Verifizierbarkeit politischer Anschauungen?

Hallo und guten Tag,

es gibt ja oft Steit innerhalb der Parteien und auch der Parteien untereinander, was denn nun die richtigen politischen Maßnahmen zur Lösung von Problemen sind, etc.

Diese Streitigkeiten sind aber doch nur dadurch möglich, dass jedes Lager für sich beansprucht, Recht zu haben.

Es können aber nicht alle gleichzeitig Recht haben, manche müssen sich in ihren Auffassungen täuschen, die Frage ist nur, wer.

Ist es denn tatsächlich nicht möglich, empirisch oder wissenschaftlich zu verifizieren, bzw. zu falsifizieren, welche Parteiprogramme inhaltlich Sinn machen, bzw. welche nicht?

Beispiel:

Nehmen wir als Extrempositionen die Position der FDP einerseits und die der Partei Die Linke andererseits.

Wenn man die Politiker dieser verschiedenen Parteien in Talk-Shows sich anhört, würde man am liebsten beiden Recht geben, weil sich sowohl die Thesen des einen, als auch die des anderen sehr plausibel anhören.

Ganz vereinfacht sagt die FDP, man dürfe den Reichen und Erfolgreichen das Leben nicht schwer machen und finanziellen Erfolg nicht bestrafen, weil es sonst unattraktiv wird, sich anzustrengen und Leistung zu bringen. Folglich engagieren sich dann weniger Menschen in ihrem Beruf, es gibt weniger Unternehmer, weniger Forscher, weniger Wissenschaftler und Akademiker, etc. folglich sinkt das Wachstum, die Arbeitslosigkeit steigt, etc.

Die Linke sagt vereinfacht: Die Reichen sind nur deshalb reich, weil sie es durch Umverteilung den anderen Menschen abgenommen haben. Eigentlich erwirtschaften die einfachen Leute, Handwerker, Fabrikarbeiter, etc. die Werte und machen die Unternehmer reich. Selbst bekommen die Arbeitnehmer von diesem Kuchen aber sehr wenig ab.
Folglich müsse man die Reichen ärmer machen, indem man die Umverteilung umkehrt und den einfachen Leuten mehr Geld zukommen läßt, etc.

Entscheidend ist doch aber letztlich, welche dieser beiden Positionen tatsächlich stimmt, also unter objektiven Gesichtspunkten.

Gibt es eine Möglichkeit, diese Postionen unter wissenschaftlichen oder empirischen Gesichtspunkten zu untersuchen? An welcher These ist denn nun was dran, an welcher nicht?

Gibt es dazu irgendwelchen Erkenntnisse?

Ich habe mit der FDP und mit Die Linke absichtlich zwei in ihren Positionen extrem weit auseinanderliegende Parteien gewählt, um meine bewußt Frage zu überspitzen.

Man könnte genausogut zwei beliebig andere Parteien vergleichen.

Vielen Dank und schönen Tag,

Hilde

Hallo Hildegard, du wirfst eine spannende Frage auf, die schwer zu beantworten ist. Ich greife mal zwei, drei Gedanken heraus:

Es können aber nicht alle gleichzeitig Recht haben, manche
müssen sich in ihren Auffassungen täuschen, die Frage ist nur,
wer.

Doch, es können beide gleichzeitig Recht haben, weil sie konkurrierende Interessengruppen vertreten. Platt gesagt: Wenn du reich bist, hat die FDP Recht; wenn du arm bist, haben die Linken Recht. Wenn du ein Urteil über die gesamte Gesellschaft fällen willst, musst du dich also entscheiden, ob dir die Reichen oder die Armen wichtiger sind. Das kann man nicht „objektiv“ entscheiden, weil die Gesellschaft dazu viel zu komplex ist. Wir blicken sie immer unter sehr ausgewählten Gesichtswinkeln an und vernachlässigen in unserem Urteil notwendigerweise große Teile der Realität.

Ganz vereinfacht sagt die FDP, man dürfe den Reichen und
Erfolgreichen das Leben nicht schwer machen und finanziellen
Erfolg nicht bestrafen, weil es sonst unattraktiv wird, sich
anzustrengen und Leistung zu bringen.

