Unzukömmlichkeiten in Österreich

Hallo,

offenbar wurde ja in Österreich recht lässig mit dem Wahlgesetz verfahren, wodurch es zu „Unzukömmlichkeiten“ kam. Klasse Wort!

Gibt es denn neben der Diskussion um eine evtl. Wahlwiederholung bereits eine Diskussion über nötige Reformen? Bspw. die Wahlbriefe bereits am Wahltag selbst ab Schliessung der W-Lokale zu öffnen und gleich mitzuzählen?

Gruß
vdmaster

Servus

Ja, mit Wörtern können wir gut :smile:

Angedacht wurde vieles, aber das Hauptproblem scheint zu sein, dass man es typisch österreichisch mit den Vorgaben/Gesetzen nicht so genau nahm, wenn es eine praktischere Alternative gab.
Die meisten Vorwürfe der FPÖ sind lächerlich, wie zB das Vorsortieren der Briefe nach gültig und ungültig. Andere sind durchaus ernst zu nehmen, falls sie denn auch stimmen. Fatal ist natürlich, dass in jedem einzelnen Bezirk die Wahlkommission unterschrieb, dass alles rechtens ablief. Da es jetzt von Seiten der FPÖ so viele eidestattliche Erklärungen gibt, die etwas ganz anderes behaupten, wird es vermutlich ein gerichtliches Nachspiel (§ 311 StGB) geben.

Was die Reformen betrifft, tut sich wenig. Der Leiter der Wahlbehörde (Robert Stein) ist (noch) der Meinung, dass es keine Probleme gäbe, wenn mansich an die Gesetze hielte. Eine Auszählung am Sonntag wäre logistisch nicht möglich, da man da ja auch erst nach Wahlschluss anfangen könnte und dann würden die Beisitzer bis tief in die Nacht sitzen. Und da die ja schon um 6 Uhr anfangen, bräuchte man zwei Teams, also doppelt so viele Leute. Und schon jetzt glänzen FPÖ und Grüne Beisitzer mit ihrer Abwesenheit…

Die Bezirke sagen aber auch, dass sie selbst am Montag kaum fertig werden, wenn sie erst um 9 Uhr beginnen dürfen. Sie behelfen sich eben damit, dass man schon vorher die ungültigen Briefe aussortiert, die gültigen öffnet und zum Teil schon das Stimmkuvert entfernt. Rechtlich nicht einwandfrei, zwangsläufig aber sicher keine Manipulation. Und dass es bei den hunderten Wahlbezirken zu (menschlichen) Fehlern kommen kann, sollte auch keine allzugroße Überraschung sein.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie der VfGH entscheiden wird. 90 vorgeladene Zeugen sind schon eine Ansage und vielleicht wird es ja doch was mit einer (imho überfälligen) Wahlrechtsreform.

Lg,
Penegrin

Danke für den Einblick.

Gibt es bei euch auch eine Zwangsverpflichtung? Hier in D könnten normale Wahlbürger herangezogen werden, um bei der Auszählung zu helfen, falls man auf anderem Weg nicht genug Hiwis zusammenbekommt. I.d.R. werden Leute aus der Kommunalverwaltung gegen großzügigen Urlaubsausgleich „überzeugt“.

https://www.bundeswahlleiter.de/de/glossar/texte/Wahlhelfer.html

Ist nicht anormal hier in D. Liesse sich aber mit ausreichender Menge an Wahlhelfern auch weiter einschränken.

Es ist nur schwer nachvollziehbar, warum wir seit Ewigkeiten etwas hinkriegen, was ihr angeblich logistisch nicht bewerkstelligen könnt.

http://derstandard.at/2000039146100/Wahlbehoerde-Kein-Grund-fuer-Wiederholung-der-Wahl
Tenor: Alles okay, es ist überhaupt gar nichts passiert und es gibt nichts zu sehen. :smirk:

Ich hol mir derweil mal Popcorn für die nächsten drei Wochen. :smile:

Gruß
vdmaster

Nein, und da liegt der Hund begraben. Die Beisitzer sind im Grunde Freiwillige, die von den Parteien gestellt werden. Das klappt bei den ‚Volksparteien‘ aber deutlich besser als bei Blau oder Grün. Zusätzlich werden dann noch Beamte herangezogen, wenn es denn sein muss. Die sind aber deutlich teurer, da man als Beisitzer für den ganzen Tag stolze 44€ bekommt. Daher ist der Pool an Wahlhelfern auch enden wollend und die zwei Schichten einfach nicht möglich. Ein durchschnittlicher Sprengel in Wien hat ca. 1000 Wahlberechtigte (bei in Summe 1,1 Mio.) und da sitzen mindestens 4 bis 5 Leute. Das ist nicht wenig…

