Eine alte Maßeinheit für Leistung ist die Pferdestärke (PS). 1 kW = 1,36 PS.
Vielleicht wird es nun klarer, warum man Leistung (PS) und Energie (beim Auto: Liter Diesel) auseinanderhalten muss.
Wieviel hast du für München-Berlin verbraucht? -> 120 PS. Hä? Natürlich nicht, sondern 40 Liter Kraftstoff.
kW ist also die Leistung. Genau wie PS beim Auto. Der Motor leistet momentan 20 kW - richtig.
Und wenn er das eine Stunde lang gemacht hat? Dann hat er 20 kW * 1 h = 20 kWh Arbeit verrichtet (Arbeit = Energie). Und nach 5 Stunden? Dann waren es 20 kW * 5 h = 100 kWh.
Nun wird es minimal komplizierter - wirklich nur minimal!
Bei Spulen nimmt das Magnetfeld, welches beim Anstieg der Spannung durch den einsetzenden Stromfluss erzeugt wird, nämlich etwas Energie auf. Wo bleibt die? Wenn die Spannung wieder fällt - und das passiert ja bei Wechselstrom 50mal in der Sekunde - dann gibt das Magnetfeld diese Energie wieder ab -> zurück ins Stromnetz.
Die Leistung, die ständig erst das Magnetfeld aufbaut und dann wieder zurück ins Stromnetz geht, nennt man Blindleistung. Anschaulicher: Da pendelt eine Portion Energie ständig zwischen Motor und Stromnetz.
Wo wir gerade dabei sind: Auch Kondensatoren speichern bei steigender Spannung Energie - allerdings im elektrischen Feld (nicht im Magnetfeld) - und geben diese bei fallender Spannung wieder ab.
Wir haben also bei einem Motor zwei Leistungen:
Die Wirkleistung [Watt, W]: wird zum Antrieb benutzt, auch die Verluste durch Reibung und Erwärmung benötigen Wirkleistung
Die Blindleistung [Voltampere reaktiv, var]: pendelt nutzlos hin und her, ohne Arbeit zu verrichten
Den Elektriker interessiert die Kombination aus beiden Leistungen, das ist die Scheinleistung [Voltampere, VA], denn diese ergibt die Strombelastung der Zuleitung.
Der Anteil der Wirkleistung an der Scheinleistung (immer kleiner oder gleich 1, ist ja klar) wird Scheinleistungsfaktor genannt, der ergibt sich auch aus dem Phasenverschiebungswinkle phi und ist gleich dem Cosinus des Phasenverschiebungswinkels. (Phasenverschiebung? Das wäre ein weiterer, langer Artikel…).
Das ist NICHT der Wirkungsgrad! Der Scheinleistungsfaktor sagt dir nur, wie groß der Anteil des „echten“, wirksamen Stroms am Gesamtstrom ist.
Praxis:
Du hast einen 20 kW Motor. Der kann also dauerhaft maximal 20 kW Leistung an der Motorwelle abgeben. Du hast eine Maschine, die (der Einfachheit wegen!) auch genau 20 kW vom Motor bezieht.
Der Motor hat einen Wirkungsgrad (eta) von 0,9. Aus 1 kW aufgenommener Leistung macht er also 0,9 kW abgegebene Leistung an der Welle und 0,1 kW Verluste (fast ausschließlich Wärme).
Für 20 kW an der Welle benötigt der Motor also 20 kW / 0,9 = 22,2 kW aus dem Stromnetz.
Er hat aber einen Wirkleistungsfaktor von 0,8. Also scheint er 22,2 kW / 0,8 = 27,8 kVA aus dem Stromnetz zu bekommen (was nicht stimmt, denn ein Teil dieser Scheinleistung pendelt ja nur hin und her).
Im Dreiphasennetz mit 230V würde man in jeder der drei Adern der Zuleitung 40,3 A messen (27,8 kVA / (3 * 230V) = 40,3 A).
Achtung, es gilt nicht einfach: Wirkleistung in W + Blindleistung in var = Scheinleistung in VA.
Das muss nämlich vektoriell addiert werden, denn die Ströme haben eine „Richtung“. Wenn du zwei Hunde vor dem Schlitten hast und der eine zieht mit 200 Newton „schräg nach links“ und der andere mit 200 N „schräg nach rechts“, dann resultieren daraus ja auch keine 400 N Zugkraft nach vorne.
Blindleistung und Wirkleistung haben einen Winkel von 90° zueinander, somit gilt der olle Pythagoras:
(Blindleistung)² + (Wirkleistung)² = (Scheinleistung)²
Blindleistung verrichtet keine Arbeit und wird vom normalen Stromzähler NICHT erfasst.
Sie belastet aber das Stromnetz und daher müssen Industriekunden bei übermäßig viel Blindleistung eine Art Strafzahlung an den Anbieter zahlen (die aber weit geringer als der normale Strompreis ist.
VA, var und W sind alles Leistungen. Man hat diese Schreibweise nur eingeführt, um die drei Varianten der Leistung einfacher auseinderhalten zu können.