Hallo Wolfgang!
Immer wieder ein Genuss, Deine Beiträge zu lesen:
Dennoch ein paar Anmerkungen:
Wir machen etwas falsch, wenn wir versuchen, Standardprodukte
zu chinesischen Preisen anzubieten.
Die Chinesen werden demnächst noch weiter auch in High-Tec-Domänen einbrechen. Mit Autos haben sie gerade erst begonnen, so wie es einst die Japaner auch taten. Aber sie steigen inzwischen auch in die bemannte Raumfahrt ein. - Und leider wird es bei uns wie in anderen westlichen Industrieländern immer wieder auch Arbeiter geben, die eben zum Ingenieur nicht taugen. Die brauchen aber auch eine Arbeit; auf Null werden wir diesen Bevölkerungsanteil kaum schrauben können.
Auch vom „Abschaffen des
Wasserkopfes“ und der Politiker sollten wir besser nicht
träumen. Dann hätten wir nämlich Anarchie.
Abschaffen wird wohl kaum gehen, zumal es auch hoheitliche Aufgaben eines Staates gibt. Aber deutliches Verschlanken zu einer effizienten Truppe sollte schon das Ziel sein.
Das Dasein als
Politiker ist eher nicht geeignet, Reichtum anzusammeln. Der
überwiegende Teil aller in der Politik Tätigen macht dies
hierzulande gegen eine geringe Aufwandsentschädigung. Darunter
fallen mehrere hunderttausend Menschen in Gemeinderäten und
Kreistagen sowie die weitaus meisten Bürgermeister.
Dabei hast Du aber auch die „Hintenrum“- Einnahmen (Korruption) etlicher Beamter vergessen. Es ist noch gar nicht so lange her, wo man ohne Schmieren erst in Jahren einen Bauantrag bei vielen Gemeinden durchbekam. Und wen „bearbeiten“ die vielen Lobbyisten, wenn nicht leitende Entscheidungsträger in Ämtern und Behörden? Die dort ausgeprägte Korruption ist halt subtiler und nennt sich auch nicht so, sondern eher „Pflege der politischen Kultur“.
Abgeordnete und Minister in Bund und Ländern nagen gewiß nicht
am Hungertuch - das kann auch nicht der Sinn der Sache sein -
aber ein Abgeordnetenmandat ist kein zu Reichtum führender
Weg.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich ein Zubrot zu verdienen. Die wenigen ertappten Korrupties in der Politik sind nur die Spitze des Eisbergs.
Eine funktionierende öffentliche Verwaltung, Justiz, Polizei
und viele andere Aufgaben des Gemeinwesens sind wesentliche
Standortfaktoren und bilden insbesondere eine wichtige
Voraussetzung, daß es sich als Bürger in diesem Land leben
läßt.
Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn sie etwas effizienter arbeiten würden und sich zudem - ähnlich wie in der freien Wirtschaft - dem Wettbewerb stellen müssten und freilich auch kündbar wären.
Dummerweise glaubten wir in den vergangenen Jahrzehnten
an immerwährendes 10-Prozent-Wachstum der Volkswirtschaft, an
6 Wochen Urlaub als Minimum, an 35-Stunden-Woche und
staatliche Rundumversorgung. Im ÖD wurde über viele Jahre
alles eingestellt, was nicht rechtzeitig auf dem Baum war und
eine sichere Stellung mit Pensionsanspruch in einer Amtsstube
galt als höchstes Glück. Bei der Privatisierung von Strukturen
der Strickart des ÖD stellt sich regelmäßig heraus, daß die
Hälfte des Personals überflüssig ist und sich mit der
verbleibenden Hälfte die Qualität der Dienstleistung
verbessern läßt.
Wie wahr! Das Problem liegt jetzt darin, diesen in guten Zeiten aufgeblähten Apparat entsprechend der mageren Kassenlage wieder abzuspecken. Der Kündigungsschutz auf Lebzeiten mit Pensionsgarantie ist dabei eher hinderlich.
Wir haben ganz sicher in vielen Strukturen
des ÖD und in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einen
Personalüberhang, der viele Leute einfach nur versorgt, ohne
daß der Versorgung eine erkennbare Leistung für das
Gemeinwesen gegenüber steht. U. a. Gewerkschaften und
Beamtenbund mühen sich redlich, Veränderungen zu verhindern
oder wenigstens auf die lange Bank zu schieben.
Die Bank wird immer länger
Wenn wir Strukturen nennenswert verschlanken wollen, müssen
wir u. a. Regularien abbauen. Jede staatliche Wohltat, jede
Beschneidung individueller Handlungsfreiheit und jeder
Ausnahmesachverhalt, der Einzelfallgerechtigkeit schaffen
soll, hat irgendwo ein Grüppchen von Befürwortern und
erfordert zwischen Flensburg und Garmisch einen Haufen
Verwaltungsleute.
Und Bürokratie behindert nun mal die freie Wirtschaft dergestalt, dass etliche Unternehmen - so sie es können - bei den östlichen Nachbarn ihren Laden aufmachen.
