Hallo,
Manche Unternehmen schaffen sich einen Wettbewerbsvorteil, indem sie ihren Beschäftigten sehr niedrige Löhne zahlen.
Wie genau funktioniert das? Angenommen da ist ein Arbeitskräftebedarf von 100.000 und 95.000 geeignete Kräfte bewerben sich.
Du wirst selbst wissen, daß sich die Situation anders darstellt. Zu Niedriglöhnen kommt es aufgrund eines vielerorts gravierenden Mangels an Arbeitsplätzen,
Oder eines Überangebots an Arbeitskräften? Arbeitsplätze kann man nicht einfach zu bereitstellen,w eil jemand einen braucht.
aufgrund fehlender Arbeitnehmervertretungen
Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man darüber lachen. Tatsächlich sind aber die Gewerkschaften und Arbeitnehmer nicht ganz unbeteiligt.
und aufgrund des Zwangs, Arbeit zu jedem Lohn anzunehmen.
Diesen Zwang gibt es?
Wie es genau funktioniert, kann ich schildern, weil ich mit dem Schriftverkehr mehrerer betroffener Arbeitssuchender befaßt war. Das läuft so: Die Mitarbeiterin eines Jobcenters gibt Namen und Telefonnummer einer Arbeitssuchenden (auch schon mal ohne deren Wissen)
Die hat sich dort nicht zur Vermittlung gemdeldet?
an eine Zeitarbeitsfirma weiter. Die Zeitarbeitsfirma bestellt die Arbeitssuchende zur Vorstellung ein. An diesem Termin wird irgendein geringer Lohn genannt, den der/die Arbeitssuchende zu akzeptieren hat. Andernfalls – das wird der Arbeitssuchenden unmißverständlich mitgeteilt - erfolgt eine Meldung der Zeitarbeitsfirma an die Behörde, die nach Anhörung der Betroffenen eine Leistungskürzung vornimmt.
Wer/Was hindert die Arbeitslose einen besser bezahlten Job anzunehmen? Ihre Qualifikation, räumliche/geistige Immobilität…?
Die Betroffenen sind dieser Situation hilflos ausgeliefert.
Dass denen das so vorkommt, möchte ich gerne glauben.
Bei einigermaßen ausgeglichenem Arbeitsmarkt und/oder mit einem auskömmlichen Mindestlohn hätte ich keine Einwände gegen Sanktionen.
Dir und den viele anderen ist klar, dass Mindestlohn nicht auch gleichzeitig einen garantierten Arbeitsplatz für jeden gibt?
Aber unter den derzeit gegebenen Voraussetzungen senkt mancher Arbeitgeber seine Kosten, indem er nach freiem Ermessen Lohnkosten auf die Staatskasse schiebt und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Das klappt nur, wenn es deutlich mehr Bewerber als freie Arbeitsplätze gibt. Der Arbeitsmarkt ist da zunächst einmal ein Markt wie jeder andere. Da gibt es die Menschen, die ihre Arbeitskraft anbieten und Arbeitgeber, die eben Arbeitskraft nachfragen.
Auf diese Weise wird nicht nur das Lohnniveau flächendeckend zu Lasten der Staatskasse gesenkt, sondern die Arbeitgeber, die sich zu schade für solche Methoden sind und ihre Beschäftigten ordentlich bezahlen, erleiden einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den Absahnern, die ihre Mitarbeiter Anträge auf Aufstockung stellen lassen.
Diese Firmen sind sofort ihre besten Leute los, sobald auch nur igrnwo jemand etwas mehr bietet. Das können also kaum besonders hoch qualifizierte Tätigkeiten sein. Für solche Tätigkeiten gibt es bei dem bereits jetzt herrschenden Lohnverhältnissen nur eine begrenzte Nachfrage. Und die wird sich auch nicht erhöhen, wenn es teurer wird.
Wie kann sich dann ein Unternehmen im Kampf um diese 95.000 durch niedrigere Löhne einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen verschaffen?
In weiten Landesteilen steht wenigen Arbeitsplätzen ein Vielfaches an Arbeitslosen gegenüber. Die Ursachen sind vielfältig. Aber gemeinsam ist allen Regionen, daß durch Schikanieren der Arbeitslosen und Förderung der Mitnahmementalität einiger Arbeitgeber keine neuen Arbeitsplätze entstehen.
Wenn ein Arbeitsplatz „entsteht“, der ohne diese „Subvention“ nicht entstanden wäre, dann könnte man das anders sehen.
Die Differenz zum Existenzminimum wird den Mitarbeitern aus öffentlicher Kasse gezahlt. Letztlich werden auf diese Weise die betreffenden Unternehmen subventioniert.