Es fällt auf, dass diese Position eine Prognose ist. Die FDP prophezeit hier etwas für die Zukunft. Wir können aber gar nicht sicher wissen, was in Zukunft passieren wird oder was passieren würde, wenn man das und das ändert.

Die Linke sagt vereinfacht: Die Reichen sind nur deshalb
reich, weil sie es durch Umverteilung den anderen Menschen
abgenommen haben.

Dies ist eine Betrachtung der Vergangenheit. Das kann man schon besser überprüfen, zumindest theoretisch. Genau genommen sagen die Marxisten, die Unternehmer haben ihr Geld durch die Ausbeutung der Arbeiter erworben; dadurch, dass die Nutzung der Arbeitskraft ihnen mehr einbringt als sie an Lohn dafür bezahlen müssen. Diese Einschätzung ist umstritten, weil sie die Verhältnisse stark vereinfacht und bestimmte Faktoren ausblendet, z.B. die Kreativität von Unternehmern, die neue Waren erfinden und neue Märkte erschließen. Was man objektiv nachweisen kann, ist die seit etwa 1995 laufende Umverteilung der Einkommen und Vermögen zugunsten der Reichen. Die FDP bestreitet das im Detail gar nicht, redet aber ungerne darüber, und wenn doch, bewertet sie es positiv. Sie sagt dann halt, das sind die Leistungsträger; nur die bringen uns voran. Es wird immer ihr Geheimnis bleiben, inwieweit ein Hedgefonds-Manager, der gerade die nächste Finanzkrise vorbereitet, oder ein Unternehmensberater, der gerade die Entlassung von 2000 Arbeitern und Angestellten organisiert, „uns“ voranbringt. Man frage in so einem Fall stets: Wen meinen Sie mit „uns“?

Viele Grüße
tonikal
http://tonikal.blogspot.com

Hallo, tonikal,

danke erstmal.

Es können aber nicht alle gleichzeitig Recht haben, manche
müssen sich in ihren Auffassungen täuschen, die Frage ist nur,
wer.

Doch, es können beide gleichzeitig Recht haben, weil sie
konkurrierende Interessengruppen vertreten. Platt gesagt: Wenn
du reich bist, hat die FDP Recht; wenn du arm bist, haben die
Linken Recht. Wenn du ein Urteil über die gesamte Gesellschaft
fällen willst, musst du dich also entscheiden, ob dir die
Reichen oder die Armen wichtiger sind. Das kann man nicht
„objektiv“ entscheiden, weil die Gesellschaft dazu viel zu
komplex ist.

Ja, da ist schon was dran. Allerding geht es auch nicht darum, eine These oder Theorie danach zu beurteilen, ob sie einem gefällt oder nicht. Falls die FDP-These zutreffend wäre, müßte diese auch von einem armen Mensch unterstützt werden.

Ganz vereinfacht sagt die FDP, man dürfe den Reichen und
Erfolgreichen das Leben nicht schwer machen und finanziellen
Erfolg nicht bestrafen, weil es sonst unattraktiv wird, sich
anzustrengen und Leistung zu bringen.

Es fällt auf, dass diese Position eine Prognose ist. Die FDP
prophezeit hier etwas für die Zukunft. Wir können aber gar
nicht sicher wissen, was in Zukunft passieren wird oder was
passieren würde, wenn man das und das ändert.

Gut. Aber gibt es denn aus der Vergangenheit keine entsprechenden Erfahrungswerte? Wurden nicht schon einmal irgendwo auf der Welt die Reichen entlastet mit dem Argument, das würde das Wachstum und damit den Wohlstand für alle, also auch für die Armen, steigern? Dann könnte man nämlich überprüfen, was tatsächlich daraus geworden ist.

Interessant finde ich die FPD-Theorie, dass die Steuereinnahmen des Staates sogar steigen, wenn ich die Steuern senke.
Die Überlegung dabei ist, dass 30% von einer Million (macht 300.000 €) mehr sind, als 40% von 500.000 (macht 200.000 €).

Dies setzt natürlich voraus, dass ein Notar, ein Architekt, ein Fabrikant nur aufgrund der Tatsache, dass der Steuersatz von 40% auf 30% gesenkt wurde, nun statt 500.000 nunmehr 1 Million Gewinn macht, weil er Spaß am Geldverdienen bekommen hat.

