Verfahrensanweisung ein muß?

Hallo Mitwisser,

vor Jahren hatte ich in einem Audit mit dem Auditor eine fast schon philosophische Diskussion und obwohl er meine Ansicht akzeptiert hatte (=wir bestanden haben) praktiziere ich gegen meine Überzeugung das Gegenteil. (Seid Ihr jetzt neugierig?)

Auch in der neuen Norm beginnt fast jeder Abschnitt mit „Die Organisation muß QM-Verfahren festlegen…“.
Heißt das, daß ich gezwungen bin, zu jedem dieser Abschnitte eine eigene VA zu verbrechen? (Diese Ansicht vertrat der Auditor). Wenn ja, was bleibt dann noch für’s Handbuch?
Ich würde gerne meine fundamentalen Verfahren im Handbuch erschöpfend erklären und auf VAs verzichten (wir sind noch klein genug). Im Moment sind die Handbuchkapitel nämlich Ausschnittkopien der VAs. WÜRG! Doppelte Dokus sind suboptimal!!

Bitte erlöst mich!!

Danke
t:o)m

Hallo to)m,

was hälst du von der neueren Form der ISO die es zuläßt abweichend von den vorgegeben Kapitel die eigenen Prozeße als umfassendes Qualitätsmanagement, inklusive Umweltschutz und Arbeitsschutz, in einer selbst erstellten Gliederung darzulegen. Wir haben bereits Gespräche mit unseren Auditoren diesbezüglich geführt. Da es auch ein Leben jenseits der ISO gibt, sehen andere Standards wie der Quality Award ein solches Verfahren vor. Der Grundgedanke entspricht also deinen Vorstellungen die eigenen Prozesse logisch und nachvollziebar darzustellen. Unser neues Handbuch hat nur noch 8 Kapitel.
Aber wie du sicher festgestellt hast, kannst du drei Auditoren befragen und du erhälst bestimmt vier verschiedene Antworten.
Meiner Auffassung nach sollte man versuchen seine Prozesse nicht zu schönen, sondern sie kritisch zu beleuchten, sie ggf zu verbessern und nichts anderes beschreiben. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht.

so long Harald :smile:

Ich würde gerne meine fundamentalen
Verfahren im Handbuch erschöpfend
erklären und auf VAs verzichten (wir sind
noch klein genug).

Der Zweck des Handbuches ist es, das QM-System zu dokumentieren, nicht die Verfahren.
Der Zweck der Verfahrensanweisung ist es, die Verfahren zu beschreiben und nicht das QM-System.

Verfahrensschritte können sich ändern, ohne daß sich das QM-System deswegen ändert. Heisst: Verfahrensanweisungen unterliegen einem stärkeren Wandel als das System selbst.
Warum dann bei Änderungen an Verfahren immer ein neues Handbuch erstellen?

Ich sehe daher keinen Vorteil - eher einen großen Nachteil - in der Integration der VAen in das QMH.

Gruß
Lothar Franz
(QM 9001 zert.)

Der Zweck des Handbuches ist es, das
QM-System zu dokumentieren, nicht die
Verfahren.
Der Zweck der Verfahrensanweisung ist es,
die Verfahren zu beschreiben und nicht
das QM-System.

(…)

Gruß
Lothar Franz
(QM 9001 zert.)

Gute Hinweise!
Gerade in kleinen Unternehmen können die Grenzen dennoch fließend sein. Bsp. Vertragsprüfung: Kann ich das QMS diesbezüglich ausreichend im QMH beschreiben, ohne den Ablauf mit Angebot, Bestellung, Auftragsbestätigung, … zu erwähnen? Aber was steht dann noch im QMH?

Wenn ich unsere (überschaubaren) Verfahren ins QMH integriere, dann ergibt das 25 Seiten und 3-4 Extra VAs. Ohne Verfahren im QMH haben wir 5 Seiten und 15-20 VAs.
Die frage ist: Was ist übersichtlicher und leichter zu pflegen?

Für Unternehmen mit klar abgegrenzten Abteilungen und Funktionen ist die VA-Variante ohne Frage die bessere Lösung.

t:o)m

also ich würde sagen, eine dokumentation (handbuch), die alles enthält (sogar die extra-va´s) ist hier das einzig wahre, alles andere wird unnötig kompliziert. ich glaube bei 25-30 seiten kann von pflegeaufwand ohnehin nicht die rede sein, aber wenn alles auf einem fleck steht, spart man sich eine menge verweise. die sache liest sich auch flüssiger, weil man nicht dauernd in ein anderes dokument muß.

das geht und hat bei mir schon bei sieben kleinbetrieben geklappt:
die alte norm sagt ausdrücklich, das das handbuch die va enthalten oder auf sie verweisen muß. die neue sagt es auch so ähnlich, allerdings spricht sie von „documented procedures“ (unter 4.2 general documentation requirements), die nicht mehr mit va übersetzt werden und die nur an ganz wenigen stellen explizit gefordert werden (z.B. internes audit). der rest der dokumentation muß nur noch für den betrieb und seine aufgaben angemessen sein. im übrigen dürfen die dokumente in jeder form oder art realisiert werden.

die lösung handbuch und zusätzlich va´s ist nur sinnvoll, wenn ihr einem kunden etwas in die hand geben wollt, aber euch einige geheimnisse bewahren wollt.

beste grüße
markus

Eigentlich ist ja alles gesagt; aber ich möchte doch nochmal bekräftigen: Das QMH beschreibt doch das gesamte Unternehmen; und dabei sollte auch die Wichtung zwischen den Teilen gleichwertig sein; aber einige Verfahrten sind von besonderer Wichtigkeit und erfordern eine tiefergehende Beschreibung oder eine genauere Definition und für die sind dann VA unabdingbar.

