und „irre Kindermörder“?.
Im Prinzip ja, warum denn nicht?
Bei den Gefechtsergebnissen kann man sich das nicht so ganz :vorstellen.
Wer so feste kämpft, der kann doch wenigstens kein Schurke sein … Schützengrabenmoral zur Komplexitätsreduktion. Dass so eine triefende Freikorpsromantik à la 1919 noch mal wieder hochkommen kann, ist schon „erstaunlich“, um auf Deine Eingangsverwunderung zurückzukommen.
Und jetzt noch ein Wort zu all den: Eickes, Militärathleten, und Gleiwitz aus einigen vorherigen Postings und der neuesten Wortschöpfung, einem „Waffen-ShinBet“. Alle Versuche, die Professionalität des Israelischen Militärs in eine Nähe zu Nazi- Formationen und -Politiken zu rücken und umgekehrt, die Hezbollahs dann als deren „Deklassierer“ hinzustellen, sind … ja ich weiss gar nicht, wie das sagen soll. „Pulverisieren“ … peinlichster „Sieg-im-Westen“ - Jargon.
Nehmen wir doch einfach zur Kenntnis, dass auch in kriegerischen Dingen, die Welt nicht einfach am deutschen Wesen weiter (un)genesen sind. Die Israelis sind in ihrer Kriegführung, gerade bei der Bewältigung der vergleichsweise neuartigen Problemlagen, eher ziemlich „british“, durchaus im Sinne eines Zermürbungskrieges gegen die „Festung Hezbollah-Land“, in und hinter der die Angriffsraketen gegen das jüdische Zivil disloziert sind.
Die machen das schon, die Makkabäer.
Und wenn wir uns nur bei dem Versuch das zu verstehen, nicht allzu sehr blamieren und nicht versuchen, denen unsere Spezialkräfte- Vergangenheiten unterzujubeln, dann können wir es sogar zu leidlich guten Europäern bringen, und hinterher vielleicht sogar etwas mithelfen, auf den Rest von dem Schlamassel aufzupassen.
Noch eine Nachbemerkung zu Punkt vier: Die Typen, die da entwischen durften, sind nicht irgendwer, sondern hochgesalbte Todgeweihte. Die Tatsache, dass sie sich verdrückt haben, disqualifiziert sie als „Helden“ und sägt am Mythos. Ich halte das wirklich für ziemlich klug, wie die Israelis das da machen, am Boden, wo es so schwer ist.
Wichtig ist, dass der ganze Magiont-Krempel unbrauchbar für eine zukünftige Deckung des Raketenterrors ist. Die Israelis machen der NATO die Gegend „besenrein“ zum anschließenden paece-keeping. Schlimm genug wird werden, dass sich die Terrorwilligen wohl weiter wie Fische im Wasser unter der Zivilbevölkerung werden bewegen können. Da wird die NATO den Israelis zutiefst dankbar sein, wenn wenigstens die Waffenverstecke zuvor ausgehoben worden sind. Damit die NATO es nicht ganz so schwer hat, wie die Amerikaner im Irak, wo der Saddam unter jedem zweiten Felsen ein paar Handgranaten hinterlassen hat zum Gebrauch für jeden Idioten, der sie findet.
Fortsetzungen werden wohl folgen…
Thomas