Ich würde mich mal locker machen, auch wenn es für manche Eltern eine Trophäe ist, wenn ihr Kind als „Hochbegabt“ klassifiziert wird. Und sei es nur, weil es jede Macke und jede „Erziehungsbesonderheit“ im Fluge entschuldigt und auf der anderen Seite dokumentiert, dass das Kind was ganz besonders Besonderes ist …
Sorry für den Rant.
Für mich klingt es so, als ob ihr Euch über Euren kleinen Mann freuen könnt: Wissbegierig, aufgweckt. Problematisches Verhalten kann nicht in der Beschreibung nicht so recht erkennen.
Amen!
Danke, @Pierre, Du hast es schön auf den Punkt gebracht.
Ich kann nicht erkennen, mich derart geäußert zu haben - weder in Bezug auf Macken noch auf „was ganz besonderes“. Unsere Tochter ist sprachlich sehr weit - etwa zwei Jahre weiter als alterstypisch und zwar nicht in Bezug auf die Aussprache, sondern auf Wortschatz, Formulierungen und Abstraktionsfähigkeit. Sie hat deswegen kaum Interesse an Gleichaltrigen, weil sie sich mit denen nicht unterhalten kann. Gleichzeitig ist sie klein und zierlich für ihr Alter, weswegen Ältere (zumindest im Kindergarten) wiederum an ihr kein Interesse haben, weil sie sie für ein Baby halten. Das führt zu gewissen Schwierigkeiten bei der Integration in die Kindergartengruppe. Mit dem Hintergrund des Testergebnisses konnten wir zumindest erreichen, daß die Erzieher für das „Problem“ sensibilisiert sind.
Bei mir war es seinerzeit so, daß meine Eltern haben zwar einen IQ-Test durchführen lassen, das Ergebnis aber für sich behielten. Meine - nennen wir es Begabung - führte dazu, daß ich bis ich in die Mittelstufe massiv unterfordert war, aber auch nicht gezielt gefördert wurde. Also habe ich die freien Kapazitäten dazu genutzt, im Unterricht Unsinn zu machen und andere Kinder abzulenken. Um ein Haar hätte ich dann in der neunten Klasse den Anschluß verloren, weil der Stoff dann irgendwann so schwierig war, daß er im Vorbeigehen nicht mehr wie zuvor zu erfassen war.
Insofern halte ich es durchaus für vernünftig, ein Kind mit etwas ungewöhnlichem Verhalten testen zu lassen und aus den Ergebnissen etwas sinnvolles zu machen. Vor allem, um Schaden von dem Kind fernzuhalten, der auf die ein oder andere Weise eintreten kann. Vom Ergebnis unserer Tochter haben wir außer den engsten Verwandten und eben den Erziehern niemandem etwas erzählt - nicht einmal der Schwester. Es geht hier also nicht um eine Trophäe, sondern um die Feststellung eines Umstandes und die Entwicklung von Ideen, damit umzugehen.
Bei dem Kind des Fragestellers wird sich spätestens in der Schule die Frage stellen, wie man mit dem Verhalten des Kindes umgeht. Kinder in dem Alter haben in den seltensten Fällen Verständnis oder gar Bewunderung für jemanden übrig, der in manchen Feldern viel weiter ist oder sich mit „altersfremden“ Themen befaßt. Ob dahinter eine Hochbegabung oder einfach nur eine spezielle, schnellere Entwicklung handelt, läßt sich herausfinden und daraus wiederum läßt sich ggfs. ableiten, wie man damit umgeht. Z.B. indem man das Interesse des Kindes kanalisiert oder ihn gezielt fördert usw.
Die Sache einfach laufen zu lassen, erscheint mir wenig sinnvoll. Zehn Jahre oder so als Außenseiter sind jedenfalls nichts, was einen Menschen besonders positiv prägt.
Ich habe tatsächlich keinen direkt ansprechen wollen, aber ich beobachte „hin und wieder“ dieses Verhalten von Eltern, deren Kinder auf irgendwas wie „Hochbegabung“ getestet wurden. Deshalb bin ich da etwas allergisch.
Das ist dann schon mal ein meinen Augen in sehr guter Ansatz.
Schaden von dem Kind fernzuhalten ist etwas, was fast alle Eltern wollen :-), ob ein Test dabei hilft (oder manchmal auch noch mehr Schaden macht), ist eine andere Frage. Ohne die zeitliche Abfolge zu kennen, aber wenn ich das lese:
und
hat der Test anscheinend nicht verhindern können, dass Du beinahe den Anschluss verloren hast.
Und ich sage jetzt mal ganz ketzerisch: vielleicht hat es auch gute Seiten, wenn ein Kind, dem bislang alles zu zugeflogen kommt ein Mal im Leben das Gefühl hat, den Anschluß zu verlieren.
Ich habe zumindest den Eindruck, dass es Dir nicht nachhaltig geschadet hat.
