Unzivilisierte Zivilisation

Politik Europa-Politik
#1

Oder: Zivilisation als sozio-kulturelle Ideologie vs. politische Ideologien.

Gerne gibt man Entwicklungshilfe in verschiedensten Formen: Monetär, militärisch, mittels Medizin, Religion oder Bildung.

Und ebenso gerne gibt man sich den Anschein, die überlegene Zivilisation, wenn nicht die vollkommene darzustellen.

Träger, Verantworter und Entscheider dieser „Wohltaten“ sind meist politischer Natur und Zwecke.

Ist Spanien zivilisiert?
Angesichts der einschneidenden Maßnahmen, von Gefängnis, Gewalt und deren Androhung gegen zivile Demonstranten, Entmachtung einer demokratisch gewählten Regierung bis zu Entzug von Pässen gegenüber politischen Gegnern in Katalonien muss man diese Frage stellen. Andere Möglichkeiten wie Gespräche oder Kompromisse werden nicht mehr angeboten. Allein der Gedanke an zivilen Ungehorsam oder die Aussicht auf Änderung eines Unabhängigkeitsstatus werden gewaltsam und kompromisslos unterdrückt.

Ist die EU (die Institution, nicht zu verwechseln mit Europa) zivilisiert?
Über Jahre und Jahrzehnte, schleichend und nahezu unbemerkt (die Gründe liegen in der von Beginn an angelegten Intransparenz, fehlende Aufklärung und Ferne von der zivilen Basis), hat die politische Ideologie Verpflichtungen und Abhängigkeiten aufgebaut, die in der Summe nahezu jedem Land ein Rücktrittsrecht unmöglich machen. Und weiter die eigene Loslösung von den einzelnen Staaten, Civitates und Bürger manifestiert. Die EU ist, wenn man die zunehmenden Probleme wie Migration, Rechtsruck betrachtet, dagegen weitgehend wehr- und handlungsunfähig. Sie ist nicht in der Lage, bei bedeutenden Angelegenheiten annähernd Konsens zu erzielen. Eine eigenständige politische Ideologie dominiert europaweit die sozio-kulturellen.

Ist Deutschland unzivilisiert verrückt?
Spätestens seit 2015 ist offensichtlich, dass die politische Ideologieelite sich uneins und gleichzeitig einig ist wie noch nie. Es mündet in zunehmenden Gefährdungen der Bürger, Radikalisierungen, Behördenüberforderungen, Zunahme von Armut, Betrug durch Industrie, Gefährdung von Gesundheit für die Allgemeinheit, religiös-Kräfte anstelle Säkularität usw. Die sozio-kulturellen Bedarfe und Bedürfnisse werden vom Tisch gefegt durch eine sich ausbreitende politische verantwortungslose Kaste. Auf Machterhalt ausschließlich ausgerichtet.
Jamaika „lach“

Für die EU konstatiere ich derzeit Stillstand hinsichtlich zivilisatorischen Fortschritts, für Spanien eine Mischung aus „Franco lebt noch“ und tendenziell eher Rückschritt, für Deutschland Rückschritte (auch wirtschaftliche und soziale Qualitäten betreffend).

Wie seht ihr die drei denn hinsichtlich „zivilisiert“?
Geht es irgendwann wieder in Richtung Freiheit/Unabhängigkeit oder weiter zunehmend in deren gnadenlose Beschränkung und Missachtung der Bedarfe von Gesellschaften und Bürger?

Franz

PS:
Wer „Ökonomie“ vermisst: Diese funktioniert ohne Politikwesen und ohne Berücksichtigung sozio-kulturellen Faktoren.

#2

Lieber Franz,

was Du hier verkündest, ist die Ideologie der „Neuen Rechten“ in Reinkultur.

Nicht ein Satz des von Dir hier Dargelegten hat auch nur geringste Bezüge zur Realität.

Am Beispiel Deutschland mach ich´s mal klar:

  • zunehmende Gefährdungen der Bürger – Kapitalverbrechen nehmen seit Jahren ab
  • Radikalisierungen nehmen zu – es gibt nur noch eine Nazi-Partei in Deutschland, im Gegensatz zu früher
  • Gefährdung von Gesundheit – wir werden immer älter und bleiben bis ins hohe Alter gesund
  • Einfluss von Religionen – Religionen spielen in der Politik eine immer kleinere Rolle

Was Du zu Spanien schreibst, ist schlicht reaktionär. „Franco lebt“ ist eine ähnlich faire Argumentation wie die Kanzlerin mit Hitlerbärtchen und SS-Uniform auf der Titelseitze türkischer Blätter. Beides ist zutiefst beschämend.

