Verdichtung im Motor erhöhen? Was macht noch sinn?

Hallo zusammen!
Baue diesen Winter einen VW ABF 2.0 16v Motor um. Habe jetzt beim Zerlegen gemerkt das wohl n leichtes Kolbenspiel da war… Ende vom Lied die Kolben fliegen jetzt raus.

Da ich jetzt ja so oder so neue Kolben holen muss bin ich natürlich direkt am überlegen gewesen die verdichtung zu erhöhen (Sauger tuning halt)

Habe also mal ein bisschen das Internet durchsucht und raus gefunden das der Motor original eine Verdichtung von 10.4:1 hat. Wössner bietet Kolben an die die Verdichtung auf 13:1 hoch setzen sollen. Jetzt stelle ich mir halt nur die frage wie viel bringt mir das wirklich? Und ist das noch fahrbar?
Der Motor soll noch weiteres tuning bekommen (277° NW mit 11.4mm Hub, Kopf Bearbeitung, evtl einzeldrosselanlage) und ich stelle mir jetzt die Frage ob sich dann nicht früher oder später da evtl die Bauteile gegenseitig zerlegen?

Wäre froh über Erfahrungsberichte bevor ich jetzt da die teuren teile bestelle.

Lg

Fahrbar?
Natürlich.
Aber willst du Super-Plus tanken müssen?
Letztlich geht jede Leistungssteigerung über ein gewisses Limit nur auf Kosten der Standfestigkeit/ Haltbarkeit.

Nun, die mehr PS kommen aus dem Brennraum, egal was du tunst.

Du hast also höhere Kräfte auf den Pleuel, den Pleuellagern, der Kurbelwelle und deren Lagern.
Wie auch auf den Ventilen und dem Zylinderkopf.

Von der Verbrennung her ist es egal ob du die Verdichtung erhöhst oder die Luft vorher mit einem Kompressor oder Turbo verdichtest.
Du bekommst mehr Sauerstoff in den Brennraum und kannst deshalb mehr Brennstoff hinzufügen was einen grösseren Knall ergibt.
Einen längeren Kolben einzubauen ist natürlich der einfachste Weg.

Fahrbar, sofern das Fahrgestell mit der Leistung zurecht kommt, ist das auf alle Fälle, die Frage ist nur wie weit?
So ein hochgezüchteter Formel 1 Motor schafft ein paar 100km, manchmal nicht einmal die, wohingegen ein Strassenfahrzeug 100’000km und mehr hin bekommen kann.

Bei einem auf mehr Leistung getunten Motor, steigt der Verschleiss und somit der Wartungsaufwand. Das fängt schon beim Luftfilter an, da hier mehr Luft durchströmt als beim Serienmodell und geht beim Ölwechsel weiter.
Da du aber sowieso die ganze Zeit am Rumschrauben sein wirst, fällt dir das aber eher nicht wirklich auf. :smile:

Aber grundsätzlich kann man das Tuning schon so weit treiben, dass dir der Motor um die Ohren fliegt.

MfG Peter(TOO)

Hallo!

Der Kolbendurchmesser ist immer kleiner als der Zylinderdurchmesser, hat also Spiel, andernfalls könnte sich der Kolben im Zylinder nicht bewegen. Außerdem vergrößert sich der Kolbendurchmesser durch Temperaturerhöhung im Betrieb und darf auch dann noch nicht klemmen. Den Ausgleich bewirken die in Nuten am Kolben eingelegten Kompressionsringe.

Aber: „… gemerkt das wohl n leichtes …“
So wird das nix. „Wohl“ gibt es bei Motorinnereien nicht. Es wird gemessen. Mit einer Mikrometerschraube für Innendurchmesser