Jeder vor Gericht verbissen ausgetragene
Nachbarschaftsstreit belastet die Justiz, bindet dort
Personal. Allein dabei geht es um einen kollektiven
Kindergarten aus vernagelten Holzköpfen, die sich in
alljährlich mehreren hunderttausend Fällen um Gartenzwerge und
zum Nachbarn gewachsene Grünzeugwurzeln streiten. Schau mal in
die Rechtsbretter, wie oft es dort um Geringfügigkeiten geht,
für die nach Wegen zur Einschaltung von Polizei,
Staatsanwaltschaft und Gerichten gesucht wird. Am liebsten
würde mancher Zeitgenosse ein mobiles Einsatzkommando ordern,
um den Streit um die Heckenhöhe zu klären.
Rechtsschutzversicherungen haben hierzulande Hochkonjunktur,
weil Menschen ihren Kram nicht alleine auf die Reihe bekommen
und bei jeder Kleinigkeit auf ihr vermeintliches Recht pochen
wollen. Sollen hierzulande Steuern nicht mehr nach der Uhrzeit
der Arbeit berechnet werden, gibt’s einen mittleren
Volksaufstand. Soll das Ladenschlußgesetz ersatzlos fallen
oder wird gar das böse Wort Eigenverantwortung in den Mund
genommen, wird gezetert, als ginge es um unsittliche Anträge.
Das sind die deutschen Besonderheiten, die uns im Ausland so „liebenswert“ machen. Ein Thema für sich.
Viele Leute ohne nennenswerte Ausbildung und ohne nachgefragte
Fähigkeiten erwarten einen Lohn, der nirgends auf dem Globus
gezahlt wird. Weil dieses Spiel nicht mehr so bequem wie
früher funktioniert, wird auf EU und Globalisierung
geschimpft.
Exakt: Sollen doch die Polen die Weinlese verrichten, unseren deutschen Arbeitslosen wird dabei der Buckel krumm nach dem Motto „Arbeit schafft Rückenschmerzen“. Und arbeitslose Umzubildende fragen neuerdings nach dem Lohn bei der Ausbildung.
Ich weiß manche technische Feinheit mit hochfesten und dennoch
leichten Werkstoffen an meinem VW zu schätzen, aber für den
stolzen Preis des Fahrzeugs stimmt die Qualität an vielen
Stellen nicht. Ich hab keine Lust mehr auf teure
Dauerärgernisse, schließlich bauen Toyota und Honda auch gute
Autos, nicht teurer, aber zuverlässiger. Ich habe
diesbezüglich nicht die geringsten Berührungsängste und wenn
sich jemand daran stört, soll er gefälligst besser werden.
Genau so ist es. Dort, wo das Preis-/Leistungsverhältnis stimmt, wird gekauft.
Meine Produkte gehören zu den teuersten ihrer Art am Markt,
aber ich kann kein einziges Stück verkaufen, nur weil Made in
Germany draufsteht. Die Sachen müssen ganz einfach besser sein
als der Kram des Wettbewerbs und dann mault kaum jemand über
den Preis. Nach diesem Rezept kochen zahllose Hersteller
hierzulande und es bewährt sich bestens. Eines unserer
Probleme besteht jedoch darin, daß wir zu wenig Hersteller
haben. Die Selbständigenquote ist hierzulande zu niedrig und
ein zu großer Anteil der Existenzgründer versucht sein Glück
ohne das geringste Know-how als Vermögensberater,
Amway-Vertreter, Ebay-Händler oder ähnlicher
Dünnbrettbohrerei. Bloß kein Risiko, über ein Wochenendseminar
darf die Vorbereitung nicht hinaus gehen und langfristiges
Engagement mit aller Kraft kommt schon mal gar nicht in Frage.
Tja, das ist der Traum vom schnellen Geld. Die alte Story vom Tellerwäscher zum Millionär wird auf den Millionär reduziert, und der Tellerwäscher vergessen.
Wer Unbequemes verordnet, wird in diesem Land abgewählt,
selbst wenn die angedachten Unbequemlichkeiten noch längst
nicht ausreichten. Wer Leistung einfordert, wird als
neoliberal abgestempelt. Mit fortschreitendem Lebensalter wird
Bezahlung nach Jahresringen als selbstverständlich angesehen,
wobei es selbstredend unzumutbar ist, ab 40 oder gar 50 noch
einmal lernen zu müssen. Wer sich über freien Handel freut,
bekommt es mit Globalisierungsgegnern zu tun. Solche und viele
weitere Würmer sitzen in den Hirnen und deshalb kommen wir mit
den zu fett gewordenen Sitzutensilien nicht hoch. Leute, die
Eigenverantwortung fordern, erhalten bestenfalls 1/10 der
Stimmen und scheitern oft genug an der 5%-Hürde. Daraus läßt
sich schließen, daß der überwiegende Rest der Bevölkerung
mindestens die bisherige bequeme Bettung behalten will und
sich nicht darum kümmert, woher das nötige Geld dafür kommen
soll.
Spätestens, wenn das soziale Netz zum sozialen Durchfall mutiert, werden die Leute wach. Aber vorher werden sie den Politikern nachlaufen, die ihnen blühende Schlaraffen-Landschaften versprechen. Und vier Jahre später haben sie schon wieder vergessen, was ihnen die Parteien vor der Wahl versprochen hatten.
Gruß
®_ichard_