Hier hält sich auch kein Demokrat für einen Angehörigen einer überlegenen Zivilisation. Dies tun aber sehr wohl diejenigen, die solche Kritik üben, wie Du sie hier peinlicherweise äußerst. Die „Neue Rechte“ will diese überlegene Zivilisation gründen, die Weissen sind die überlegene Rasse, Deutschland der überlegene Staat. Die Radikalität in diesem Land ist bilpoar: Die einen sehnen sich nach der DDR zurück, die anderen nach Nazideutschland. Beide Strömungen haben auf Dauer keine Chance.

Wenn Du hier die ganze EU in den Schmutz trittst, machst Du auch ihre Einwohner zu Idioten, weil diese nicht in der Lage sind, diese riesenhafte Misere zu erkennen. Wie reaktionär, elitär, und anmaßend ist das denn?

(Und wieder einmal habe ich mich dazu hinreißen lassen, mit Impfgegnern über den Sinn von Impfungen zu diskutieren.)

Alles wird gut Franz, Hans-Jürgen Schneider

#3

die sogenannte Entwicklungshilfe verhilft den Helfern zu einem guten Gewissen, lukrativen Posten, neuen Absatzmärkten und dem angenehmen Gefühl geistig-moralischer Überlegenheit.

das fing schon mit den Missionaren an, die in den vergangenen Jahrhunderten den „Wilden“ das Christentum als überlegene Religion bringen wollten

hat nach bescheidenen überschaubaren und durchaus positiven Anfängen (EWG) teilweise monströse Züge angenommen, hat immer neue Staaten aufgenommen ohne vorher das Prinzip von Einstimmigkeit und Vetorecht abzuschaffen. Sie regelt viele Dinge, die man besser gar nicht oder auf Staats- oder Gemeindeebene regeln würde und versagt dort, wo Regelung dringend erforderlich ist: Bei der Besteuerung internationaler Kapitalgesellschaften und bei der Sicherung der Außengrenzen.

was meinst du damit, worin besteht die Uneinigkeit? (die Einigkeit sehe ich)

das Grundproblem der parlamentarisch-repräsentativen Parteiendemokratie: die Leute, die aus den innerparteilichen Macht- und Rivalenkämpfen und dann aus dem Wahlkampf siegreich hervorgehen, taugen nicht immer zum Regieren. Teilweise können sie’s einfach nicht, teilweise haben sie ausschließlich Eigen- und Partikularinteressen im Sinn.

FG myrtillus

#4

Och Hans_J_urgen, du weißt doch, dass ich Gerechtigkeits- und Verteilungsfanatiker bin. Das bedeutet, dass man für sich und alle Sorge und Verantwortung tragen muss. Und nicht nur für wenige Selbstbediener.

Dazu gehören selbstverständlich Veränderungen, in Spanien, denn keine Verfassung war je in Stein gemeißelt. Die Geschichte lehrt es. Wenn es der unteren Klientel endlich auch zum Besseren genügt ==> dann ist es mein Ding! Das ist weder reaktionär noch rechts. Im Gegenteil.

Was die EU betrifft: Selbstverständlich sind die Einwohner keine Idioten. Sie machen einen Brexit, sie lehnen die Merkelsche Flüchtlings- und Verteilungspolitik ab, sie schließen ihre Grenzen und achten auf innere Sicherheit. Sie handeln durchaus sehr verantwortlich für ihre Bürger. Und wenn mir in 8 von 14 Restaurants ein minderwertiger Fisch untergeschoben wird, dann hat die Regulierungswut der EU auf der unteren Ebene versagt!

Zu deinen „Deutschlandthemen“ sage ich nichts, soviel Zeit habe ich nicht wirklich hier.

Franz

#5

Und wie sieht zum Beispiel in Frankreich die Sicherheitslage aus? Und wie kam es dazu, dass sich in Deutschland erstmals islamistischer Terror breitmacht?

Du meinst die SPD mit Maas’ Meinungsfreiheitsbekämpfungsgesetz?

Hast du die letzten Jahre verschlafen? Hast du nicht bemerkt, wie religionistische christliche Kräfte auf den Zug der Islamisierung aufspringen und mehr Einfluss und Recht für Religion fordern (und bekommen)? In vielen Kindergärten und Schulkantinen hält man sich schon an islamische Essensvorgaben. Wo ist denn da die Freiheit?

