Ursprung der Geschichte vom eingebildeten Toten

Hallo,

ich hab mal eine Story gehört von einem Geisteskranken, der sich einbildete tot zu sein. Alle redeten auf ihn ein und brachten zahlreiche Argumente die beweisen mussten, dass lebendig ist: „Aber du atmest doch, läufst herum und redest mit und. Das können Tote nicht“. Aber auf jedes Argument wusste er eine absurde Antwort mit der er versuchte sich herauszureden um an seiner Meinung festhalten zu können: „Das sind nur Reflexe wie sie bei kürzlich Verstorbenen manchmal noch auftreten können. Ich bin ganz bestimmt tot!“
Man wusste sich nicht mehr zu helfen und brachte ihn schließlich zu einem Arzt, in der Hoffnung, dass der ihn von der Wahnhaftigkeit seiner Idee überzeugen könne. Der Arzt redete lange auf den „Toten“ ein, aber wie zuvor kannte der immer eine „plausible“ Erklärung. Der Arzt wusste sich nicht mehr anders zu helfen und fragte den Irren: „Können Tote bluten?“. Er üblegte kurz und antwortete: „Ähm… nein.“ Da ergriff der Arzt eine Nadel und stach seinen Patienten damit schnell in den Arm. DIeser schaute erschrocken auf die Stelle in seinem Arm wo sich ein kleiner Blutstropen bildete und anfing über die Haut zu rinnen. Da schrie er auf: „Oh nein“ Tote können doch bluten!"

Ich denke nicht, dass sich die Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, aber irgendjemand muss sie sich mal ausgedacht haben.
Weiß jemand wo oder bei wem diese Story ihren Ursprung hat?

Für eventuelle Antworten bedanke ich mich im Vorraus.

Logik und Wahnsinn
Das Wahnphänomen des eingebildeten Toten hat in der gesamten Psychiatriegeschichte vom 17. bis 19. Jhdt eine herausragende Rolle gespielt. Man ging von der Vermutung aus, daß der Wahn jeder Art (damals meist unter der Bezeichung „Melancholie“) entgegen dem Anschein doch den Gesetzen der Logik folgt. Wenn auch meist mit Logikfehlern behaftet. Die genauere Bestimmung dieser Fehler - und dementsprechend der Verweis auf daraus folgende Widersprüche - sollte dann den Weg zu einer jeweiligen Therapie weisen können.

Der historisch früheste Hinweis auf das Paradebeispiel ist vermutlich:
Pieter van Forest: Observationum et Curationum Medicinalium ac Chrurgicarum. Frankfurt 1623

Darin erzählt Forest die Geschichte von einem „melancholisch“ Kranken, der sich für tot hält und entspechend der Schlußfolgerung „Tote essen nicht“ jede Nahrungsaufnahme verweigert. Dessen Ärzte machen nun eine Trick: Sie führen ihn zu einem Sarg, in dem eine „Leiche“ liegt. Diese richtet sich auf und verlangt zu essen. Dadurch sieht der Patient ein, daß seine Prämisse nicht stimmt: Tote essen sehr wohl - und er beginnt zu essen.

In dem Bericht geht es Forest allerdings um einen eigenen aktuellen Patienten: Ein Theologe, der sich tot wähnt und sich bereits in der Hölle befindet und Feuerqualen leidet. Und diesem Patienten erzählt Forest die o.g. Geschichte - mit dem Erfolg, daß der Theologe dadurch seinen Wahn überwunden habe.

In der Öffentlichkeit bekannter geworden ist dieses Wahnphänomen in der Literaturgeschichte aber durch den Satiriker Johann Michael Moscherosch (1601-1669):
„Wunderbahre Satyrische gesichte verteutscht durch Philander von Sittewald“, Straßburg 1640
und danach als
„Wunderliche und Wahrhafftige Gesichte Philanders von Sittewald“. Straßburg 1642.
(Eine Neuauflage unter dem Titel „Visiones de Don Quevedo“, Hildesheim 1974)
„Philander von Sittewald“ ist das Pseudonym von Moscherosch.