Wenn dies so wäre, würde das Zahlenbeispiel tatsächlich stimmen.

Gibt es dazu Erfahrungswerte, wie sich Steuersenkungen tatsächlich auf Wachstum und Steuereinnahmen ausgewirkt haben?

Die Linke sagt vereinfacht: Die Reichen sind nur deshalb
reich, weil sie es durch Umverteilung den anderen Menschen
abgenommen haben.

Dies ist eine Betrachtung der Vergangenheit. Das kann man
schon besser überprüfen, zumindest theoretisch. Genau genommen
sagen die Marxisten, die Unternehmer haben ihr Geld durch die
Ausbeutung der Arbeiter erworben; dadurch, dass die Nutzung
der Arbeitskraft ihnen mehr einbringt als sie an Lohn dafür
bezahlen müssen. Diese Einschätzung ist umstritten, weil sie
die Verhältnisse stark vereinfacht und bestimmte Faktoren
ausblendet, z.B. die Kreativität von Unternehmern, die neue
Waren erfinden und neue Märkte erschließen. Was man objektiv
nachweisen kann, ist die seit etwa 1995 laufende Umverteilung
der Einkommen und Vermögen zugunsten der Reichen. Die FDP
bestreitet das im Detail gar nicht, redet aber ungerne
darüber, und wenn doch, bewertet sie es positiv. Sie sagt dann
halt, das sind die Leistungsträger; nur die bringen uns voran.
Es wird immer ihr Geheimnis bleiben, inwieweit ein
Hedgefonds-Manager, der gerade die nächste Finanzkrise
vorbereitet, oder ein Unternehmensberater, der gerade die
Entlassung von 2000 Arbeitern und Angestellten organisiert,
„uns“ voranbringt. Man frage in so einem Fall stets: Wen
meinen Sie mit „uns“?

Stimme ich Dir voll und ganz zu. Der Kapitalismus ist nicht das Problem, aber diejenigen die ihn mißbrauchen.
Ist das Messer daran Schuld, dass jedes Jahr so und soviele Menschen erstochen werden, oder ist das Auto daran Schuld, dass jedes Jahr Tausende im Straßenverkehr umkommen?

Interessant ist ja auch, dass die Führer der UdSSR selbst auch gar nicht so arm waren. Die Datscha von Breschnew war zwar offiziell Volkeigentum, faktisch aber sein Privateigentum.

Aber in der UdSSR war der Kommunismus in seiner theoretischen Reinform ja auch nie verwirklicht. Das muss man fairerweise auch erwähnen.

Gibt es historische Beispiele dafür, dass man den Armen geholfen hat, indem man die Reichen bekämpft hat?

Ist es tatsächlich nicht möglich, diese verschiedenen Thesen in objektiver Hinsicht zu überprüfen?

Viele Grüße, Hilde

http://tonikal.blogspot.com

Falls die FDP-These zutreffend wäre, müßte
diese auch von einem armen Mensch unterstützt werden.

Nein, müsste sie nicht. Die FDP behauptet lediglich, Steuersenkungen würden die Wirtschaft voranbringen, also Umsätze und Gewinne der Unternehmen steigen lassen. Ob das für die Armen was bringt, dazu sagt die FDP nichts Konkretes.

Gut. Aber gibt es denn aus der Vergangenheit keine
entsprechenden Erfahrungswerte? Wurden nicht schon einmal
irgendwo auf der Welt die Reichen entlastet

Dieses Experiment läuft in Europa und USA seit ca. 20 Jahren. Seit 20 Jahren werden permanent Steuern für Reiche und Unternehmer gesenkt. In Westdeutschland wurde schon vor über 20 Jahren die Vermögensteuer abgechafft, der Spitzensteuersatz beim Einkommen wurde von 60 schrittweise auf 40 % gesenkt. In der Folge stiegen zwar die Unternehmergewinne, aber Arbeitslosigkeit, Armut und Staatsverschuldung nahmen trotudem zu.

In Usa gab es unter Reagan in den 1980er Jahren und erneut unter Bush Jr. 2001-08 massive Steuersenkungen für Unternehmer und Reiche. Jedes Mal stieg dabei die Staatsverschuldung massiv an, und jedes Mal wurden die Einkommen der Armen geschmälert.

