Oft wird so was zitiert wie: „Und wer ein Ding oder ein Wesen benennen kann, der kennt es und hat Macht darüber.“ Sinngemäß auch zum Rumpelstilzchen-Märchen.
Weiß jemand, wo diese Weisheit herkommt bzw. überliefert wurde?
PatrickFR
Oft wird so was zitiert wie: „Und wer ein Ding oder ein Wesen benennen kann, der kennt es und hat Macht darüber.“ Sinngemäß auch zum Rumpelstilzchen-Märchen.
Weiß jemand, wo diese Weisheit herkommt bzw. überliefert wurde?
PatrickFR
In Principio, Gen 1,3
Hallo PatrickFR,
kann sein, dass es noch ältere Ursprünge gibt, aber tonangebend ist Gen 1,3 (spätestens ca. 4. Jhdt. v. Chr., evtl. auch erheblich älter): Da sprach Gott: Es werde Licht. Und es wurde Licht.
Gruss,
Mike
Hi
In der europäischen Magie heißt es, wer den Namen eines Dämonen kennt, kann ihn bannen.
Tatsächlich aber heißt das auch, dass man ihn beschwören kann. So finden sich schon in der Bibel Hinweise darauf und später entwickelte sich eine reichhaltige Dämonologie in der christlich-völkischen Tradition, bei der es vor allem darum ging Dämonen zu benennen und zu klassifizieren, daraus gingen dann Werke wie die Goetia hervor http://de.wikipedia.org/wiki/Ars_Goetia.
Wie gesagt, dies fällt unter Volksglauben und teilw. auch Mystik.
Warum also Namen? Sie sind essentieller Bestandteil der Wortmagie. Was ist Wortmagie? Dies bezeichnet jede Form von Magie, also den Versuch, auf etwas außerhalb der natürlichen Gesetze einzuwirken, der kein Bildzauber ist. Bildzauber ist z.B. das, was viele unter „Voodoopuppen“ verstehen (auch wenn die nicht wirklich etwas mit Voodoo zu tun haben), aber auch wirklich verfluche Bilder („der weinende Knabe“ in England z.B. oder literarisch das Bild des Dorian Gray), auch Amulette und Talismane wie z.B. die Fledermaus aus Silber, die gegen den „bösen Blick“ schützen soll.
Wortmagie ist dagegen die Magie, die sprachlich oder schriftlich ausgeführt wird, darunter fallen Zaubersprüche, Zauberformeln, Flüche, Fluchsteine, „magische“ Schriftrollen, Sygillen u.ä.
Und diese Wortmagie gab es eben nicht nur in Europa, sondern auch im alten Orient, genau wie Siegelamulette in der Kategorie „Bildzauber“. Dort aber gab es nicht nur Daemonen, denn das was man später als „daemon“ bezeichnete waren im alten Orient mehre Luftgeister, manchmal Totengeister. In der Bibel wurden auch andere Götter oder Fabelwesen als „Dämonen“ übernommen, ein Wort für „Dämonen“ an sich hatten die alten Hebräer nicht, es gab wohl aber ṣijjîm; Ijjîm, eine Art Feldgeister oder dämonischer Tiere (sorry ich kann an meinem PC keine hebräischen Zeichen darstellen).
Beschworen haben die Israeliten selbst nicht, das haben immer nur „die anderen“ getan und es wurde negativ dargestellt, so findet sich das z.B. in der Geschichte um Saul dem es danach allerdings schlecht erging oder die Totenbeschwörng Salomos.
Sowohl für Beschwörung wie Abwehr gab es Formeln, es gibt Untersuchungen über Reste solcher FOrmeln auch in der Bibel, v.a. in den Psalmen, aber da lässt sich noch nichts halbes und nichts ganzes sagen, mangels Hebräischkenntnisse kann ich es auch nicht näher nachprüfen.
Jedenfalls findet sich dort, also in der Bibel, vielleicht auch in biblischer Zeit, wohl der Ursprung für die christliche und jüdische Wortmagie später im mittelalterlichen und neuzeitlichen (sogar modernen) Europa. Aber natürlich gibt es Wortmagie auch in den meisten anderen Kulturen.
Die Wortmagie hält sich bis heute, es geht einfach darum, das, vor dem man sich fürchtet oder von dem man Gefahr erwartet, zu benennen. Wenn das Ding einen Namen hat, ist es nicht mehr so unheimlich und man kann „sich helfen“.
Darum gibt es in Europa auch die „Schwarzen Männer“, den „Bogus“ und ähnliche Gestalten von denen man Kindern erzählt, damit sie brav sind, aber auch damit sie einen Namen haben vor der Dunkelheit, in der sie Monster u.ä. vermuten. Und mit diesen Benennungen werden allzuoft auch entsprechende „Abwehrformeln“ geliefert, und wenn es nur ein „Schwarzer Mann geh weg!“ verbunden mit einem Kreuzschlag ist. Auch das ist Wortmagie.
