Spitz,
lange bevor die abendländische Philosophie ihren Anfang im antiken Griechenland nahm, gab es schon die Religion. Alle Probleme der Menschen löste die Religion.
Wenn man überzeugt davon ist, dass sich die Geschichte, trotz vieler Rückfälle in unbewusste und unvernünftige Verhaltensweisen, zu immer mehr Vernunft fortentwickelt, zum Beispiel nach der Philosophie von Hegel, Comte oder Nietzsche, der für die Zukunft den „Übermenschen“ lehrte, in einer neuen Kultur des Bewusstseins (Nietzsches Idee: Wenn die Menschheit früher alle möglichen Götter erfunden hat, um an diese selbst erfundenen Götter in kindlicher Unreife zu glauben, so kann der moderne Mensch vielmehr an sich selber glauben, kann immer wieder neue Theorien und Methoden erfinden, um genauso glücklich zu werden, wie früher durch die Religion. Der neue Mensch braucht keine Religion um glücklich zu werden, er erfindet sich selbst), so sieht man, dass mit der modernen Psychotherapie und ihrer Vision, dass der Mensch sich, trotz vieler Rückschläge, zu mehr Bewusstsein entwickeln kann, dass diese Vision schon Sokrates lehrte:
**1) Ich weiß, dass ich nicht weiß.
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Erkenne dich selbst!
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Es gibt nur ein einziges Gut für den Menschen, die Wissenschaft, und nur ein einziges Übel, die Unwissenheit.**
Mehr Vernunft ist es, wenn Menschen sich bei ihren Problemen nicht mehr von Vertretern religiöser Massenideologien vermarkten lassen, sondern wenn aufgeklärte individualisistische Menschen sich lieber an Psychotherapeuten wenden, die ihnen sehr viel effizienter helfen können als alte Religionsmythen. Moderne Psychotherapeuten benützen unterschiedliche Methoden, weil es nach Freud, dem weltweiten Vermarkter des Begriffes „das Unbewusste“, inzwischen über 1000 verschiedene Therapieschulen gibt, die alle miteinander konkurrieren. So hat zum Beispiel der Begründer der „rational emotiven Therapie“, der Amerikaner Dr. Albert Ellis, behauptet, die Psychoanalyse sei nicht wirklich effizient, auch die Körpertherapie nach Alexander Lowen sei unwirksam, Ellis meinte, so könne Therapie einfach nicht funktionieren. Doch nach einer großangelegten wissenschaftlichen Studie, die sich um die Erforschung der Frage kümmerte, welche Therapie denn nun die beste von allen sei, stellten die Forscher überraschend fest: Keine Therapie ist allen anderen überlegen, sie funktionieren alle, es kommt nur darauf an, für seine Probleme die richtige Methode zu finden.
Nun haben auch die Philosophen schon seit der Antike sich mit dem Problem, zum Beispiel mit der Angst vor dem Tod beschäftigt und Methoden entwickelt, um mit diesem Problem vernünftig umzugehen. Ich nenne nur Epikur als Beispiel. Interessant ist, dass der Amerikaner Dr. Albert Ellis offen zugibt, von Philosophen inspirit worden zu sein. Dasselbe dürfen wir auch annehmen bei Sigmund Freud, Abraham Maslow, Carl Rogers, Fritz Perls, Erich Fromm, Rolo May, Viktor Frankl, Carl Gustav Jung, Alfred Adler, Erick Erikson, um nur einige Namen zu nennen.
Die Tatsache, dass Psychotherapeuten sich von Philosophen haben inspirieren lassen, gilt nicht zuletzt auch für den berühmten österreich-amerikanischen Psychologen Prof. Dr. Paul Watzlawick und seine „Anleitung zum Unglücklichsein“, um mit dieser paradoxen Methode zu zeigen, dass Probleme durch unvernünftiges, neurotisches Denken entstehen können. Mit ihrem unvernünftigen, neurotischen Denken, bereiten sich viele Menschen ständig selber ihr Unglücklichsein.
Nehmen wir an, ich leide an Flugangst, so könnte ich mir einreden, dass das Fugzeug jeden Augenblick abstürzt. Bei jedem Wackler gerate ich in Panik, dass es jetzt in diesem Moment geschieht. Ich kann mir aber auch die A-B-C-Methode zunutze machen, wonach mit „A“ mein Denken gemeint ist (vernünftiges Denken vs. unvernünftiges Denken) und mit „B“ meine Gefühle beeinflusst werden, wodurch mit „C“ dann das Ergebnis herauskommt, mich von meinen negativen Gefühlen, das heißt von meiner mir selbst eingeredeten Flugangst, zu befreien.
Ich kann aber auch eine völlig andere Methode bei meinem Problem der Flugangst anwenden, nämlich eine Körpertherapie. Nach dieser Methode ist es hilfreich, zum Beispiel die Muskeln des ganzen Körpers sekundenlang stark anzuspannen, um die Spannung dann schlagartig los zu lassen. Es geht darum, sich in die plötzlich entstandene Entspannung mit ihrer ganzen Tiefe versinken zu lassen und gleichzeitig dieses Gefühl mit einer frei schwebenden Bewusstheit zu reflektieren, so dass sich das negative Gefühl allmählich ganz von selbst in ein positives Gefühl transformiert.
Zusätzlich kann man diese Methode auch durch Affirmationen unterstützen, zum Beispiel: „Super geil dieses Gefühl beim Fliegen, ich habe gar nicht gewusst, wie schön Fliegen sein kann!“ Zur Ergänzung kann man auch noch das Autogene Training anwenden, noch besser ist Meditation. Nach vernünftigem, nicht neurotischem Denken, kann ich mir bewusst machen, dass das Leben keine von einem Gott geschaffene Existenz sein kann, wie die Religionen mit ihren unlogischen Märchen erzählen, sondern dass unsere Existenz ein Trieb der Natur ist. Es ist unvernünftig, durch den Glauben an „Gott“ sich vom eigenen Selbst zu entfremden, das heißt von seiner eigenen Natur und eiegnen inneren Wesen (Lebe-Wesen, nicht Lebe-Maschine).
So ein vernünftiges existenzielles Denken kann man sich genauso auch bei jedem Flug aneignen, als Erkenntnis, dass jede Sekunde praktisch der Tod möglich ist, dass so ein Denken die harte Wirklichkeit repräsentiert und negative Gefühle bei einer Flugangst durch diese existenzielle Denkweise modifiziert werden können, um die Angst in ein gutes Gefühl zu verwandeln. Wenn man sich bewusst macht, dass man in diesem Augenblick „ja noch nicht an der Reihe“ ist, dass man genau in diesem Augenblick fühlen kann, was existenzielles Leben wirklich bedeutet, dass das Flugzeug jetzt gerade nicht abstürzt, jetzt gerade existiere ich in vollem Bewusstsein des Hier und Jetzt. In meiner ganzen Existenz bin ich mit guten Gefühlen glücklich…
Philosophie ist die beste Therapie für ein gelungenes Leben, ist diese These zu widerlegen?
Spitz