Wieso dauert es ein dreiviertel Jahr bis es zu einer Verhandlung kommt? Am Beispiel der Tat in Mannheim. Und dann wird bereits darüber sinniert, dass es bis zum Herbst dauern wird bis ein Urteil gesprochen wird.
Bei der Vorstellung mein Kind würde bei solch einem Fall zu Schaden gekommen sein und die „Rechtsprechung“ braucht eineinhalb Jahre um zu einem Urteil zu gelangen, …
Schnellgerichte finde ich bei klaren Fällen und minderscheweren Vergehen wie Ladendiebstahl in Ordnung, denn je schneller die Strafe der Tat folgt, desto größer ist der Effekt auf den Täter.
Bei Kapitalverbrechen wird es dagegen zu langwierigen Ermittlungen kommen.
Wenn es um ein Leben hinter Gittern geht - und nicht um 20 Sozialstunden - arbeiten Staatsanwaltschaft und Rechtsanwälte penibel.
Und ja: Das ist auch gut so.
Bei allem Respeckt vor der Judikative, aber 9 Monate bis das Verfahren beginnt und nochmal so lange bis ein Urteil gesprochen werden könnte! Kein Befürworter eines Rechststaats wird für ein Verfahren innerhalb von wenigen Wochen plädieren.
BTW: meine Frage war nicht rhetorischer natur.
Denke einfach mal daran, dass Staatsanwälte und Richter nicht den ganzen Tag däumchendrehend rum sitzen und nur auf den einen späktakulären Fall warten, der dann irgendwann endlich kommt, um dann Vollzeit bearbeitet zu werden. Ich bin zwar durchaus auch kritisch, wenn da immer wieder von extremer Arbeitsüberlastung gesprochen wird, weil ich die Läden in der Innenansicht kennengelernt habe, und so den ein oder andere dort kenne, den man besser in der Kantine als im Büro sucht. Aber da laufen eben schon zig bis hunderte Fälle parallel, die teilweise sehr schnell und mehr oder weniger nebenbei bearbeitet werden können. Teilweise aber auch Jahre dauern, u.a. auch weil eben „nebenbei“ so viel Kleinkram zu erledigen ist. Man versucht zwar, bei den großen Verfahren einzelne Bearbeiter bestmöglich von anderen Dingen zu befreien. Aber der Fachkräftemangel und fehlendes Budget begrenzen auch diese Möglichkeiten massiv.
Dann schau Dir das Verfahren bis zum ersten Sitzungstermin an. Der Staatsanwalt bekommt den Fall auf den Tisch und muss sich dann zunächst mit dem auseinandersetzen, was ihm von der Polizei, Gerichtsmedizin, Kriminaltechnik, … übergeben worden ist. Auch dieses Material zu erstellen, hat dort schon nicht wenig Zeit gekostet. Dann muss er überlegen, was er noch so alles braucht, um eine Anklageschrift verfassen zu können, die dann auch im Zwischenverfahren zugelassen wird. D.h. da gehen dann Ermittlungsaufträge an die Polizei zurück, die da erst einmal bearbeitet und beantwortet werden müssen. Wenn er dann alles zusammen hat, setzt er sich hin und schreibt eine Anklageschrift, die je nach Fall auch schon mal zig Seiten haben kann. Und das ist kein literarisches Werk, sondern da muss man dann den Sachverhalt ganz exakt in einzelne Tatbestände aufdrösen, muss sich Gedanken machen, was man vorab schon gleich einstellt, weil es hinterher ohnehin im Gesamtkomplex untergehen wird, wie man durch welche Beweismittel genau was beweisen kann, …
Dann muss sich das Gericht im Zwischenverfahren mit dieser Anklageschrift auseinandersetzen und die Anklage zulassen (oder auch nicht).
Alleine die Aktenberge, die einzelne Fälle produzieren, muss jeder Beteiligte überhaupt erst einmal lesen und verstehen. Da reden wir in größeren Verfahren von Umzugskisten voll Papier (und am Umfang ändert auch eine Digitalisierung nichts). Dann gibt es auch - aus gutem Grund - jede Menge Fristen in der Bearbeitung, die dann vielfach nicht parallelisiert werden können, und oft genug auch noch verlängert werden müssen, weil auch Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte ganz normale Menschen sind, die mal krank werden können und Anspruch auf Urlaub haben, …
Und auch wenn ein Fall noch so eindeutig auf den ersten Blick aussehen mag, gibt es da oft genug mehr zu ermitteln und zu berücksichtigen und zu verstehen, als sich der Laie vorstellen mag. Denn ein Urteil sollte am Ende auch bestmöglich wasserfest sein, damit es nicht in höheren Instanzen dann wieder angreifbar ist, und das Spiel sich am Ende über viele Jahre mit Rückverweisungen hinzieht.