Kurz gesagt: Dass Namen Macht über etwas geben ist wahrscheinlich so alt wie die Namen selbst. Wenn etwas einen Namen hat, dann hat es Eigenschaften. Wenn etwas nicht nur „eine Pflanze“ ist, sondern auch „Kamille“, weiß ich, dass ist gut für den Magen. Es gibt mir medizinische Macht (im kleinsten Rahmen). Wenn ich weiß, was „Feuer“ ist, weiß ich, dass ich es mit „Wasser“ löschen kann.
Und wenn ich weiß, dass ein Dämon „Asmodis“ heißt, kann ich ihn mit einem passenden Bann bändigen. Wenn ich aber nicht weiß, wie der Dämon der mich angreifen mag oder vielleicht meinen Ehemann besetzt hat heißt, ist guter Rat teuer im Angesicht der vielen Anti-Dämonensprüche die es da gibt. Da müsste dann ein religiöser Spezialist der jeweiligen Ausrichtung ran, der sich damit auskennt.
Auch Rumpelstilzchen war ein böses Wesen - ein Dämon, ein Waldgeist, vielleicht der Teufel selbst - und sobald die frische Prinzessin seinen Namen kannte, hatte sie Macht über ihn - sie wusste was er war, konnte ihn einordnen - und so konnte Rumpelstilzchen nicht gewinnen, weil sie evtl. ein Amulett angebracht hätte dass ihn vom Kind fernhält. Daraufhin ärgert es sich so sehr, dass es platzt, sich selbst in zwei reisst oder aufstampft, den Boden spaltet und zur Hölle fährt, je nachdem welche Version du gelesen hast.
lg
Kate
Nachtrag
Psalm 43 wird von einigen als noch älter eingestuft:
„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, Mein bist du.“ Evtl. weitere Bibelstellen (bspw. die Rufe an den Namen Gottes im Buch Exodus) kommen für naheliegende Gedanken in Frage.
Eigentlich kann ich dir gar nicht weiterhelfen, außer, dass ich dir einen Link beisteuer, http://www.maerchenlexikon.de/at-lexikon/at500.htm poste, der zumindest verschiedene Varianten des Motivs aufzeigt, wo man denn auch auf die Verbreitung kommen kann.
Neben den Märchen gibts natürlich auch noch im Judentum die Mystik um den den Namen Gottes (bzw auch im Koran, wo Salomon ein Amulett mit dem Namen Gottes trägt, durch das er die Dschinne beherrschen kann), manche „Tabus“ auch im Christentum den Teufel ( - Gottseibeiuns-) nicht aussprechen zu dürfen „sonst kommt er gerannt“, bzw natürlich Markus 4,5 in dem Jesus den den Gerasener besitzenden Dämon fragt, wie er heißt, ehe er sie ( die Geister) in die Sauherde treibt.
Über einige Stämme der Australischen Ureinwohner wird ebenfalls berichtet, dass bei einer Initiation oder Geburt auch besondere Namen gegeben werden, die eine persönliche Beziehung zu einem Tier herstellen. Bei einigen Indianerstämmen in Nordamerika gibts das auch, da erscheint einem sein Schutzgeist im Traum, und teilt ihm seinen wahren Namen mit, mit dem er ihn zum Schutz anrufen kann.
Also wie du siehst, alles recht schwierig und dem Grunde nach weit verbreitet, und alles vor verdammt langer Zeit entstanden, so daß man nun wirklich nur spekulieren kann.
Persönlich würde ich vermuten, dass es mit der Tatsache zu tun haben mag, dass ein wahrer Name tatsächlich Macht über eine Person verleiht, da er ja Auskunft über eine Stammes- Familien- oder Religionszugehörigkeit gibt - was zu Zeiten von Blutrache ja wirklcih blöd sein kann.
Nicht umsonst tragen die meisten von uns auch nicht unbedingt ihren Wirklichen Namen, wenn wir uns im Netz bewegen. Hier ist es finde ich auch recht spannend, dass die Netzidentität bei vielen viel eher einem „wahren Namen“ entspricht, so daß hier durchs mitteilen
des bürgerlichen Namens ( bzw umgekehrt der Netzidentität ganz faszinierende soziale Interaktionsmöglichkeiten eröffnet werden).
So… wie gesagt, alles nur spekulation, und ab „Persönlich…“ ist es alles wirklich nur Meinung, und hat hier im Forum eigentlich nix zu suchen:wink:
grüße, sober
Moin, Patrick,
Oft wird so was zitiert wie: „Und wer ein Ding oder ein Wesen
benennen kann, der kennt es und hat Macht darüber.“
der Titel ist wohl ein großes Missverständnis: Es geht nicht darum, Namen zu wissen, sondern Begriffe zu prägen, also einem Wort oder einem Namen eine Bedeutung zu geben. In der 60ern hieß das Schlagwort in Politik und Wirtschaft „Begriffe besetzen“ - nicht das böse Atom, sondern die Kernkraft sollte den Segen bringen; wir waren erstmal gegen die Obrigkeit, deshalb war alles gut, was mit Anti anfing (nur zwei Beispiele unter Tausenden).
