Hallo Gernot,
Und wenn ich mir das so recht besehe, kommt mir da so Einiges
fragwürdig vor.
So wurde ja u.a. auf dem berühmten Konzil von Nicea im 4.
Jahrhundert über die Arianer diskutiert und deren meinung,
wonach Jesus nur Mench sei und nicht Gott. Und letztlich wurde
ja am Ende auch die Göttlichkeit Jesu quasi per
Mehrheitsbeschluß festgestellt.
Nein, ganz sicherlich wurde genau das nicht getan.
Es ging hier um die Frage, wie die entsprechenden biblischen AUssagen zu verstehen sind, denn es ist eben auch das biblische Zeugnis nicht eindeutig, so kann man wohl mit dem Mk-Ev eher arianisch, mit dem JohEv eher trinitarisch argumentieren. Die Mehrheit (und das wäre auch noch ein weites Thema) also hat sich in einer nun nicht unerheblichen Frage auf eine Interpretation geeinigt, nicht ohne die griechische Philosophie zu Hilfe zu nehmen, um sich sprachlich einer Denkmöglichkeit anzunähern.
Und nicht anders ist es mit
vielen anderen gültigen regeln und Dogmen: Irgeinein Konzil
oder eine Synode gat irgendwann einmal etwas beschlossen und
das hat zu gelten.
Nun zweifle ich aber dann doch ernsthaft, was dabei das ganze
offizielle Christentum wert ist.
Auch hier ist Dir zu versichern, dass Du nicht alleine bist.
Wir wären hier bei der Frage, was den nun für Dich das „offizielle Christentum“ ist, da ich mal annehme, dass zumindest in D auch die EKD dazu gehört, wäre Deine Aussage arger Nonsens. Vielmehr hat ja gerade das der Lutherfilm in genialer Zuspitzung wunderbar dargestellt: Luthers Überzeugung, das Konzilien sich irren können, heißt und hieß, eine neue Kirche gründen.
So ist nach protestantischem Verständnis jeder Konzils-/Synodalbeschluss immer wieder an der Hl Schrift zu prüfen.
Es wäre ja doch recht
vermessen, von Gott zu verlangen, er möge sich gefälligst an
irgendwelche Konzilbeschlüsse halten bzw. festzulegen, daß
sich die Dinge nun so verhalten müssen, wie es halt
theoretisch festgelegt ist. (Ist ja auch schon mehrfach in die
Hose gegangen das Ganze: Die Erde ist leider wirklich rund und
nicht der Mittelpunkt des Universums.)
Auch hier schlägt Unkenntnis die Argumentation: Kein Konzil hat je festgelegt, ob die Erde rund sei (hier handelt es sich eh um ein modernes Vorurteil gegen die Vergangenheit) ob das Weltbild geozentrisch zu sein habe. Hier wäre dann eher die Inquisition anzuklagen, die sich zwar auf KOnzilsbeschlüsse berief, aber eben nicht auf solche, die die behaupteten Aussagen treffen.
Allerdings hast Du den auch mE wunden Punkt des rk Konzilsverständnisses getroffen, wie auch des Traditions- und Lehramtsverständnisses. Aber ausgerechnet im „Mutterland der Reformation“ sollte man wissen, dass es noch andere Christen gibt als rk.
Nun sind ja Benedikt und Co keine Idioten. Es sind sehr
gelehrte Leute, die doch ganz genau wissen, auf welch
fragwürdige Weise diese ganzen Lehrmeinungen entstanden sind,
die sie da als absolute Wahrheit verkünden. Ich kenne die
Grenzen meines Wissens - ich wage zu zweifeln, ob ich Gott und
die ganze biblische Geschichte richtig verstanden habe. Aber
wie kriegen diese Leute es hin, so überzeugt an derartig
unsichere Dinge so überzeugt zu glauben?
Eine grundsätzlich berechtigte Frage:wink: Aber: Man musste kein fanatischer Christ sein, um die Erde für eine Scheibe und für den Mittelpunkt des UNiversums zu halten. Eine Entscheidung wie das NC mag „fragwürdig“ zustande gekommen zu sein, aber deswegen kann sie sich trotzem theologisch bewährt haben.
Denn ansonsten bliebe
ja nur eine Möglichkeit: Die herren auf den Kanzeln behaupten
Dinge, die sie selbst nicht genau wissen können und an denen
sie selber zweifeln. Und das würde die moralische Instanz
Kirche ad absurdum führen.
Hier wären wir dann wieder nicht nur bei der Frage, was denn „offiziell“ ist, sondern auch bei dem, was „Kirche“ ist. Warum jetzt ein Pfarrer nicht zweifeln darf, ist mir ein absolutes Rätsel - dann hätten wir Fanatiker auf den Kanzeln.
Der Pfarrer /Prediger trägt eine Verantwortung, und zwar eben nicht nur, sich die WElt, wie es ihm gefällt, zusammenzuschustern, sondern theologisch verantwortet zu predigen.
Die Gemeinde (so nach ev. Verst.) hat ihn in dieses Amt berufen, ihr ist er verpflichtet (man stelle sich vor, es ist nicht immer alles hierarchisch), er kann also predigen (= l-e-h-r-e-n), was das NC bedeutet, wieweit es trägt, wo die Grenzen sind, er kann auch seine Zweifel zu Wort kommen lassen, aber er hat dabei auch der Gemeinde zu dienen, was er kaum täte, wenn er sagen würde, „alles Humbuk“ und das wär’s.
Grüße
Taju