Mir ist mal aufgefallen, dass der Komperativ und Superlativ des
Adjetktivs mit der Bedeutung „gut“ ist vielen Sprachen unregelmäßig ist.
Woran liegt das? Gibt es dafür vielleicht gar einen sprachphilosophischen Grund?
Jein. Ich vermute Folgendes: Bei der Entstehung vieler Sprachen waren zunächst einmal die meisten Formen »unregelmäßig«, würden sich also – von einem heutigen Standpunkt aus gesehen – keiner Konjugation oder Deklination zuordnen lassen. Da es sprachlich unökonomisch ist, zwei Verben oder zwei Adjektive zu haben, die sehr ähnlich klingen, aber völlig unterschiedlich gebeugt werden, wird es immer Tendenzen gegeben haben, Verbformen einer Regelmäßigkeit unterzuordnen. Zudem dürfte es zu jeder Zeit einer bestimmten Gruppe von Sprechern unbekannt gewesen sein, wie die korrekte unregelmäßige Form lautete, sodass durch stetigen Gebrauch die zunächst falsche regelmäßige Form vorherrschend wurde. An beidem hat sich bis heute nichts geändert: Bei deutschen Verben wie »backen« haben die regelmäßigen Präteritum-Indikativ-Formen »backte; backtest; backte; …« die unregelmäßigen »buk; bukst; buk; …« nahezu verdrängt. Das Ergebnis ist, dass wir im Hochdeutschen dieser Tage weniger unregelmäßige Verben haben als vor rund 1000 Jahren.
Nun nehme ich an, dass die Verben und Adjektive, bei denen die unregelmäßige Form langfristig überlebt, solche sind, die grundlegend sind für die menschliche Kommunikation, weil sie Tätigkeiten, die häufig ausgeführt werden, oder Unterscheidungen, die häufig vorgenommen werden, beschreiben. Bei diesen Wörtern sollte es demnach aufgrund ihrer Frequenz nicht vorkommen, dass einer die richtige Form nicht weiß oder nicht einmal korrigiert wird. Gestützt wird diese These beispielsweise durch Sprachen wie das Türkische – einziges unregelmäßiges Verb: »olmak« (sein) –, das Lettische – einzige unregelmäßige Verben: »būt« (sein/haben), »iet« (gehen), »dot« (geben) – oder das Englische – einzige unregelmäßige Adjektive: »good« (gut), »bad« (schlecht), »far« (weit), »old« (alt), »little« (wenig), »many/much« (viel) –, deren unregelmäßige Formen zu Wörtern des Grundwortschatzes gehören. Natürlich gibt es Gegenbeispiele, die man jedoch erstens einzeln betrachten müsste und die zweitens nicht notwendigerweise meiner Vermutung widersprechen.
Gruß
Christopher