Das FDP-Argument ist auch deswegen Quatsch, weil die FDP so tut, als würden Steuereinnahmen aus der Wirtschaft verschwinden. Tun sie aber nicht; der Staat investiert dieses Geld ja oder zahlt es als Gehalt an ANgestellte und Beamte aus oder als Sozialleistung an Arme - dieses Geld fließt also in den Wirtschaftskreislauf zurück. Für die Konjunktur macht es keinen Unterschied, ob 1 Euro vom Staat oder von einem Privatmenschen ausgegeben wird. Die FDP missachtet, dass das Geld, das der Staat nicht mehr einnimmt, vom Staat auch nicht mehr ausgegeben und investiert werden kann. Stattdessen fließt es wahrscheinlich in Finanzgeschäfte und wird bei der nächsten Finanzkrise verzockt.

Interessant finde ich die FPD-Theorie, dass die
Steuereinnahmen des Staates sogar steigen, wenn ich die
Steuern senke.
Die Überlegung dabei ist, dass 30% von einer Million (macht
300.000 €) mehr sind, als 40% von 500.000 (macht 200.000 €).

So etwas ist nach Aussage des früheren Finanzministers Steinbrück noch nie irgendwo passiert. Stattdessen stehen jetzt gerade Länder wie Griechenland und Irland, die Steuerhinterziehung im großen Stil geduldet oder extrem niedrige Unternehmenssteuern kassiert haben, im Bankrott. Google Europe z. B. zahlt im einer irischen Steueroase m. W. bis heute ca. 1-2 % Steuern auf seine Milliardengewinne. Deshalb ist Irland jetzt pleite.

Dies setzt natürlich voraus, dass ein Notar, ein Architekt,
ein Fabrikant nur aufgrund der Tatsache, dass der Steuersatz
von 40% auf 30% gesenkt wurde, nun statt 500.000 nunmehr 1
Million Gewinn macht, weil er Spaß am Geldverdienen bekommen
hat.

Spaß am Geldverdienen haben fast alle Menschen, ganz unabhängig vom Steuersatz. In Schweden gab es in den 1970er Jahren einen Spitzensteuersatz von 90 %, und trotzdem wurde dort Geld verdient.

Stimme ich Dir voll und ganz zu. Der Kapitalismus ist nicht
das Problem,

Ich denke schon, dass er das Problem ist. Auch das Auto ist ein Problem an sich.

Interessant ist ja auch, dass die Führer der UdSSR selbst auch
gar nicht so arm waren.

Ja, auch Honecker war nicht arm. Er leistete sich in etwa den Luxus eines florierenden schwäbischen Dachdeckermeisters mit 8 Beschäftigten. Oder eines durchschnittlichen Westberliner Zahnarztes.

Gibt es historische Beispiele dafür, dass man den Armen
geholfen hat, indem man die Reichen bekämpft hat?

Ja. In Cuba z.B. wurde nach der sozialistischen Revolution von 1959 ein vorbildliches Gesundheits- und Bildungswesen aufgebaut, das in der Dritten Welt seinesgleichen suchte. In der Sowjetunion, in Jugoslawien und im ganzen Ostblock, außer vielleicht in Rumänien, gab es 1989 so gut wie keine Armut, so wie man sie aus Dritte-Welt-Ländern kennt. Seit diese Länder kapitalistisch sind und es dort wieder Reiche gibt, gibt es auch wieder Arme, Obdachlose, Hungernde, Leute ohne Gesundheitsversorgung usw.

Viele Grüße, tonikal
http://tonikal.blogspot.com

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Hallo,

dann haben wir, bzw. hast Du die Frage doch noch beantwortet, wer Recht hat mit seinen Theorien - eher DIE LINKE als die FDP.

Wenn das stimmt, dann müßten sich auch die Reichen fügen und einen Teil ihres Vermögens wieder an das Volk abgeben. Ich könnte mir vorstellen, dass die das gar nicht gerne tun würden. Vor allem gäbe es dann ich mehr lange Reiche, die Geld zur Verfügung stellen könnten.

