Verhalten von Menschen in Bus und Bahn

Liebe Gemeinschaft,

folgende Fragen, die in gewisser Weise wohl auch miteinander zusammen hängen, bewegen mich schon seit Anbeginn meines Pendlerdaseins. Nun will ich sie doch endlich einmal loswerden.

Besonders im Winter bin ich immer wieder erstaunt, wie die Leute hinsichtlich ihrer Kleidung die Zugfahrt überstehen bzw. überdauern. Es gibt eine ganze Gruppe von Menschen, ich nenne sie die „Steifen“, die tatsächlich eine Stunde oder mehr bei 22 Grad in ihrer Daunenjacke steif im Zug hocken und keinerlei Anzeichen von Überhitzung zeigen, nicht einmal das kleinste Anzeichen des Schwitzens.
Dann gibt es da noch die andere Gruppe, nennen wir sie mal die „Gemütlichen“. Diese setzen sich hin, hängen ihre Jacke auf und machen es sich gemütlich.

Worin liegt dieser Unterschied begründet? Im Grunde handelt es sich hier ja um ein physisches als auch psychisches Problem: Die einen fühlen sich angespannt und ihrer Umwelt gegenüber abweisend, die anderen leben auf (auch ich gehöre dazu), weil sie sich auf etwas Zeit zur Entspannung und Muße (Lesen, Musik hören etc.) freuen und diese auch optimal ausnutzen, sich gemütlich hinsetzen, Kontakte im Zug knüpfen etc… Die „Steifen“ zeichnen sich dagegen in der Regel auch dadurch aus, dass sie entweder aus dem Fenster oder auf die Rücksitzlehne starren. Das höchste der Gefühle ist oft das Musikhören.

Ganz unabhängig davon muss es aber doch verwundern, dass die einen absolut hitzeunempfindlich sind, wogegen andere nach 5 Minuten Schweißausbrüche bekämen, müssten sie bei 22 Grad in der Daunenjacke herum sitzen. Natürlich führe ich es teilweise auf die Gemütlich-/Ungemütlich-Persönlichkeiten der Leute zurück, aber kann dieses Gefühl der Ablehnung des Bahnfahrens so stark sein, dass man nicht mehr schwitzt?

Ziemlich wirr meine Gedanken, aber ich wäre sehr daran interessiert, einmal eure Meinungen zu hören, warum Menschen in dieser Hinsicht so unterschiedlich sind und was deren Beweggründe sind, nachdem ich dieses Verhalten jahrelang ratlos beobachtet habe.

Danke euch!

Servus,

es geht hier schlicht darum, ob man die Eisenbahn als ein Stück Öffentlichkeit oder als ein Stück „chez soi“ erlebt.

Das „öffentliche“ Reisen ist übrigens im Fernverkehr erst mit den Großraumabteilen üblich geworden. In den Sechserabteilen mit Seitengang war das Gefühl einer gewissen Intimität die Regel, u.a. mit dem Vorteil, dass Reisende selten mehr als zwei Plätze für sich und ihr Gepäck in Anspruch nahmen (heute ist vier die Regel), und dass es üblich war, eine Zeitung oder irgendein Reklamedingens unterzulegen, wenn man seine Reeboks auf dem Sitz gegenüber abschmieren wollte: Halt alles sone Sachen, die man zu Gast in einer fremden Wohnung so ähnlich handhaben würde.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hi,

ich verstehe deine Bewertung nicht. Nur weil man die Jacke nicht auszieht und keine Leute im Zug anquatscht, ist man ablehnend und ungemütlich und steif? Hm.
Ich finde Zugfahren sehr gemütlich, aber ich ziehe auch nicht immer die Jacke aus, und schon gar nicht mag ich dort mit Leuten Kontakt knüpfen (und das ganze Abteil hört zu, na danke). Ich schaue gerne aus dem Fenster, einfach weil es mich an Autofahrten als Kind erinnert, diese Bilder, die an einem vorbeirauschen. Und am allerliebsten höre ich dazu noch Musik, weil Musik und diese Rauschebilder einfach eine tolle Kombi sind. Ich lese auch gerne.
Ich hab beruflich und privat mit so vielen Menschen zu tun und rede so oft, ich freu mich darauf, wenn ich im Zug meine Ruhe habe und meinen Gedanken nachhängen kann. Deshalb fahre ich Zug. Und dass ich die Jacke auch bei einer Stunde manchmal nicht ausziehe, liegt daran, dass ich den Zug oft nicht als sooo warm empfinde, und außerdem mich gar nicht erst „häuslich einrichten“ möchte, wenn ich weiß, dass ich in einer Stunde eh wieder raus muss. Jacke ablegen ist für mich ein „ankommen“, im Zug bin ich aber nicht angekommen. Zudem könnte vielleicht noch jemand kommen und den Nebenplatz wollen, oder mich von meinem Platz vertreiben (weil ich nie reserviere). Und da mag ich mich nicht so ausbreiten.

Ich bin wirklich kein steifer und abweisender Mensch, nur weil ich anderen in einem Raum, in dem sie nicht weglaufen können, nicht meinen Kontakt aufdränge. Ich weiß auch gar nicht, was für dich außer Kontakten und Jacke ausziehen sonst den Unterschied ausmacht, denn bei der „gemütlichen“ Gruppe lobst du das Musikhören, bei der „ungemütlichen“ bezeichnest du es als „das höchste der Gefühle“ (ich schätze im ironischen Sinne).

gruß

Tempora mutantur…
Ach, Blumepeder,

das waren noch Zeiten…
Wo man auf stundenlangen Fahrten noch miteinander plauschte, sich gegenseitig Sahnebonbons und Kaffee aus der Thermoskanne anbot, Schwiegermütter, Reiseziele, Kochrezepte und Schlafgewohnheiten abhandelte, auf Schachpartner traf und mitreisende Kinderchen mal hier, mal da auf den Schoß kletterten… Habe so manche schöne Bahnfahrt in Erinnerung.
Zu Großraumwagen fallen mir bloß Handygequatsche, Laptopgeklacker, ksch-ksch-ksch-Ohrstöpselgeräusche und quengelige Kleinkinder ein…

*seufz*
Gruß Casta