wird der Zylinderdurchmesser gemessen. Nicht irgendwo oben am oberen Rand des Zylinders, wo man nach Abnehmen des Zylinderkopfes heran kommt, sondern dort, wo die Kolbenringe Kontakt mit dem Zylinder haben. Weil der Zylinder eines Motors, der schon längere Zeit in Betrieb war, unrund ist, sind immer 2 um 90° versetzte Messungen erforderlich. Aus der Differenz von größtem und kleinsten Maß ergibt sich, ob die Zylinderbohrungen bearbeitet, d. h. wieder rund und damit größer gemacht werden müssen. Erst danach kann man die geeigneten Kolben aussuchen. Es gibt sie nämlich für jeden Motor in verschiedenen Durchmessern mit den jeweils passenden Kolbenringen. Sodann ist darauf zu achten, dass die neuen Kolben zusammen mit neuen Pleuel in allen Zylindern gleiches Gewicht haben. Genaue Angaben zur Paarung von Zylinderdurchmesser und einzusetzendem Kolbendurchmesser gibt es im Werkstatthandbuch zu Deinem Motor. Ich gehe davon aus, dass Du dieses Handbuch besitzt, weil andernfalls alle Maßnahmen von vornherein zum Scheitern verurteilt wären.

Die Verdichtung ist bereits durch die Konstruktion des Motors vorgegeben. Durchaus möglich, dass es oberhalb des Kolbenbodens geringfügigen Spielraum gibt (ohne mit den Ventilen zu kollidieren), um den verbliebenen Raum im oberen Totpunkt zu verkleinern, Damit würde man zu geringfügig höherer Kompression kommen, denn die Formveränderung des Kolbenboden wirkt natürlich in jeder Stellung des Kolbens, macht sich aber am unteren Totpunkt geringer bemerkbar.

Viel hilft viel ist auf dem Gebiet keine brauchbare Methode, mehr Kompression nicht unbedingt vorteilhaft. Immerhin willst Du einen Ottomotor mit Benzin betreiben und keinen Dieselbetrieb provozieren. Genau das passiert nämlich bei zu hoher Verdichtung. Das Benzin-Luftgemisch darf sich nicht schon durch den per Verdichtung erzeugten Temperaturanstieg entzünden. Dabei würden von Kolben, über Pleuel bis zur Kurbelwelle alle Teile in einer Weise belastet, für die sie nicht gebaut sind, die Motorleistung würde deutlich sinken und der Motor wäre nach kurzer Zeit hinüber, evtl. schon nach Minuten. Wie lange solches Spiel funktioniert, kann man ausprobieren, indem man einen Dieselmotor mit Benzin betreibt. Er wird laufen, aber nach Minuten mit vorhersehbar kapitalem Motorschaden stehen bleiben. Kontrollierter Dieselbetrieb setzt Kraftstoff voraus, der zündunwilliger als Benzin ist.

Will man bei einem Benzinmotor die Verdichtung erhöhen und trotzdem Selbstzündung verhindern, muss man für zusätzliche Kühlung von Brennraum und Kolbenboden sorgen. So etwas gibt es. Man kann den Kolbenboden per Teleskoprohr und Pumpe von unten mit Öl kühlen, natürlich auch das Öl kühlen. Aber nachträglich ist das nicht zu machen, wäre eine andere Motorenkonstruktion, auch eine andere Gemischeinspritzung.

Nur zu! Sollte aber nur machen, wer sein Auto nicht braucht und ein weiteres Fahrzeug mit Autotransportanhänger besitzt, um die verbastelte Möhre zum Verwerter transportieren zu können. Eine ganze Branche lebt vom Tuning (auch Wössner lebt von dieser Klientel), aber letztlich wird davon gelebt, Gelüste verkannter Möchtegern-Schumis zu befriedigen und die verbleibende Betriebsdauer von Autos deutlich zu verkürzen.

Kein Weg führt daran vorbei, dass leistungssteigernde Maßnahmen an einem Verbrennungsmotor zu höherer Belastung, höherem Verschleiß und verkürzter Lebensdauer der gesamten Antriebstechnik (zuweilen auch des Fahrers und unbeteiligter Passanten) führen. Bereits ein normaler Serienmotor, der häufig an seiner Leistungsgrenze betrieben wird, macht alsbald schlapp, während der gleiche Motor bei zurückhalten Fahrweise viele Erdumrundungen schafft. Ein üblicher Serienmotor bringt es durchschnittlich auf etwa 5.000 Betriebsstunden (Daumenwert, stark von den Betriebsbedingungen abhängig). In den Händen von Vollgasleuten und Tunern kann die Lebensdauer um eine Zehnerpotenz oder mehr fallen, während bei umsichtigem Umgang auch Betriebszeiten im hohen 5stelligen Bereich möglich sind.

Gruß
Wolfgang