Es ist tatsächlich alles sehr komplex, wie Du eingangs ja auch geschrieben hast.

Es gibt ehrbare Unternehmer, aber auch fiese Abzocker, Halsabschneider und Heuschrecken, es gibt Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, aber es gibt auch Schmarotzer, die gar nicht daran denken zu arbeiten.

Es ist sehr schwer - fast unmöglich - eine Wirtschaftstheorie zu entwerfen, die allen gleichzeitig gerecht wird.

Führt man eine hohe Vermögensabgabe ein, dann bestraft man zwar zurecht die gierige Heuschrecke, die Unternehmen aufkauft, Teile davon wieder verkauft, den Rest abwickelt und die Arbeiter entläst, man trifft aber auch den ehrbaren (mittelständischen) Unternehmer, der sein ganzes Leben über hart gearbeitet und den Menschen in der Region Arbeit und Einkommen gegeben hat.

Kürzt man Harzt IV, dann trifft man damit zwar die Schmarozer, aber auch die unschuldig in Not geratenen Menschen.

Was mich bei der linken Theorie allerdings sehr stört, ist die Forderung nach Ergebnisgleichheit. Chancengleichheit für alle ist wichtig, aber Ergebnisgleichheit kann nicht richtig sein.

Beispiel:
Es gibt ja die sozialistische Diskussion, so nach dem Motto: Warum verdient der Notar einen Million im Jahr, seine Angestellten aber nur 40.000? Das ist doch ungerecht.

Da sage ich: Das ist nicht ungerecht. Der Notar hat dafür, dass er heute soviel Kohle schäffelt, auch einiges tun müssen, z. B. ein unverschämt gutes Jurastudium ablegen müssen. Das ist eine große Leistung. Das hätten seine Angestellen ja auch tun können, dann wären sie jetzt auch Notar.

Entweder sie wollten oder sie konnten es nicht. Deshalb verdienen sie eben auch entsprechend weniger.

Jeder ist seines Glückes Schmied ist zwar eine abgetroschene Floskel, aber es steckt ein Kern Wahrheit darin.

Klar, wenn der Jurastudent natürlich nen Onkel im Landtag sitzen hat, der ihm ne Notarstelle zugeschoben hat und ein anderer Jurastudent, mit ebenfalls hervorragenden Leistungen, aber ohne Beziehungen, bekommt keine Notarstelle, dann sieht die Sache natürlich schon wieder anders aus.

Noch was zu Osteuropa und dem Kommunismus:
Ich glaube, dass der Kommunismus die menschliche Leistungsbereitschaft sehr stark gehemmt hat, was allerdings nicht am Kommunismus liegt, sondern am Menschen.

Beispiel dazu:
Neulich kam im Fernsehen ein Bericht über Bulgarien in den 1980er Jahren.

Es ging um die Weizenernte in einer landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaft. Der Wetterbericht sagte für die nächsten Tage schwere Unwetter voraus. Der Bauer im Kapitalismus hätte noch schnell die Ernte eingefahren, bevor das Unwetter sie zerstört. Die Bauern in der bulgarischen LPG haben es umgekehrt gemacht. Sie haben erst das Unwetter abgewartet und dann geerntet, allerding nur noch sehr wenig.
Was war der Grund? (Du wirst es schon ahnen…) Im nächsten Jahr wird der Ernteertrag des Vorjahres als Maßstab für die Planerfüllung herangezogen. Folglich hatten die Bauern für das nächste Jahr eine niedrige Vorgabe, die sie bei normaler Ernte locker erreichen konnten.
Hätten sie vor dem Unwetter geerntet, dann hätten sie sich im nächsten Jahr viel schwerer getan, das Soll zu erfüllen.

Verstehe mich nicht falsch: Diese Vorgehensweise ist aus Sicht der Bauern ziemlich intelligent und für mich auch sehr gut nachvollziehbar, aber sie ist trotzdem haarsträubend falsch und Gift für Wachstum und Wohlstand.

Liegt aber - wie gesagt - an der Verderbtheit der Menschen, nicht am kommunistischen System.

Danke für die Diskussion.

