„Und derbe Knochen, die sich tödlich schlugen [...].“ Was meinte Goethe damit?

Guten Tag!

Lagen in dem Beinhaus Knochen von Menschen, die „sich hassten“ und „sich tödlich schlugen“?

Ja. Und zwar „kreuzweis, zahm allhier zu rasten“ bzw. " in Reih geklemmt, die sonst sich haßten". Der Tod ist der große Friedensstifter und Gleichmacher. „Was sie trugen, fragt niemand mehr“.

Gruß,
Ralf

Im Kassengewölbe wurden Personen von Adel und angesehene Bürger bestattet. In dieser Gesellschaft muss es hart zugegangen sein. :wink:

Das ist jedenfalls nicht der Sinn des Verses, den übrigens Tychiades ausführlich erklärt hat und der nicht davon abhängt, ob es an einem bestimmten Ort oder an einer bestimmten Zeit irgendwie oder anders ‚zugegangen ist‘.

Die Gebeine von Heinz Guderian und von Georgi Konstantinowitsch Schukow ließen sich ohne weiteres in einem Beinhaus zusammen stapeln, ohne dass irgendwas passierte. Das sagt nichts darüber aus, wie es in Schukows Stab „zugegangen ist“.

Schöne Grüße

MM

Hallo MM,
als ein mit der Region gut Vertrauter stimmst Du mir vielleicht zu, dass Goethe beim Schreiben dieser Zeilen ohnehin nicht das Weimarer Kassengewölbe (das ja bekanntlich auch kein Beinhaus, sondern ein Mausoleum war), sondern wohl eher die Michaelskapelle in Oppenheim vor dem inneren Auge hatte.


Das Kassengewölbe kannte er - anders als das Oppenheimer Beinhaus - vermutlich nicht einmal aus eigener Anschauung. Jedenfalls war er dort weder bei der Beisetzung Schillers in der Nacht auf den 12.05. 1805 zugegen (er nahm nicht einmal an der Trauerfeier am folgenden Nachmittag teil) noch bei der Exhumierung im März 1826. Solche Veranstaltungen waren für sein zartes Gemüt zu morbide.

Jedenfalls hat Goethe den ihn zu den Terzinen inspirierenden Schädel (der, wie man seit einer DNA-Analyse im Jahr 2008 weiss, gar nicht der Schillers war) nie im Kontext der aus dem Kassengewölbe exhumierten Knochen gesehen, sondern fein säuberlich auf einem Samtkissen unter Glassturz in seinem Gartenhaus am Frauenplan, wo er diesen ein halbes Jahr verwahrte, bis er im September 1826 in die Großherzogliche Bibliothek (die heutige Anna Amalia Bibliothek) überführt wurde. Schillers Familie fand diese Verwendung als zur öffentlichen Besichtigung freigegebenes Dekorationsstück jedoch nicht sonderlich amüsant und so landeten der Schädel des als ‚Schiller‘ deklarierten Unbekannten und die diesem mehr oder weniger willkürlich zugeordneten Knochen am 16.12.1827 in der Weimarer Fürstengruft (auch diese alles andere als ein ‚Beinhaus‘). Am 26.03.1832 wurde neben ihnen auch Goethe beigesetzt.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Ach so, ich dachte, dass sich diese Zeilen auf die Bergung der Knochen durch Schwabe beziehen.