In dessen zeitgenössisch vielgelesener Sammlung kommt der „Ertzfantast“ vor, der sich für einen körperlosen Geist hält und ebendeshalb, weil Geister keine Nahrung brauchen, nicht essen und nicht trinken will. Einer seiner Ärzte läßt nun zwei Leute bei ihm auftreten, die sich mit weißen Laken als „Geister“ verkleidet haben - und die bei aufgetischten Speisen kräftig zulangen. Dadurch läßt sich der eingebildete Geist überzeugen, daß entgegen seiner Annahme Geister doch essen und trinken und so langt auch er zu. Und so ist er nicht mehr gefährdet, an Unterernährung zu sterben.

Das ist nun Literatur, und diese findet bis heute immer wieder Autoren, die die Geschichte individuell abwandeln.

In der Wissenschaftsgeschichte ist es aber lange ein prototypisches Beispiel geblieben, obwohl es keine Beweise gibt, daß diese Therapiemethode tatsächlich funktionierte. Solche Wahnphänomene gibt es allerdings tatsächlich. Nicht viel später als die Satiren von Moscherosch erscheint eine Publikation des Holländers
Lanfrancus Paolo Zacchia: „Questionum Medico-Legalium Tomi Tres“. Frankfurt 1666.
Darin berichtet er von einem „Melancholiker“, der behauptet, tot zu sein, und, weil Tote nicht essen und nicht sprechen, dürfe auch er nicht essen und nicht sprechen …

Das dürften die frühesten Zeugnisse für dieses auch heute noch gerne von Schriftstellern aufgegriffe Phänomen sein.

Gruß
Metapher

Darf ich …
… die Quellenangabe nachreichen, in der all diese Metaph’orischen -und viele weitere- Geschichten bei Interesse breiter nachzulesen sind:
http://www.amazon.de/Furor-satiricus-Studien-Deutsch…

Gruß
Floribello

P.S.: Freuds Senatspräsident Schreber fällt mir spontan als der wohl berühmteste „eingebildete Tote“ der Medizingeschichte ein, auch wenn das bei dem sehr passager war. Aber immerhin war ihm bei sogar das erste Verwesungsstadium mit dabei:
https://books.google.de/books?id=FtCfBgAAQBAJ&pg=PA1…

4 Like

… und im Übrigen ,
Hi F.,

und hast du den illustren „Furor satiricus“ komplett durchgeackert? Ich hab den Wälzer schon unzähligen Psychotherapeuten als unabdingbar ans Herz gelegt (natürlich mit wenig Erfolg). Und für Philosophiestudenten zähle ich es seitdem eh zur Basisliteratur.

Meine erste Begegnung mit diesem Phänomen war btw. tatsächlich zunächst Zacchia, als ich Mitte der 80er über die logische Struktur schizophrener Wahn- bzw. Phantasiebildungungen forschte und Seminare veranstaltete. Der Schreber („Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken“) war damals auch der auslösende Faktor.

Der Beruf brachte dann (viel später erst und wegen der leichter zugänglichen besagten Neuauflage) Moscherosch vors Visier: Satire, Ironie, Zynismus, Sarkasmus als „höhere“ Ebenen des Dialogs. Im Zusammenhang von (psycho)therapeutischen Dialogtechniken bei Persönlichkeitsstörungen und sog. formalen Denkstörungen. Und dann kam 2002 Deupmanns „Furor“ als Offenbarung heraus: Das ganze Themen- und Problempaket in 1 Block. Seitdem auch für jeden Philosophie- und Psychologiehistoriker ein sine qua non.

Gruß
Metapher.

und hast du den illustren „Furor satiricus“ komplett
durchgeackert?

Die Zeit, lieber Metapher, die Zeit … insofern war diese Nennung schon auch eine wichtige Mahnung an mich selbst.

Gruß
F.

Anspruch auf Wissenschaftlichkeit

Da schrie er auf: […] „Tote können doch bluten!“

Der angeblich Tote kann also wenigstens schreien, und wenn man alle die Bemühungen zu den von dir bereits ausgiebig geschilderten auch noch die von anderen Postern hier liest, die diese ganzen ärztlichen und therapeutischen Bemühungen sogar noch überbieten, bekommt man vielleicht einen Eindruck von der ungeheuren Macht der Götter in Weiß, deren medizinische Ausbildung nach der Philosophie der Mechanik zu ihrer Funktionalität verhilft, die deshalb so wichtig ist, weil ja alle Menschen von diesem Urproblem des Todes betroffen sind. Oder besser gesagt, wer will schon sterben und tot sein, wenn er glücklich leben könnte, was ja der eigentliche Grund dafür ist, warum Kranke überhaupt zum Arzt gehen.