Wieso orientiert sich die Neue Rechte denn dann im Gegenteil gerade weg von Rasse und Hautfarbe? Wieso schließt man Verbindungen, etwa nach Frankreich, Finnland, Niederlande und kämpft gemeinsam für das Ziel des friedvollen Nebeneinanders der verschiedenen europäischen Kulturen in ihren jeweiligen Nationen ohne Masseneinwanderung?

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#6

Ganz meinerseits und @Franz_00eeff-seits. Denn du hast immer noch nicht verstanden, dass Schutz vor Masseneinwanderung einen Schutz vor Islamismus und Islamisierung und darüber hinaus vor einer Erosion der solidarischen Gesellschaften bedeutet. Gründe hast du dafür keine, außer dass es bei den Deutschen auch Böse gibt (das ist in etwa das Argument der Impfgegner, dass es auch mal trotz Impfung zur Krankheit kommt).

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#7

Hallo Franz,

ganz bestimmt nehme ich Dir nicht übel, dass Du ein Gerechtigkeitsfanatiker bist. Ich stimme Dir zu, dass man für alle Mitverantwortung trägt. Auch für die Menschen, die zum Beispiel in Afrika leben; dazu hat Myrillius weiter unten einen wesentlichen Beitrag gebracht. Stichwort Imperialismus und die Folgen. Das sollte Dir doch als Linker ein Begriff sein. Da ist die Aufspaltung der Welt in immer kleinere Regionen eine Rückentwicklung, die zu mehr Ausbeutung führt.

Wichtig ist doch in jeder Gesellschaft zunächst mal, was jeder Einzelne tut. Was tue ich, was tust Du, um die Welt gerechter zu gestalten? Dein Ding – wie Du es nennst – ist weder reaktionär noch rechts. Aber das Weltbild, das Du verbreitest, ist das gleiche wie das der rechten Reaktionäre.

Jetzt noch mal der Versuch, Dir die Funktion einer repräsentativen Demokratie zu erläutern: Die Spanier haben sich eine Verfassung gegeben. Die ist nicht in Stein gemeißelt. Aber nur die Spanier können sie ändern oder abschaffen.
Ich war in Barcelona, in Gerona und anderen Städten und Dörfern Kataloniens. Es herrscht weitgehende Autonomie. Neben spanisch ist die Landessprache Amtssprache und wird auch an Schulen unterrichtet. Was die Seperatisten wollen, ist von purem Egoismus geprägt: Sie wollen nicht mit den ärmeren Regionen Spaniens teilen. Wie passt das zu Deinem Gerechtigkeitsfanatismus?

Zudem bereits 170 Firmen Katalonien verlassen haben, darunter zwei große Banken. Womit Deine Behauptung widerlegt wäre, die Wirtschaft würde auch ohne Politik funktionieren. Katalonien wäre nicht lebensfähig ohne Spanien und ohne EU.

Das mit dem Fisch ist ja ganz schrecklich, Franz. Aber kann man gleichzeitig die Regulierungswut der EU beklagen und dann lückenlose Kontrollen bis zu jedem Imbiss verlangen? Pangasius ist auch kein minderwertiger Fisch, er ist lediglich billiger als Seezunge. Ihn als solche anzubieten also Betrug. Das wird auch bestraft.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

#8

Welche Hälfte ist nun mit dem Prädikat „Idiot“ zu versehen? Es ist ja nun nicht so, als wäre die EU ein Hort hypernationaler Demokratie und Bevölkerungsbeteiligung in der Entscheidungsfindung (vgl. Europäischer Rat, „Wahl“ der Kommission).

Und was Reformfähigkeit anbelangt, hat die EU seit Jahrzehnten herzlich wenig auf die Reihe bekommen. Gerade deswegen ist sie derzeit gefangen zwischen Symbolpolitik und inhaltlicher Stagnation.

Würde uns in D der Binnenmarkt nicht (berechtigt) erhebliche Vorteile bringen, wären wir wahrscheinlich auch signifikant weniger eu(ro)phorisch.

Och, so manch Eu(ro)phoriker trägt dafür seine überlegene Haltung sehr deutlich zu Markte. Meist in der Ummantelung höchst pathetischer Phrasen (vgl. Martin Schulz, Macron).

#9