Schönen Tag, Hilde

Guten Tag,
für mich als jemand, der politisch aktiv ist, gibt es kaum harte Fakten. Beispiel: Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit? Die Linke sagt: Massenarbeitslosigkeit, die FDP sagt „Vollbeschäftigung“.
Es kommt darauf an, worauf man sich bezieht: Die nackten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit weisen in Baden-Württemberg eine Arbeitslosigkeit von 3,9% aus.
Da viele ihre Jobs wechseln etc. kann man sagen, quasi alle sind versorgt.
Wenn man aber alle Menschen, die Kinder erziehen, die in 1 oder 2-Euro-Jobs stecken, die Fortbildungen oder Umschulungen machen, die aus dem Leistungsbezug geflogen sind, die weniger als 19 Stunden/Woche arbeiten wollen, die über 55 Jahre alt sind etc. dazuzählt, kommt man auf ganz andere Zahlen: Alle diese Gruppen werden nämlch aus der Statistik geworfen, so dass die „Linke“ von Massenarbeitslosigkeit spricht.
Es gibt keine Wahrheiten in der Politik, nur Überzeugungen.
Und ich ringe mit politischen Gegnern um Überzeugungen - und habe immer im Kopf, dass ich nicht die Wahrheit gepachtet habe.

Viele Grüße
strandperle02

Ebenfalls guten Tag,

zunächst besten Dank.

Wenn Ihre Ausführungen zur Arbeitslosen-Statistik zutreffend sind - was ich nicht beurteilen kann - dann ist doch ganz klar, dass die Linke Recht hat. Durch Statistik-Tricks kann man zwar auf dem Papier Vollbeschäftigung erreichen, aber das schließt nicht aus, dass es tatsächlich gar keine Vollbeschäftigung gibt.

Wenn man Menschen, die faktisch arbeitslos sind, aus der Statistik heraus nimmt, dann sind sie immer noch arbeitslos.

Es gibt keine Wahrheiten in der Politik, nur Überzeugungen.
Und ich ringe mit politischen Gegnern um Überzeugungen - und
habe immer im Kopf, dass ich nicht die Wahrheit gepachtet
habe.

Und genau das glaube ich eben nicht!!! Es gibt Wahrheiten, es muss sie geben. Es ist nur sehr schwer, diese herzuleiten, bzw. zu finden.

Wenn jemand - wie Sie - von etwas überzeugt ist, dann kann er ja genau begründen, warum er überzeugt ist. Fraglich ist nur, ob seine Gründe zutreffend sind oder nicht.

Wir haben ja alle eine bestimmte Menge an Informationen zur Verfügung, aus der wir uns ein Weltbild - also auch politische Überzeugungen - zusammenzimmern. Fraglich ist nur, ob diese Informationen richtig sind, bzw. ob sie vollständig sind.

Und das ist wohl das große Problem. Wir würden viele Dinge anders sehen, wenn wir es besser wüßten, wenn wir andere, bzw. vollständigere Informationen bezüglich einer bestimmten Sache hätten.

Beispiel:
Vergleichen Sie doch mal Ihr Weltbild, das Sie im Alter von 20 Jahren hatten, mit Ihrem jetzigen Weltbild. Es dürfte sich stark verändert haben. Woran liegt das? Sie waren mit 20 sicherlich nicht dümmer, als heute.
Es liegt wohl an der Art und an der Menge der für Sie verfügbaren Informationen und auch an Ihrem geänderten Interesse, welche Informationen Sie überhaupt haben wollen, bzw. welche Themen Sie interessieren und zu welchem Themen Sie somit überhaupt Informationen sammeln (wollen).

Das ist meine Überzeugung, die meiner Meinung nach zutreffend ist, weil ich sie sonst nicht hätte, aber sie ist es wahrscheinlich trotzdem nicht.

lg Hilde

Grob vereinfacht ausgedrückt hat so ziemlich jede Partei Ihre eigenen „wissenschaftlichen Beweise“ erbracht durch: Universitätsprofessoren, Wirtschaftsforschungsinstitute und Gutachten durch Interessensverbände. Ich persönlich möchte glauben, dass es viele Konzepte gibt, die funktionieren können, dass allerdings jedes Konzept nicht nur Chancen sondern auch Risiken mit sich bringt. Ebenso gilt vielleicht auch >Frei nach Konfuzius