Der wesentliche Unterschied zwischen Toten und Lebendigen liegt meiner Ansicht darin, dass Tote nichts fühlen, ihr Körper ist sozusagen so tot, wie der einer Puppe. Deswegen ist die ärztliche Therapie auch nicht sehr hilfreich, dem eingebildeten Toten nachweisen zu wollen, dass Tote sowohl essen als auch bluten können oder was auch immer sonst noch können.

Die Erkenntnisse der Ärzte und Psychologen sowie Philosophen war in der Zeit der überlieferten Geschichte noch sehr viel unterbelichteter als heute, denn nur so sind diese Therapiemethoden in ihrer Umständlichkeit überhaupt zu verstehen. Wenn, wie im Beispiel erwähnt, der Arzt dem Geisteskranken eine Nadel in den Arm sticht, um ihm zu beweisen, dass Tote nicht bluten können, der Patient jedoch in seiner geistigen Logik daraus den Schluss zieht, Tote können sehr wohl nachweislich bluten, kann man mit dem gesunden Menschenverstand auch fragen, was diese Arzt-Patienten-Logik überhaupt für einen Sinn macht. Der Patient reagiert auf die Therapie mit seiner eigenen Logik, die deswegen als krank interpretiert wird, weil dieser verwirrte Patient in seinem Geist scheinbar keinen authentischen Zugang besitzt, zu seiner biologischen Existenz als Lebewesen, weil seine geistige Abspaltung vom körperlichen Sein so extrem ist, wie es eigentlich gar nicht wirklich vorkommt.

Doch gesetzt der Fall, es wäre tatsächlich nicht nur eine erfundene Geschichte, wonach als Held der Arzt gilt, der diesen Geisteskranken von seiner falschen Lebensweise angeblich heilen konnte, wäre doch die beste Heilmethode die, dem Kranken zu zeigen, wie sehr er die Schmerzen wahrnehmen kann, sobald man ihm welche zufügt, und zwar nicht nur durch einen kleinen unscheinbaren Stich in die Adern, um zu beweisen, dass er gar nicht wirklich tot ist, es soll ja auch Puppen geben, die künstlich bluten können mittels rot gefärbter Tinte oder Ketschup raus lassen, um Blut künstlich vorzutäuschen, sondern durch Zwicken oder kräftiges Schlagen, wodurch der Patient dadurch erfahren kann, dass bei immer stärkerer Attacke er diesen Schmerz nicht länger ertragen will, hingegen ein Toter gar nicht reagiern würde.

Es geht in der modernen und postmodernen Philosophie um Werte, deren Relevanz darin besteht, Leben zu verstehen, und zwar in seiner Bedeutung. Im Gegensatz zum Dogma der Mechanik, wo die Physik mit Hilfe der Mathematik zur Funktionalität anleitet, ist das Leben gebunden an eine Emotionalität der beiden Extrem-Pole von Lust und Schmerz, was kulturunabhängig ist, weil es nichts damit zu tun hat, ob man an diese oder eine andere „Wahrheit“ glaubt, sondern dass grundsätzlich alle Menschen von Emotionen abhängig sind, die letztlich die eigentliche Logik des Lebens hinter der funktionalen Logik ist.

Wie neue Erkenntnisse der heutigen Philosophie und Wissenschaft aufzeigen, versucht man mittels dem Phänomen der Emotionen dem realen Verständnis des Lebens näher zu kommen, wie zum Beispiel der Gegenwartsphilosoph Kevin Mulligan, Professor an der Universität Genf, der sich mit Erkenntnistheorie, Ontologie und Emotionstheorie beschäftigt, er schreibt:

"Was sind Emotionen? Ich nehme als unumstritten an… (1) Trieb[e] oder Instinkt[e]… (2) Emfindungen und Gefühlsempfindungen, wie… Schmerz… oder… Jubel [euphorische Lust]… (3) Stimmungen… (4) Emotionen… Triebe und Empfindungen oder Gefühlsempfindungen benötigen keine kognitiven Grundlagen…"