Speziell Gutachten z.B. über die Frage eines ggf. eingeschränkten Schuldfähigkeit sind auch nicht von jetzt auf gleich geschrieben. Da muss man sich zunächst überlegen, ob man diesen Weg überhaupt einschlagen will/muss. Dann muss man einen Gutachter finden, der das Gutachten schreiben soll und auch Zeit dafür hat. Dann kommt es zu Untersuchungen, … Alleine so ein Gutachten geht regelmäßig in die Monate. Und von dem hängt dann viel für den weiteren Ablauf ab.
Hallo @Wiz,
Schön erklärt und für alle „Bildzeitungsleser und Telgramhetzter“ verständlich gemacht. Vielleicht solltest du den Text mal an alle einschlägigen Medien schicken, eventuell wird das ja mal gedruckt oder vorgetragen im Radio. Es wird echt mal Zeit, dass viele Menschen verstehen, dass gerade im juristischem System auch Menschen sitzen die auch nur arbeiten können und mehr nicht. Und wenn man seine Arbeit gut und perfekt machen will, dann dauert das eben. Das unterscheidet einen Mechaniker wie mich nicht von einem Jurist wie du.
Gruß
Moin,
könnte damit zu tun haben, dass wir uns an Regeln halten müssen. Die Russen haben’s da besser, da bestimmt der Herr Putin, wie ein Urteil ausfällt. Geht schnell und kostfastnix.
Nicht zu vergessen auch die Frage, wie viele Richter, Staatsanwälte und sonstige Beteiligte am Verfahren wir uns leisten wollen.
Gruß
Ralf
Weil Gerichte dank 16 Jahren CDUCSU unterfinanziert und unterbesetzt sind.
Die Gerichte der Länder wie Land- und Oberlandesgerichte?
Nicht direkt, aber indirekt. Aus dem Grund hat der Bund ja mit den Ländern vor einigen Jahren den Pakt für den Rechtsstaat ins Leben gerufen und diesen maßgeblich finanziert.
Ein eigenes Gremium gründen, gegen den Amtsschimmel? Dann brauchts aber einen klingenden Namen, irgendwas mit taskforce oder Soko oder so …
Zäumst du das Pferd hier nicht von hinten auf? Weil der Bund jetzt etwas gemacht hat, was vornehmste Aufgabe der Länder ist, ist er für die angebliche Personalnot der Gerichte auf Landesebene verantwortlich?
Das hier:
ist eine Standardformulierung, wie mit sie in den Kommentarspalten linker Online-Medien häufig findet, zu allen möglichen Themen. Die Union ist halt an allem Schuld, und deswegen soll man jetzt die anderen Parteien, vor allem des linken Spektrums, bitte nicht so sehr kritisieren. Das Problemgebiet variiert, die 16 Jahre sind meistens mit dabei. Glaubst du, dass @HeldvomErdbeerfeld irgendwelche Erkenntnisse hatte, welche die Annahme rechtfertigen, dass „16 Jahre Union“ für den angeblichen Personalmangel in der Justiz verantwortlich sind? Glaubst du, er hat bedacht, dass es während der dunklen Merkelära keinen einzigen Bundesjustizminister und keine einzige Bundesjustizministerin mit CDU- oder CSU-Parteibuch gegeben hat? Vier Jahre FDP, zwölf Jahre SPD an der Spitze des Bundesjustizministeriums, und die Union ist Schuld? Ich würde viel eher SPD als CDU, CSU oder FDP wählen; ich finde aber solche Parolen problematisch.
Ich sehe auch die Annahme kritisch, dass der richterliche Dienst unterbesetzt ist, und das kann ich sehr konkret begründen: Ich hab eine Binnenperspektive. Ich weiß, dass die Flure ab 18 Uhr leer sind, freitags ab 14:00 Uhr, am Wochenende ganztägig. Ich weiß, dass viele eine zu hohe Arbeitsbelastung beklagen, dass aber gerade diejenigen mit einer anwaltlichen Vergangenheit, die nicht in den 90er-Jahre ihr Ende fand, den Unterschied in Sachen Belastung und Freizeit durchaus zu schätzen wissen. Und was mir noch wichtiger ist: Ich weiß, wie viel Zeit für Kaffeerunden und lange Pausen zur Verfügung steht.