(Und ja, ich kenne zu Deiner Geschichte und Deinem Leben NULL Einzelheiten und möchte nicht den Eindruck erwecken ich wüsste, wie Dein Leben besser geworden wäre. Entschuldige, wenn das oben anmaßend geklungen haben sollte).
Böse Antithese: 10 Jahre als Rockstar der Schule und everybody’s darling sind auch nicht immer gut für die Entwicklung.
Außer man möchte der perfekte Schwiegersohn werden
Du sprichst mir aus der Seele!
Mir ist es als Kind auch so ergangen und das zu einer Zeit da dachte noch kein Mensch an Hochbegabung.
Abgemildert wurde das nur Dank eines Schulrektors der mich eine Klasse überspringen lies.
Und viel später wurde dann bei mir durch Mensa ein IQ weit jenseits der Grenze zur Hochbegabung ermittelt.
So eine Kindheit ist teiklweise überhaupt nicht lustig! ramses90
Der Test wurde in der Grundschule gemacht und natürlich verhindert ein Test alleine gar nichts, aber eventuelle Reaktionen darauf bzw. Erkenntnisse daraus.
Der Zustand hielt ungefähr zwei Wochen an. Danach war ich mit dem Stoff wieder im Reinen und die Lektion daraus war eine (weitere) Optimierung dessen, was man heute work-life-balance nennen würde.
Lasst Euch davon bitte nicht - ich weiß nicht, welches Verb am besten passt - entmutigen, frustrieren, erschüttern … Zum einen muss man das nicht als Strafe auffassen, manchen Kinder tut es recht gut, ein Jahr später als üblich eingeschult zu werden. Schließlich sind alle Kinder, alle Menschen unterschiedlich. Zum anderen kann es auch bedeuten, dass für Euren Sprössling einfach nur diese eine Schule nichts ist. Geht die Sache offen an.
Wenn er erst 5 ist, heißt das, er wird erst kurz nach dem Einschulungstermin 6, das ist doch völlig im Rahmen.
Da ich mit knapp 6 in die 2. Klasse kam, weiß ich, was das auf Dauer für Schwierigkeiten machen kann, denn Intellekt ist nicht alles. Daher habe ich unsere Kinder bewusst erst mit 7 eingeschult, obwohl beide schon vor ihrem 6 Geburtstag flüssig lesen konnten und unser Sohn (nie getestet) von der Kinderärztin auf Hochbegabung „verdächtigt“ wurde.
Beide haben haben die Schule mit Freude und ohne großen Stress durchlaufen, gutes Abitur gemacht und sind jetzt beide in ihrem Wunschstudium. Ich glaube, dass es auch dem Selbstbewusstsein nicht schadet, in der Klasse eher bei den Älteren zu sein.
Vor was ich warnen möchte, ist die Einstellung „je früher, schneller, schlauer je besser“. Aus Erfahrung weiß ich, dass das nicht stimmt. Man sollte der Versuchung nicht nachgeben, mit seinem Kind nach außen glänzen zu wollen „…unser Kind ist hochbegabt und kann jetzt schon Französisch!“ Ich unterstelle euch das nicht, aber man hört es so oft, dass es eine Erwähnung wert ist, dass diese Versuchung sicher da ist und man damit bewusst umgehen sollte. So gut wie ALLE Eltern geben gern ein bisschen mit ihren Kindern an.
Ein Fünfjähriger hat ja noch jedes Recht, sich mit dem, was er lernen möchte, auf seine Interessen zu beschränken. Dass das leider nicht ewig so weiter geht, muss er halt noch lernen - dafür hat er ja noch 1,5 Jahre Zeit.
Das stimmt. Bei uns „in der Dorfschule“ war ein Junge, mathematisch hochbegabt, sonst aber eigentlich kein „Genie“, der wurde erst mit 5 eingeschult, dann hat er aber auch so viel Ärger gemacht (sozial absolut unreif), dass er auch noch ein Jahr überspringen durfte (ich weiß nicht mehr, ob er von der 1. in die 3. oder von der 2. in die 4. kam), so dass er dann auch ganz schnell wieder die Dorfschule verlassen konnte, damit sich andere mit ihm ärgern können. Wie es ihm inzwischen geht, weiß ich nicht, aber ich glaube schon, dass emotionale und soziale Reife ihre Zeit durchaus braucht, und zwar mehr oder weniger bei allen.
Ich bin ein Novemberkind und war beim Schulbeginn am 15. September fast 7 Jahre alt. Ich mochte das überhaupt nicht, mit unter den ältesten zu sein, es waren nur noch 1-2, die älter waren als ich.
Meine Tochter wiederum ist im Juli geboren, und sie war noch soooo klein, als sie am 8. September eingeschult wurde. War sie noch bei der Geburt ein „Kann-Kind“, wurde der Stichtag für die Einschulung verschoben, bis es bei ihr so weit war, so dass sie dann ein „Muss-Kind“ war. Ihr hätte es überhaupt nicht geschadet, wenn sie später eingeschult worden wäre.
Ich glaube, man kann da keine pauschale Aussage treffen.