Hallo Marc!
ich bin auf der Suche nach Venture-Capital Gesellschaften
innerhalb Europas, die sich vorrangig auf IT / Online Projekte
konzentrieren. Hat jemand Adressen oder sogar
Kontaktinformationen?
Die Fragestellung legt die Vermutung nahe, daß du dich mit der Thematik noch nicht intensiv beschäftigt hast, denn an Namen von VC-Gesellschaften zu kommen, die übrigens auch einen Bundesverband haben, ist per Suchmaschine Minutensache. So wirst du dich auch noch nicht mit den Voraussetzungen beschäftigt haben, unter denen VC-Gesellschaften einen Einstieg auch nur in Betracht ziehen.
Entgegen landläufiger Meinung und auch entgegen mancher nicht genau genug gelesenen Selbstdarstellung von VC-Gesellschaften finden Beteiligungen an erst in der Planung oder Gründung befindlichen Vorhaben allenfalls äußerst selten statt. Eher gar nicht. VC-Gesellschaften haben (diesbezüglich ähnlich wie Banken) ein Informationsproblem. Zwar wird gerne mal von Beratungsleistungen und Fachleuten aller Disziplinen geredet, aber die gibt’s da nicht, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Fachleute für genau das offerierte Vorhaben. Wer nicht gerade ein ganz frisches Greenhorn ist und sich in seiner Branche schon etwas Wind um die Nase wehen ließ, wird über die gebotenen Beratungen müde lächeln und im speziellen Fall lieber richtige Fachleute in Anspruch nehmen. Mir ist auch schon „Beratungsleistungen nur durch uns, die xyz-AG“ als Vertragsbestandteil untergekommen (muß gleich mal googeln, ob es diese Leute noch gibt). Aus dem Hut gezaubert wurden egal für was immer die gleichen 2 Leute, Fachleute für rein gar nichts.
Folgen des Informationsproblems:
Beteiligungen an Vorhaben mit wirklich neuem Kern und echter Alleinstellung finden nicht statt. Es muß schon einige (nicht zu viele und zu große) ähnlich gestrickte Wettbewerber geben, damit beurteilt werden kann, daß überhaupt ein Markt vorhanden ist.
Die unternehmerische Eignung der Gründer/Initiatoren des Vorhabens kann man nicht mit ausreichender Sicherheit einschätzen. Deshalb sollte das Unternehmen bereits gegründet und am Markt tätig sein, ein mindestens weitgehend vollständiges Führungsteam, betriebliche Strukturen, Vertriebsorganisation und erste Kunden vorweisen können.
Ich hab’ da eine tolle Idee, halte den Markt für vorhanden, finanziert ihr das Vorhaben, funktioniert deshalb nicht.
VC-Gesellschaften sind nicht aus dem Holz, aus dem von Generation zu Generation vererbte und in der Region verwurzelte Unternehmen gemacht sind. Vielmehr beteiligen sie sich und haben dabei schon den Ausstieg so ungefähr nach einer halben Dekade im Sinn. Innerhalb dieser Zeit soll rasantes Wachstum ohne langatmigen Anlauf für den mühsamen Aufbau betrieblicher Strukturen und das Zusammenfinden eines Teams stattfinden, um danach Kasse zu machen, indem der ganze Laden an ein anderes Unternehmen verkauft wird oder etwas Richtung Börse stattfindet. Nennt sich dann „going public“.
Also: Bestehendes kleines, feines Unternehmen ohne Sanierungsbedarf, mit vorhandenem Vertrieb, laufenden Aktivitäten mit verschiedenen Produkten und das soll mit ausreichend Geld so richtig durchstarten, wobei die Inhaber nicht unbedingt mit Herzblut an ihrem Unternehmen hängen sollten. In solchen Fällen können die Voraussetzungen für das Engagement einer VC-Gesellschaft vorhanden sein.
Aber: Selbst erstellte Software ist als immaterieller Vermögenswert mit irgendwas gegen Null aktivierbar. Jetzt bringt jemand Millionen ein. Der bestimmt, was gespielt wird. Geld ist wichtig, aber Geld ist nicht alles. Für Fremdbestimmung und um der nützliche Idiot zu sein, macht sich kaum jemand selbständig.
Gruß
Wolfgang