Stell dir vor, du bist Richter auf Lebenszeit. Man kann dir nichts vorschreiben. Du kannst kommen und gehen, wann du willst, du kannst arbeiten, von wo du willst. Dir kann nichts passieren. Es ist nur menschlich, dass die notwendige Existenz dieser richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG) zu gewissen Verhaltensweisen verleitet.
Die Aussage, dass man mehr Personal braucht, kann man, wenn man will, vermutliuch immer irgendwie begründen, klar. Ob es was nützt, stehe dahin. Auf den ersten Blick mag das einleuchten, aber der zweite Blick zeigt manchmal etwas anderes.
Was man wirklich verschlafen hat, ist die Digitalisierung. Wie viel Mehrarbeit der Umgang mit mehrbändigen Papierakten macht … und das für ein Rx-Gehalt!
Die Verfahrensdauer im Mannheim-Prozess scheint mir allerdings angemessen. Mit Ermittlungsverfahren und allem drum und dran, kann das nicht viel schneller gehen. Aber das hat @Wiz ja schon erklärt.
Annedekotisch, eher zur Unterhaltung, hier noch ein BGH-Urteil zum Thema „bedenklicher Umgang mit den Resourcen der Justiz“ durch Richter eines Landgerichts (die bei Bekanntwerden der Revisionsentscheidung vermutlich keinen angenehmen Tag hatten):
Ich finde diese Art zu argumentieren immer wieder faszinierend, aber schauen wir uns doch mal diese „linken“ online medien an …
So viele Fälle wie noch nie: Richterbund warnt vor Überlastung der Strafjustiz
Richterbund schlägt Alarm: Personalmangel lässt Aktenberge wachsen
Sächsischer Richterverein warnt vor erheblichen Personalmangel | MDR.DE
Justiz: Verband beklagt Personalmangel bei Staatsanwaltschaften | ZEIT ONLINE
Massiver Personalmangel bei Staatsanwaltschaften in NRW
Das witzige an deinem Kommentar ist eigentlich das du erst vehement erklärst das die 16 Jahre Sparpolitik nicht schuld sind und das das nur uninformierte „linke“ behaupten weil die Justiz angestellten einfach zu faul sind, um dann zu sagen das es an der verschlafenen Digitalisierung liegt…
Kurze Gegenfrage, wer genau hat in den letzten Jahrzehnten die Digitalisierung verschlafen und Kupferkabel hofiert.
Ist das ein Scherz?
Kann es sein das Dir grundlegende Kenntnisse fehlen wie die Bundesregierung organisiert ist, oder glaubst du wirklich das der Justizminister mal eben wie ein Mittelalterlicher Fürst beschließen kann das man Deutschlandweit die Justiz um 3000 Personen vergrößert? Oder das die Justizminister in den 16 Jahren gegen den Willen der Regierungspartei einfach mal die Justiz nicht vergrößert haben?
Ich finde deine Art zu argumentieren leider weniger faszinierend. Du servierst uns hier nämlich Strohmann-Argumente, und das gehört sich nicht. Ich lege dir keine Worte in den Mund, und es wäre nett, wenn du das umgekehrt genauso halten könntest.
Spannend, was du so alles für „linke“ Online-Medien hältst.
Allerdings geht deine Auflistung an meinem Posting vorbei. Ich habe nicht die Inhalte von Online-Medien kritisiert, sondern auf die Kommentarspalten hingewiesen, wo sich Leserinnen und Leser über Artikel austauschen. Dort findet sich immer wieder die „Argumentation“, dass Dinge, die nicht gut laufen, an „16 Jahren Union“ liegen. Das ist die Behauptung einer Kausalkette, die in aller Regel nicht gerade überzeugend ist, um das einmal zurückhaltend zu formulieren.
Ich habe auch weder ausdrücklich noch implizit gesagt noch wollte ich sagen oder andeuten, dass
glauben, dass die Justiz durch „16 Jahren Sparpolitik“ kaputtgespart wurde. Mir wäre erst recht nicht eingefallen zu behaupten, dass
uninformierte Linke so dächten. Tatsächlich habe ich darauf hingewiesen, dass dieses „16 Jahre Union“-Argument in den Kommentarspalten der linken Medien weit verbreitet ist. Das ist eine empirische Feststellung. Es liegt nahe, dass du das weißt; denn du selbst bedienst dich dieser so weit verbreiteten Formulierung ja.
Richter und Richterinnen sind übrigens keine
Dasselbe gilt für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Du hast offenbar keine Ahnung vom Thema und willst mir mit meiner Binnenperspektive erzählen, wie es läuft?