Diese Erkenntnis wird auch von der modernen Hirnforschung (u. a. von Gerhard Roth und Antonio Damasio) bestätigt, wobei mir persönlich wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass die moderne Hirnforschung zum Beispiel nach Antonio Damasio und seiner provokanten Polemik gegen René Descartes (vgl. „Descartes Irrtum“ sowie „Ich fühle, also bin ich“) ohne Kognitionen gar nicht erforschbar und wissenschaftlich beschrieben werden könnte, also Emotionen ohne Kognitionen nicht denkbar sind, am allerwenigsten mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit.
Penso

Diese Erkenntnis wird auch von der modernen Hirnforschung (u.
a. von Gerhard Roth und Antonio Damasio) bestätigt, wobei mir
persönlich wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass die moderne
Hirnforschung zum Beispiel nach Antonio Damasio und seiner
provokanten Polemik gegen René Descartes (vgl. „Descartes
Irrtum“ sowie „Ich fühle, also bin ich“) ohne Kognitionen gar
nicht erforschbar und wissenschaftlich beschrieben werden
könnte,

Offensichtlich.

also Emotionen ohne Kognitionen nicht denkbar sind,

Wo ist „also“ was ja eine elementare logische Folge sein sollte da erkennbar?
Wo du sie ausmachst ist mir noch nicht klar.

am allerwenigsten mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit.

Das stimmt, dazu ist halt Kognition unerläßlich, das wusste schon Aristoteles:smile:

Penso

Balázs

Der Zusammenhang, in dem ich diese Story gehört habe, war die menschliche Erkenntnisfähigkeit. Jeder Mensch kann nur Annahmen treffen und nichts mit absoluter Sicherheit wissen. Es bleibt nur die Frage, ob eine Annahme vernünftig ist, weil sie durch Fakten belegt werden kann.
Im Fall des eingebildeten Toten kann wohl so ziemlich jeder mit Gewissheit sagen, dass er nicht tot ist und daher einer Wahnvorstellung unterliegt. Man spricht von einem Wahn, wenn jemand an einer Vorstellung festhält, obwohl sie unmöglich wahr sein kann, weil alle bekannten Fakten dagegen sprechen.
Es ist nahezu unmöglich den Wahnsinnigen zu „heilen“ indem man ihm mit sachlichen Argumenten und Logik versucht davon zu überzeugen, dass seine Überzeugung falsch ist.
Der Wahnsinnige wird immer nach '„scheinbar“ logischen Begründungen suchen um zu zeigen, dass seine Überzeugung doch korrekt oder zumindest nicht zu widerlegen ist.

Die Wahnvorstellung, dass er tot ist, steht ganz am Anfang. Warum auch immer, der Wahnsinnige ist felsenfest davon überzeugt, dass er tot ist. Alle logischen Argumente und empirischen Fakten, die dagegen sprechen, müssen also falsch oder fehlerhaft sein.

  • „Tote können nicht sprechen oder sich bewegen.“ - „Dass ich noch sprechen und mich noch bewegen kann obwohl ich tot bin, muss erklärbar sein: Es handelt sich nur um körperliche Reflexe die „kurz“ nach dem Tot noch auftreten können.“

  • „Tote können nicht bluten.“ - „Ich blute obwohl ich tot bin, also war die vorherige Annahme, dass Tote nicht bluten können falsch.“

Dass diese Logik für den Wahnsinnigen funktioniert, liegt daran, dass sie tatsächlich logisch ist. Er kommt zu logisch korrekten Schlüssen. Nur die Annahmen, aus denen er logisch korrekte Schlüsse zieht, sind nicht wahr.

Ein Beispiel für einen korrekten Schluß aus falschen Annahmen:

  • Annahme 1: Alle Menschen sind dick.
  • Annahme 2: Peter ist ein Mensch.
  • korrekter Schluß: Peter ist dick.

Die erste Annahme ist ganz klar falsch, da nachweislich nicht alle Menschen dick sind. Trotzdem ist der Schluß, dass Peter dick sei, unter dieser falschen Annahme logisch korrekt. Da wir wissen, dass die erste Anahme falsch ist, können wir nicht darauf schließen, dass Peter dick ist. Selbst wenn wir festellen würden, dass Peter tatsächlich dick ist, wäre das nur Zufall und würde die erste Annahme nicht bestätigen.

Ein Beispiel für einen falschen Schluß wäre:

  • Annahme 1: Alle Menschen sind dick.
  • Annahme 2: Peter ist dick.
  • falscher Schluß: Peter ist ein Mensch.