Hat mit Religion herzlich wenig zu tun, die gewinnt ihre Macht aus der Angst.
Gruß Ralf
OT: Religions-Wissenschaft (!)
die gewinnt ihre Macht aus der Angst
kann man nicht als wissenschaftliche Aussage qualifizieren, das ist ein Glaubensbekenntnis und sonst nichts.
Gruss,
Mike
Hi Mike,
die gewinnt ihre Macht aus der Angst
kann man nicht als wissenschaftliche Aussage qualifizieren,
das ist ein Glaubensbekenntnis und sonst nichts.
eh wurscht, weil wir im falschen Brett sind.
Gruß Ralf
Nicht mehr OT…
Hallo Ralf,
das ist nicht mit Sicherheit anzunehmen.
Warum sprechen wir von „Wort-“/„Buch-“ Religionen? So manche Autorität ist doch eine Autorität des Wortes und des Glaubens zugleich, also eine Autorität der Namensgebung und der Religion.
Gruss,
Mike
Oft wird so was zitiert wie: „Und wer ein Ding oder ein Wesen
benennen kann, der kennt es und hat Macht darüber.“ Sinngemäß
auch zum Rumpelstilzchen-Märchen.
Das ist magisches Denken, sicher.
Aber wie groß ist eigentlich der Unterschied z. B. zwischen der Diagnose eines Arztes in der Klinik und der eines Medizinmannes im Busch: Der eine benennt die Krankheit, der andere den bösen Geist - Beides ist Voraussetzung, um das erkannte und benannte Übel beherrschbar zu machen.
(Wieviel Magie beim Arzt im Spiel sein kann, lassen wir da noch ganz unerörtert.)
H.
Zurück zum Topic
Hi Mike,
Warum sprechen wir von „Wort-“/„Buch-“ Religionen?
das ist mir zu weitab vom Schuss. Die Frage lautete, ob dem, der Dinge beim Namen kennt, dadurch Macht erwächst.
Gruß Ralf
Das ist doch schon nahezu dieselbe Frage!
Ein Wort, das keine Bedeutung, ein Buch, das keinen Sinn hat, ist doch keine Religion wert. Ein Name, auf den nicht gehört wird, ist auch kein Name, er wird dazu, weil auf ihn gehört wird.
Gruss,
Mike
Vielen Danke für die Antworten.
Ich meinte eher so was wie Kate geschrieben hat. Ich wollte das o.g. in meiner Sprüche-/Zitatesammlung aufnehmen und hab ein gutes Zitat dafür im internet gesucht.
Am prägnantesten erschien mir das Zitat aus einem Schamanischen Ritual zur „Namensgebung“ (). Ich fand aber keine zufriedenstellende Quellangab…) - vielleicht die älteste Überlieferung? Deshalb ha…
Hi
Ich würde es als „internationaler Volksglaube“ bezeichnen, weil es ja überall vorkommt, fast schon universell. Sogesehen könnte man auch von einem „internationalen Prinzip“ sprechen, aber das verstehen die Leser vielleicht nicht.
Wiki hat einen etwas versteckten Eintrag mit ein paar weiteren Beispielen http://en.wikipedia.org/wiki/True_name
Dein Zitat stammt übrigens aus den „Eathsea“ Fantasyromanen von Leguine, dort habe ich es zumindest im Wortlaut gefunden.
Der Tropus für Märchenerzählungen heißt „Name of the Helper“, das solltest du im Aarne-Thompson Verzeichnis finden (englische Wiki hat eine magere Liste davon)
lg
Kate
Klasse!
Woher weißt Du so was bzw. wo findest Du so was? Google reicht da nicht…
Du weißt nicht zufällig noch aus welchem Band von Earthsea das ist?
Erdsee-Zyklus: * A Wizard of Earthsea (1968) (deu…
Hi
So wie es aussieht, stammt das wohl aus dem ersten Band.
Tja, ich habe einen schwarzen Gürtel in google-fu Habe deinen Satz auf Englisch übersetzt und eben nach „true name“, „name“, „power“ „know“ gegoogelt und irgendwann kam nur noch ein und der selbe Blogeintrag mit Zitat und Earthsea.
der Rest ergibt sich aus meiner okkultistischen Vergangenheit die sich zur Religionswissenschaft entwickelte Ich bin ein Fan von Dämonologien (Auflistungen von Dämonen und bösen Geistern und wie man sie abwehrt etc.pp) und wenn man die zusammen mit Büchern über die Inquisition und die dazu gehörige Volksvorstellung von Magie liest, kommt man um Bildzauber und Wortzauber gar nicht herum.
lg
Kate
Hat mit Religion herzlich wenig zu tun, die gewinnt ihre Macht
aus der Angst.
das spricht mir aus der seele