Das habe ich mit keiner Silbe geschrieben. Ich habe in einer Nachricht an den guten @C_Punkt in Zweifel gezogen, dass du das beurteilen kannst:
Ich habe des Weiteren den Personalmangel bezweifelt. Natürlich in dem Bewusstsein, dass die meisten Richter und Richterinnen dieses Landes den Personalmangel sofort bestätigen würden und dass man einen Personalmangel fast immer finden kann, wenn man möchte.
Und nun eine ganz einfache Überlegung: Wenn ich den Personalmangel anzweifle, ob zu Recht oder nicht, wie kann ich dann Aussagen dazu treffen, wer „Schuld“ an ihm hat? Du unterstellst mir eine Behauptung, die sich nicht aus dem Wortlaut meines Postings ergibt, und die im Licht meiner Ausführungen keinen Sinn ergeben würde.
Ich meinte die Digitalisierung der Justiz. Und da lautet die Antwort auf deine Frage:
Vermutlich haben alle in ihrem Verantwortungsbereich ein wenig „geschlafen“. Die im Kontext der Ausgangsfrage Verantwortlichen sind für die Amts-, Land- und Oberlandesgerichte die Bundesländer, denn diese Gerichte sind Gerichte der Länder, nicht des Bundes. Das einzige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivil- und Strafrecht) auf Bundesebene ist der Bundesgerichtshof. In diesem Thread geht es aber um das Landgericht Mannheim und die Staatsanwaltschaft dieses LG-Bezirks. Es geht also um das Bundesland Baden-Württemberg (das übrigens seit 2011 einen grünen Ministerpräsidenten hat).
Und, nein, es kann nicht sein, dass mir
fehlen. Im Gegensatz zu dir habe ich Jura studiert. Staatsorganisationsrecht war die erste Vorlesung meines Lebens. Meine beste Studienleistung war eine Hausarbeit zur Entlassung eines Bundesministers. Und diese Arbeit wurde richtig, richtig, richtig gut bewertet. Mach dir mal um meine Kompetenz in der Frage, wie die Bundesregierung „organisiert“ ist, keine Gedanken.
Natürlich nicht. Ich lasse jetzt mal die Frage weg, ob deine Vorstellung davon, wie Fürsten im Mittelalter Recht gesetzt haben, fachlich fundiert ist, und komme zum Kern:
Du bist doch derjenige, der das politische Geschehen hoffnungslos unterkomplex darstellt. Du behauptest, dass „16 Jahre Union“ Schuld am Ressourcenmangel der Justiz sind und das ohne Begründung. Wenn, wie du implizit behauptest, der Bund für die Kapazitäten der Gerichte der Bundesländer verantwortlich ist, wäre es natürlich zu einfach zu sagen, die Schuld müsse bei SPD und FDP liegen. Wenn aber
-
das Bundesjustizministerium als das zuständige Fachministerium, von dem die Initiativen für die Gesetzesentwürfe der Bundesregierung ausgehen, seit 60 Jahren nicht mehr von einer Person mit Parteibuch der CDU oder der CSU geführt wurde, und
-
die SPD in den letzten 27 Jahren nur vier Jahre lang nicht an der Regierung beteiligt war,
-
SPD und FDP mit jeweils zehn Personen fast immer an der Spitze des Justizministerium standen, und
-
die FDP allein in diesem Jahrhundert schon sieben Jahre an der Regierung beteiligt war und die Jahrzehnte vor 1998 die allermeiste Zeit ebenfalls,
scheint mir die Behauptung, „16 Jahre Union“ seien für alles Schlechte in diesem Land, den Ressourcenmangel der Justiz in allen Bundesländern und die Verfahrensdauer in Mannheim verantwortlich, noch krasser. Darum habe ich es erwähnt. Es geht mir nicht um die Union, sondern um dich und deine Argumentation.
Die Krone war deine Behauptung, man könne die Verfahrensdauer des Mannheim-Prozesses auf „16 Jahre Union“ zurückführen. Denn @Wiz hatte längst erklärt, wie es zu dieser Verfahrensdauer kommt, und zwar fachlich fundiert und inhaltlich korrekt. Da den Kopf durch die Tür zu stecken und zu sagen: „Nein, nein, 16 Jahre Union sind Schuld!“, ist hanebüchen und angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits vorgetragenen Erläuterungen nicht sehr respektvoll.
Ich teile die Einschätzung von Wiz, dass das Verfahren in Mannheim im zeitlich akzeptablen Rahmen liegt. Darum gibt es keine Schuld, die man irgendwem geben könnte. Die Union ist nicht Schuld, die Justiz auch nicht und der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg genauso wenig.