Verkehrsunfall - Strafe verhältnismäßig?

Hallo,

ich wäre dankbar, wenn mir jemand bei dem Verständnis/ der Einordnung dieses Gerichtsurteils helfen könnte.

Die verletzte Rennradfahrerin ist „schnell“ gefahren, aber keineswegs zu schnell (es waren 50km/h erlaubt, sie fuhr etwa 30 km/h, die Stelle ist ebenerdig). Sie wurde schwerverletzt und hat laut Aussagen der Ärtze „unverschämtes Glück“ gehabt, nicht querschnittgelähmt (ab Hals) oder gar tot zu sein.

Was mich bei dem Urteil nachdenklich macht:

  1. das nur einmonatige Fahrverbot (ich kenne einige Fälle, wo es drei Monate gab, ohne Personen- und geringem Sachschaden)
  2. das legere „die Enkel beschwern sich, dass die Oma so langsam fährt“ - das klingt so flapsig (nicht, dass die Enkel das sagen, ich weiß ja auch nicht, wie alt diese sind, sondern dass die „Oma“ das so nebenher locker und flockig erzählt und das wirkt verschmitzt, belustigt, …)
  3. Kann in so einem Fall eine Fahrtüchtigkeitsuntersuchung angeordnet werden? Wenn ja, wäre das nicht notwendig?

Danke schonmal.

Grüße
Siboniwe

Der verlinkte Zeitungsbericht lässt keine Interpretation des Urteils zu. Freilich ist es sehr bedauerlich, dass es zu solchen Unfällen alltäglich kommt, aber es „menschelt“ halt auch im Straßenverkehr.
Das in Geldstrafe umgewandelte Fahrverbot ist eine Konzessionsentscheidung, die man sicher nicht sooo getroffen hätte, wäre die Dame halbblind oder -taub.

Fehler, die im Straßenverkehr gemacht werden, sind halt oft folgenschwerer, als wenn einem in der Küche der Topf runterfällt. Meiner Tochter wurden von einem Führerscheinneuling beide Unterschenkelknochen gebrochen, der gemeint hat, er müsse einen Schulbus in völlig unangemessenem Tempo an der Haltebucht überholen.

Ja, sofern nicht ohnehin schon geschehen, sollte sich die Autofahrerin zumindest einem Sehtest unterziehen müssen, auch wenn sie eine beachtliche Referenz unfallfreier Jahre vorweisen kann.
Der Radfahrerin hilft das aber auch nicht mehr…

Hi,

von solchen Unfällen liest man als Radler mit einer unschönen Regelmäßigkeit. Allerdings sind meist die Folgen für die Autofahrer weniger drastisch. Radfahren ist ein gefährliches Hobby, Unfälle passieren aber auch einfach. Wer jegliches Riskio scheut, darf nicht vor die Haustür treten. Wenn die Oma allerdings jetzt dermaßen verunsichert ist, sollte sie in Erwägung ziehen entweder den Lappen abzugeben oder über begleitetes Fahren wieder zu einem normalen Verhalten zu finden. Unsichere Fahrer sind gefährlich!

Mal nebenbei: 30 km/h mit einem Rennrad ist nicht schnell (das fahre ich auf einer 80 km Runde als Schnitt, ~800 hm), ein Rad gehört zunächst einmal auf die Straße; im Zeitungsbericht steht leider nicht, ob es ein benutzungspflichter Radweg oder ein Radschutzstreifen ist.

Gruss,
Little.

Leider Gottes werden Rennräder im öffentlichen Straßenverkehr oft unterschätzt, ebenso inzwischen die E-Bikes.
Viele glauben, sie würden es noch über die Kreuzung schaffen und nehmen dann den Radfahrern die Vorfahrt.
Versuche haben ergeben, dass Autofahrer in vielen Fällen noch zu spät losfahren oder abbiegen würden, auch wenn der Radfahrer bereits zu nahe ist.

Hallo,

soweit ich weiß, war es innerorts (Königstein ist nicht so groß), eine Straße ohne Radweg. Die verletzte Radfahrerin ist eine sehr erfahrene und umsichtige Radfahrerin.

Hat jetzt nichts direkt damit zu tun, aber ich kriege noch jedes mal Gänsehaut, ernn uch an das Röntgenbild ihres Halses mit den Metallschienen und -schrauben denke, bzw. Ihre Narbe (da sie da noch ein paar Mal operiert werden muss, trägt sie die Haare kurz).

Grüße
Siboniwe

Grundsätzlich ja. Aber das „einmalige“ Übersehen eines anderen Verkehrsteilnehmers ist nicht speziell altersbezogen. Es geschieht doch (leider) ständig, in allen Verkehrssituationen und in allen Altersklassen.
Ich glaube nicht, das die Verkehrsbehörde hier von sich aus eine Überprüfung einleitet.