Oder eben die Leute, deren Gehalt nicht reicht. Kann man so und so sehen.
Z. B. in der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns dominieren Landwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie und Fremdenverkehr mit seiner Gastronomie. Einige Unternehmer zahlen auskömmliche Löhne, aber viele ihrer Kollegen aus der gleichen Branche finden es lukrativer, ihre Belegschaft zu Ämtern gehen zu lassen. Es beginnt bei weniger als 4 € pro Stunde. Bruttolohn!
Und M-V ist nun beispielhaft für Deutschland? Warum gehen die Menschen nicht einer anderen Beschäftigung nach?
flächendeckenden Mindestlohn besser?
Z. B. in Deutschland.
Diskutieren wir nicht gerade darüber, dass es keinen gibt? Dann kann das doch kein Beispiel sein.
In einigen Branchen gibt es einen flächendeckenden Mindestlohn, was übrigens zu keinen negativen Folgen führte. Der von manchen Verbandsfunktionären prognostizierte massenhafte Wegfall von Arbeitsplätzen fand jedenfalls nicht statt.
Um welche Branchen geht es? Wird dort der Mindestlohn durchgesetzt? Wie sieht es daneben mit Schwarzarbeit aus?
Der Mindestlohn ist wieder nur so ein sinnloser Versuch an Symptomen runzudoktorn, anstatt die wahren Ursachen anzugehen.
Welche Ursachen siehst du?
Mangelnde Qulifikation in Kombination mit fehlender geistiger und räumlicher Mobilität.
Es gibt zu wenige Unternehmer, insbesondere solche mit Alleinstellungsmerkmalen. Aber eine Ursache liegt eben auch in den qua Gesetz wehrlos gemachten Arbeitnehmern, die in strukturschwachen Regionen alles zu jedem Preis annehmen müssen.
Nö, ich sehe da einen hohen Prozentsatz an Leuten, die nicht mal einen Hauptschulabschluss haben. Dort muss der Staat schon ansetzen.
Und in strukturschwachen Regionen sind früher die Leute einfach dorthin abgewandert, wo es gut bezahlte Arbeitsplätze gab. Warum sollte das heute nicht gehen?
Die betroffenen Arbeitnehmer und Unternehmer mit Anstand sind dabei die Dummen, außerdem das Gemeinwesen, das für diese Subventionierung jährlich einen 2stelligen Milliardenbetrag zahlt.
Wo würden denn durch Mindestlohn plötzlich die ganzen Arbeitsplätze herkommen? Die gäbe es nicht und es würde eben weiter Arbeitslosengeld, Wohngeld etc. pp. gezahlt werden.
Gar nicht, weil ja kein Unternehmen subventioniert wird.
Wenn Teile der Löhne aus der Staatskasse bezahlt werden, ist
das doch wohl eine Subvention zugunsten des Unternehmens.
Wenn das Geld an den Arbeitnehmer fliesst, nicht.
Immerhin zahlen einige Unternehmer in den betroffenen Regionen und Branchen auskömmliche Löhne.
Aber sie stellen nicht einfach so mal noch 200 weitere Arbeitsplätze zur Verfügung, weil gerade welche gebraucht werden? Und sie würden das tun, wenn es einen Mindestlohn gäbe?
Ich finde eine Situation, in der die Anständigen die Dummen sind, nicht akzeptabel und kann das Befürworten dieser Praktiken nicht nachvollziehen.
Dann sollte man zuerst alles ändern, was zu solchen Praktiken führt.
Zeitarbeitsfirmen sind übrigens nicht so groß geworden, weil man den Lohn drücken wollte, sondern, weil die Arbeitgeber etwas flexibler sein wollen. Die bezahlen an die ZA-Firma nicht weniger als an ihre Festangestellten. Aber sie werden sie wesentlich schneller wieder los, müssen nicht noch mehr Betriebsräte freistellen usw. usf.
Gäbe es keine/flexiblere Kündigungsfristen usw. würde es kaum ZA-Firmen geben, weil die AGs dann selber ganz fexibel die Leute einstellen, wie sie sie brauchen. Und so lange Betriebsräte etwa bei VW oder Audi Prämien für alle festangestellten Mitarbeiter durchwinken, die eben auch darauf basieren, dass Auftragsspitzen flexibel abgefangen werden können und die so beschäftigten hinterher nicht weiter bezahlt werden müssen, braucht mir auch niemand kommen, die Gewerkschaften würden sowas verhindern. Die befeuern das noch. Vielleicht nich absichtlich, aber das macht es letztlich auch nicht besser.
Grüße