MfG Boonekamp

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Da QM-Handbücher immer wieder von den Kunden zur Einsicht verlangt werden, sollte da das QM-System beschrieben werden.
Das QM-Handbuch sollte auch Verweise auf die mitgeltenden Verfahrensanweisungen enthalten, aber die Verfahrensanweisungen an sich stellt doch wohl niemand dem Kunden zur Verfügung.
Ich habe einfach Kurzfassungen der einzelnen Verfahrensanweisungen zum QM-Handbuch umgeschrieben.
Die neue 9001 verlangt nur noch 6 dokumentierte Verfahren, siehe 9001/4.2, ich frage mich nur, wie man damit ein ganzes Unternehmen nach den Forderungen der gesamten 9001 beschreiben und führen soll??
Friedhelm Bolten (QMB)

Hallo Thomas Kaiser,
das mit der Erlösung ist gar nicht so einfach. „Warum?“ wirst du fragen. Hier einige Antworten:
Warum müssen eigentlich Handbücher, VAs, AAs, BAs usw. erstellt werden?
Es gibt eine gesetzliche Pflicht zur Betriebsorganisation. Hier ein kleiner Auszug von gesetzlichen Pflichten:

  • Produkthaftungsgesetz - interne QS und Absicherung der Lieferantenkette
  • §52a BImSchG - Umweltschutzsichernde Betriebsorganisation
  • §53 KrW-/AbfG - Umweltschutzsichernde Betriebsorganisation
  • §130 OwiG - Überwachungssystem zum Verhindern und Erschweren von Zuwiederhandlungen
  • §6 UmwHG - Nachweis des Normalbetriebs
    Welche Pflichten sind das?
  • Benennung eines Organs, Organisationsplan mit personeller Besetzung
  • Aufgaben der Organisationseinheiten
  • Strucktur der Weisungsbefugnisse, bestehende Weisungsrechte
  • Verhältnis der Organisationseinheiten zueinander
  • Maßnahmenplan, abgestuft nacht Situation, Meldeweg
  • Überwachung des Betriebs-, Inspektions- und Wartungskonzeptes
  • Entscheidungebefugnisse allgemein und bei Störungen
  • Einbringung der Beauftragten in die Organisation
  • Regelung der Arbeitszeit
  • Berichtspflicht, Unterrichtung und Schulung von Betriebsangehörigen
  • Ziel von Prüfungen 100%ige Fehlerfreiheit
  • Informationsmanagement (intern und externe Informationen sachgerecht steuern)
    Gibt es Vorgaben bzgl. der Umsetzung?
    Nein!!! Die Organisation muss die Anforderungen des Rechtes und der Interpretation durch die Rechtsprechung erfüllen. Das gilt auch für die Qualitäts- und Umweltvorgaben wie z. B. ISO 900ff, ISO 14001, QS9000, VDA 6.1 usw.
    Grundsätzlich sollte jedoch zwischen drei beschreibenden Dokumentenstufen unterschieden werden:
    A)Managementdokumente, Zweck: Transparenz für Dritte
    B) Prozess- oder Verfahrensbeschreibungen, Zweck: Know-how Sicherung
    C) Hilfsmittel zur Umsetzung (AA, BA, PA), Zweck: für Wertschöpfung

Keinen Sinn macht (ist auch nirgends gefordert) das doppelte Beschreiben in VA und QMH. Ein QMH kann sämtliche Abläufe so beschreiben, dass keine VAs erforderlich sind (sollte auch jeder erfahrene Auditor wissen). In diesem Fall ist jedoch das ganze Know-how für Dritte, die ein QMH anfordern, transparent.
Ziel einer Dokumentation sollte aber immer folgendes sein: Eine rechtssichere und kundenorientierte Organisation schaffen!! Gans im Sinne von des TQM Gedankens.
Mit diesem Thema hat sich auch der DGQ-Regionalkreis Unterfranken beschäftigt. Ich habe einen Vortrag zum Thema „Praxisgerechter Aufbau eines integrierten Managementsystems oder wieviele Handbücher braucht ein Unternehmen“ gehalten. Die entsprechenden Unterlagen erhälst du sicherlich vom Obmann: Dipl.-Ing (FH) Heinz-Werner Konrad, Meisenweg 6a, 97816 Lohr.
Noch Fragen?
J. Roggensack
(EOQ/DGQ Auditor, PQA Auditor, int. VDA6.1, QS9000,ISO 14001 und EMAS Auditor)