Und noch einmal zur Strafzumessung.
Offenbar hat man im 2. Verfahren die Milderungsgründe bei der Sperre neu bewertet oder, das scheint mir naheliegender, erstmals überhaupt bewertet ! Irgendwie sind die Gründe wohl nicht angeführt worden oder schlicht irgendwie „untergegangen“.

Lange Fahrpraxis, keine Unfälle, keine Punkte.

MfG
duck313

Dein Gruseln kann ich mir vorstellen, trotz allem hat die Radfahrerin ein Schweineglück gehabt!

Leider bringt einem selbst das umsichtigste fahren nichts, wenn es ganz blöd läuft. Auf dem Rad ist man einfach ungeschützt.

Ich stelle in den letzten 2-3 Jahren für mich fest, dass Radfahrer* teilweise von Autofahrern* massiv genötigt und bedrängt werden. Aber das ist ein ganz anderes Thema…

Gruss,
Little

*es gibt auf allen Seiten Nutzer der jeweiligen Verkehrsart (Rad, Fuß, Auto, Roller…) die sich nicht benehmen können und meinen sie / er wäre Queen / King of the road. Es gibt aber auch solche, die sich vernünftig verhalten

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Jeder der Auto fährt wird sich an Situationen erinnern, die „noch mal gut gegangen“ sind. Je mehr Kilometer man runter gespult hat, um so mehr solche Situationen. Und neben den bemerkten Situationen gibt es noch eine hohe Dunkelziffer von weiteren Situationen, die genauso kritisch waren, die man aber nicht einmal im Nachhinein bemerkt hat.

Und dies gilt für Radfahrer und Fußgänger, … gleichermaßen.

Das Schlimmer an den Situationen, in denen es dann mal nicht mehr „gut gegangen“ ist, ist bei den Autofahrern das erheblich größere Risiko hierdurch massive Sach- und Personenschäden zu verursachen. Der für eine tödliche Verletzung verantwortliche Fußgänger ist die absolute Ausnahme, mit dem Auto passiert dies regelmäßig, ohne dass der zu machende Vorwurf an der ursächlichen Sorgfaltspflichtverletzung grundsätzlich größer wäre. Die Theorie, im Bewusstsein der Gefährlichkeit des Autos sorgfältiger unterwegs sein zu müssen, als man dies als Radfahrer oder Fußgänger müsste, ist ja „nett“. In der Praxis übersieht der Autofahrer nicht weniger als der Radfahrer, ggf. aufgrund der höheren Geschwindigkeit sogar mehr. Und dies nicht, weil er besonders nachlässig wäre, oder vorsätzlich handeln würde,

So schlimm die Folgen im konkreten Fall auch sein mögen, so wenig kann ich in der Fallbeschreibung erkennen, dass hier ein größerer Vorwurf in der konkreten Situation zu machen wäre, oder dass es hier um eine Fahrerin gehen würde, die grundsätzlich eine Gefahr für andere darstellen würde. Insoweit sollte sich die Strafe hier am unteren Ende der Möglichkeiten bewegen. Und seien wir als Verkehrsteilnehmer alle froh, dass uns solche Situationen bislang erspart geblieben sind, und hoffen wir mal alle, dass es so bleibt. Eine Garantie haben wir dafür alle nicht. Daran sollte man immer denken, wenn es „mal wieder gut gegangen ist“.

das steht aber so nicht in Deinem verlinkten Artikel:
"auf der Fahrbahn und nicht auf Radweg aus Richtung Sodener Stock gekommen. Den Radweg sowie die Kreuzung mit der Ampel habe sie im Blick gehabt, sagte die Angeklagte, "
ramses90

Ich habe die Stelle anders in Erinnerung, aber okay, ich nehme mal an, dass es so stimmt, wie es im Artikel steht. Allerdings mit Sicherheit kein Radweg, der zwingend vorgeschrieben war.

Grüße
Siboniwe

Dann gehört man mit dem Rennrad auch nicht dort hin, schon allein die übliche Geschwindigkeit widerspricht der Nutzung. Von daher hat die Radfahrerin alles richtig gemacht

Hallo,

was mich nachwievor einfach konsterniert ist, dass nicht mal in Betracht gezogen wird, dass die Autofahrerin vielleicht doch nicht mehr so gut sieht oder reagiert. Ein generelles Problem - ab wann ist man zu alt zum Autofahren?

Und unterers Ende, schön und gut, ich will ja nicht, dass die Frau ins Gefängnis geht, bewahre! Aber ich habe vor ein paar Jahren Fahrerflucht begangen (sicher, ein anderes Vergehen, dennoch drängt sich mir der Vergleich auf). Ich habe beim Ausparken ein anderes Auto gestreift/gerumst - ich weiß es nicht, ich habe es nicht bemerkt. Es war in einer anderen Stadt und bis ich nach Hause kam, hat die Polizei schon auf mich gewartet. Ein Polizist hat dann mein Auto von allen Seiten fotografiert - von allen Seiten, weil er an meinem Auto keinen Schaden sehen konnte, nicht mal einen Kratzer oder Farbabrieb. Worauf er mir ganz unverbindlich abnahm, dass ich nichts bemerkt habe von meinem Fehler. Das hätte zumindest - in dubio pro reo - ein Indiz liefern können, dass ich nicht absichtlich gehandelt habe. Der Geschädigte hat eine eingedrückte Tür reklamiert und repariert bekommen. Meine Strafe waren 3 Monate Führerscheinentzug. Sicher hätte ich Einspruch einlegen können usw., aber da ich 3 Monate ohne Auto überleben konnte (lediglich über mich selbst geärgert habe ich mich in der Zeit oft), hab ich es einfach so akzeptiert. Aber die Verhältnismäßigkeit drängt sich mir da doch auf.