Nur aus der Annahme, dass Peter dick ist, kann man nicht schließen, dass Peter auch ein Mensch ist, weil alle Menschen dick sind. Peter könnte auch eine dicke Katze sein.

Ein Beispiel aus der „Realität“, das mich an diese Geschichte vom eingebildeten Toten erinnert, ist:
Viele Gläubige sind davon überzeugt, dass die Bibel vom Schöpfer des Universums offenbart wurde. Der Beweis dafür ist, dass sich tausende von Prophezeiungen in der Bibel tatsächlich erfüllt haben.
Es handelt sich dabei um eine Aneinanderreihung von mehreren Annahmen:

  • Es gibt einen Gott.
  • Die Bibel stammt von Gott.
  • Die Bibel enthält Prophetien.
  • Die Prophetien sind alle eingetroffen.
  • Kein Mensch kann etwas prophezeien ohne dass ein allwissender Gott Einfluss nimmt.
    Schluß: Die Bibel ist wahr: Es gibt einen Gott und es ist der christliche Gott der Bibel.

Es würde sich tatsächlich um einen unumstößlichen Gottesbeweis handeln, ethielte die Bibel tatsächlich tausende Prophezeiungen die alle eingetroffen sind (Es würde sogar nur eine einzige erfüllte Prophezeiung ausreichen).
Aber die Gläubigen, die so argumentieren, haben offensichtlich ein falsche Definition von Propohetie. Um es abzukürzen: Es handelt sich um keine Prophetie, wenn die Bibel die Geburt Jesu vorraussagt, während das Eintreten dieses Ereignisses ebenfalls in der Bibel beschrieben wird und es nicht möglich ist zu überprüfen, ob es diesen Jesus tatsächlich gegeben hat. Und es handelt sich ebenfalls nicht um eine Prophezeiung, wenn das vorhergesagte Ereignis nicht genau beschrieben und/oder wenn der Zeitpunkt nicht vorgegeben wurde.
Ich bin also kein Prophet wenn ich vorhersage, dass im Jahr 2016 ein Krieg stattfinden wird. Es ist anzunehmen, dass sehr wahrscheinlich irgendwo auf der Welt mindestens ein Krieg im Jahre 2016 stattfinden wird. Und selbst wenn entgegen aller Erwarten das gesamte Jahr 2016 kein einzige militärischer Konflikt stattfinden sollte, könnte man „Krieg“ als etwas definieren das nicht unbedingt Waffengewalt vorraussetzt.

Ebenso müsste dieser „Gottesbeweis“ widerlegt werden können, indem man mindestens eine Prophetie in der Bibel findet die sich nicht erfüllt hat. Tatsächlich gibt es davon mehrere.
Aber diese Apologeten verhalten sich ähnlich wahnhaft wie der eingebildete Tote, wenn er immer wieder nach Argumenten für die Richtigkeit seiner Überzeugung sucht und letztendlich zu dem Schluß kommt, dass Tote doch bluten können. Sie sehen in den unerfüllten Prophetien sogar noch einen zusätzlichen Beweis für den göttlichen Ursprung der Bibel: Indem Gott etwas prophezeit hat, veränderten die Menschen ihr verhalten dahingehend, dass diese Prophezeiung nicht eintritt - somit hatte Gott erreicht was er wollte: Ein verändertes Verhalten der Menschen. Dass die Prophezeiung nicht eingetroffen ist, ist ein Beweis für das Wirken Gottes.

(Zum Thema, „Als Mensch kann man nicht im Besitz absoluter Wahrheiten sein.“:
Man kann zwar mit SIcherheit wissen, dass z.B. 1+1 zwei ergibt, aber die Mathematik ist eine Strukturwissenschaft - sie Beschreibt nur Strukturen der Realität und nicht die Realität selbst. Als Mensch können wir nichteinmal sicher sein, was Realität ist und ob sie überhaupt existiert - wir könnten in einem Traum leben und hätten keine Möglichkeit das herauszufinden.
Auch wenn es sich bei der Aussage, dass der Mensch kein absolut sicheres Wissen erlangen kann, um ein absolut sicheres Wissen handelt, widerspricht das nicht dieser Aussage, denn damit ist nichts über das ausgesagt, was der Mensch nicht mit absoluter Sicherheit wissen kann. Diese Aussage beschreibt nur diesen einen Fakt und sagt nichts über die „Realität“ aus.)