Zum Einen habt ihr 50 Jahre Vorsprung auf dem Gebiet. Zum Anderen hat sich die Zahl der Briefwähler massiv erhöht. Bei den NR Wahlen 2008 waren es 375.634, 2013 schon 542.990 und jetzt bei der BP Wahl 759.968. Das Tempo, das Regierungen bei Reformen ans Tag legen, ist ja gemeinhin bekannt :wink:

Detto. Auch wenn ich nicht mit einer Neuwahl rechne, hoffe ich doch auf eine sinnvolle Wahlrechtsreform. Ist halt wieder typisch für uns, dass es dafür erst einen Tritt in den Allerwertesten braucht :smirk:

Lg,
Penegrin

Naja, das wäre ein halbes Jahrhundert, das euch auch zum Erkenntnisgewinn zur Verfügung stand.

Hm, interessant, dass die ach so solidarischen Grünen sich dann zu fein werden, sobald man mal arbeiten soll (wird wohl als Diskriminierung empfunden). Die von der FPÖ sind ja „ungebildet“ und von daher entschuldigt, wenn sie das Wahllokal nicht finden. :stuck_out_tongue_winking_eye:

Mit dem (wahrscheinlich üblichen) Tag Sonderurlaub für die Komunalverwaltenden und einigen Enthusiasten fahren wir hier scheinbar ganz gut.

Es könnten dieses Mal rund ein Viertel aller Wähler sein, die auf diesem Weg von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.

Es ist schon sehr seltsam. Seit über zwanzig Jahren bin ich doch glatt jedesmal genau an einem Wahltag ganz dringend woanders und muss auf die Briefwahl ausweichen. Woran das wohl liegen mag? :smirk:

Gruß
vdmaster

Von den Pief… was abschauen? Sag mal, geht’s noch? :rage:

Das wäre doch direkt logisch, rational und effektiv und damit zutiefst unösterreichisch :grin:

Lg,

Ausserdem wäre es noch historisch vorbelastet, würde an die dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte erinnern und gerade in der heutigen Zeit bei euch alte Traumata wecken.

Gruß
vdmaster

P.S.: Jetzt aber Pssst wg. OT :stuck_out_tongue_winking_eye:

Ich muss mich hier korrigieren. Hab jetzt die Nationalrats-Wahlordnung durchgelesen und bei § 6 Absatz 4 heißt es doch tatsächlich:
Das Amt des Mitgliedes einer Wahlbehörde ist ein öffentliches Ehrenamt, zu dessen Annahme jeder Wahlberechtigte verpflichtet ist, der in der Gemeinde, in der die betreffende Wahlbehörde ihren Sitz hat, seinen Hauptwohnsitz hat.

Offenbar handelt es sich dabei aber um totes Recht, welches wiederbelebt werden soll. In dem Artikel steht auch, dass es österreichweit 10.300 Wahllokale gibt, in denen mindestens 3 Leute sitzen müssen. In den 113 Bezirkswahlbehörden wiederum müssen es mindestens fünf sein.

Lg,
Penegrin

Merci.

Scheinbar lag ich da gar nicht so falsch:
BAK ermittelt gegen FPÖ-Beisitzer
Demnach richten sich die BAK-Ermittlungen gegen bekannte und unbekannte Täter wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und „Falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt“ (Paragraf 311 des Strafgesetzbuches). Zu den Verdächtigen zählen laut „profil“ Mitglieder von Bezirkswahlbehörden, darunter auch FPÖ-Wahlbeisitzer, die in eidesstattlichen Erklärungen zur FPÖ-Wahlanfechtung Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Wahlkartenstimmen beklagen, obwohl sie die ordnungsgemäße Auszählung per Unterschrift auf das Protokoll zuvor bestätigten.

:joy: Schon ein etwas einseitiger Titel. Wobei es natürlich nur schwer erklärbar sein dürfte, warum man einerseits seine Unterschrift gibt und andererseits dann Manipulationen beklagt und anprangert.

Wahrscheinlich trauten sie sich nicht, ihre Unterschrift zu verweigern, weil ein „Klima der Angst“ herrschte. :cry:

Gruß
vdmaster

Ich finde es eine Frechheit von Böhmdorfer (u.a. ehemaliger Justizminister), dass er die Beisitzer so in die :poop: reitet. Mir muss keiner erzählen, dass er nicht ganz genau wusste, dass das passieren würde. Und ich trau mich wetten, als man die eidesstattlichen Erklärungen vorlegte, wurde das nicht erwähnt.