Natürlich hat sie auch eine ziemlich hohe Geldbuße bekommen - aber irgendwie wäre meinem Gerechtigkeitsgefühl mehr gedient gewesen mit weniger Buße und längerem Führerscheinentzug und eben zu ihrer eigenen Sicherheit und auch der von anderen Verkehrsteilnehmern [auch ihren Enkeln] dann doch irgendein Tauglichkeitstest (wenn sie ihn bestehen würde, wär’s ja gut).

Grüße
Siboniwe

Als regelmäßiger Rennradfahrer kann ich dir recht gute Abstufungen nennen. Auf die Oma, die einen übersieht, kann man gar nicht mehr böse sein. Du musst stets mögliche Fahrfehler anderer vorhersehen. Eindeutige Verkehrssituationen (Vorfahrt, grüne Ampel etc.) entbinden dich in keiner Weise von dieser Sorgfaltspflicht (wobei diese Sorgfaltspflicht aus purem Eigeninteresse besteht).

Eine solche Gerichtsentscheidung nehme ich daher emotionslos auf. Irgendwann liege ich vielleicht unter dem Auto, da werden mich im Fall der Fälle weder eine allgemeinpräventive Marschrichtung der Justiz noch irgendwelche standardmäßigen Untersuchungen der Fahrtüchtigkeit vor bewahren. Denn was ist, wenn dieses eine Mal das erste Mal dieses Autofahrers war?

Schlimm sind weniger die fahrlässigen Fahrfehler, sondern die bewussten Angriffe. Wie zum Beispiel Sonntag Astra Kombi blau, SU-HS ??, der mich hupend und gestikulierend (und durch dichtes Vorbeifahren gefährdend) auf den Radweg an der Seite verweisen wollte. Dass es jenen Radweg mangels Existenz gar nicht gab, war ihm egal. Hier gilt: Gegenhalten, damit solche Schweine es sich beim nächsten Mal überlegen, ob sie den Radfahrer zurechtweisen.

Ach ja, wieder viel geschrieben, dabei ging es dir nur darum, dass du für die vermeintlich geringere Sache vermeintlich härter bestraft wurdest. Der Jurist sagt: Keine Gleichheit im Unrecht. Die Oma, die ihren Fehler einsieht, ist ganz was anderes als zum Beispiel die Tunertypen, die bei der Radfahrerin unter ihrem BMW am meisten Sorgen um ihre Felgen haben, und dann Bewährung kriegen.

No way. Höchstens, wenn du Warten an Ampeln etc. rausrechnest.

Jedoch: Auf ebener Straße bei freier Fahrt normal.

Nein.

https://cyclingfallacies.com/de/4/radfahren-ist-gefaehrlich
https://fahrradzukunft.de/18/gefaehrlich-oder-gesund/

Sebastian

Zumindest für mich klang das nicht flapsig und leger. Ich lese das so, dass die Frau nun eine gute Portion Vorsicht oder Angst hat, manche Fahrten ganz vermeidet und auf „unvermeidlichen“ Fahrten extrem behutsam fährt, so langsam, dass sie sich zum Gespött der Enkel macht.

Ich halte das für eine nachvollziehbare Reaktion, das zeigt mir eher, dass die gute Frau nicht leichtfertig „weiter so“ fährt sondern eher eine gute Fehlerkultur praktiziert,

Sebastian

Mein subjektiver Eindruck: doch. Auch wenn mir noch nichts dramatisches passiert ist.
Aber es ist halt auch nicht sonderlich schön, wenn man mit <50 cm Lenkerabstand überholt oder schlicht und einfach von Autos abgedrängt wird.
Mit vorausschauendem Fahren kann man einiges verhindern - aber wenn es doof läuft kann es einen halt 100 m weiter erwischen.

Kleinstadt im Hochsauerland. Auf der Runde gibt es genau eine Ampel - 300 m vor Ende. Ansonsten Überland, Kreis- und Bundesstraßen. Der Schnitt passt.

Naja, wenn eher objektivere Fakten nicht gewünscht sind, dann brauchen wir zumindest nicht weiter zu diskutieren. Das Unwort des Jahres kannst Du ja bestimmt …

Da gebe ich Dir recht, aber das war ja nicht so recht die Frage. und Autofahren finde ich auch nicht besonders schön.

Sebastian