Verlust des Mandats §45 StGB

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Hinblick auf die aktuelle Wahl schwebt mir folgender Gedankengang vor:

Wenn ein Mandatsträger wegen eines Verbrechens zu mehr als 1 Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wird, was bei Verbrechen, außer in Sonderfällen, immer der Fall ist, verliert er nach §45 StGB automatisch sein passives Wahlrecht und die Ämter die er innehat (Vgl. http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__45.html Abs. 1+3).

Konkret geht es mir dabei um Bundestagsabgeordnete.
Das Recht kennt 4 Tatbestände die dafür sorgen, dass man sein Mandat los ist, namentlich sind es folgende:

ungültigem Erwerb seiner Mitgliedschaft,
Neufeststellung des Wahlergebnisses,
Wegfall der Wählbarkeitsvoraussetzungen oder
gemäß § 46 Absatz 4 Bundeswahlgesetz bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit seiner Partei durch das Bundesverfassungsgericht.

(http://www.wahlrecht.de/lexikon/mandatsverlust.html)

Bisher gab es insgesamt dreimal den Entzug eines Mandats

23.10.1953 Dr. Fritz Dorls Parteiverbot
01.07.1953 Hans-Paul Jaeger erfolgreicher Wahleinspruch
23.02.1956 Karlfranz Schmidt-Wittmack Wegfall der Wählbarkeitsvoraussetzungen

(Bisher gab es insgesamt dreimal den Entzug eines Mandat)

Es kann theoretisch sein, dass auch ein Bundestagsabgeordneter nach Aufhebung der Immunität sein Mandat verliert wenn die oben gegebenen Voraussetzungen erfüllt sind.

Was passiert allerdings wenn ein Abgeordneter wegen eines Vergehens zu 3 Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wird (Nach Aufhebung der Immunität GG 46 Abs. 1+3).
Dadurch verliert er nicht sein Mandat.

Wie kann dieser Abgeordnete seine Geschäfte weiterführen?

Viele Grüße

Rene

Hallo Rene,
ich kann Ihre Frage nicht beantworten, da es kein Strafrechtsfall sondern ein Fall ist, der unter das Wahlgesetz fällt .

Hallo renek85 - diesen Gedankengang habe ich bisher noch gar nicht verfolgt!
Die Frage ist interessant und leider auch nur zu sehr berechtigt.
Das Gesetz differenziert zwischen Verbrechen und Vergehen; dabei müßte es auch die Strafdauer mit einbeziehen. Das ist offenbar bisher nicht der Fall.
Konsequenz:
Wer wegen eines Vergehens bestraft wird, kann sein Mandat behalten oder auch frisch gewählt werden.
Beispiel:
Der damalige Bundesinnenminister Zimmermann wurde des Meineides überführt(!!) und konnte dennoch Innenminister bleiben - es hatte wohl kein Verbrechen begangen…

Ich weiß daher hier auch nicht weiter.
Sollten sie neue Erkenntnisse gewinnen - lassen Sie es mich bitte wissen?

Mit freundlichen Grüßen aus dem hohen Norden
Hans Aussteller

Hallo,

da muss ich passen! Ich würde auch nur googeln. Genauso ist es ja, wenn ein Abgeordneter schwer erkrankt ist.

Vielleicht greift dies ja:
http://www.landtag.sachsen.de/de/landtag/grundlagen/…
Artikel 55 [Indemnität und Immunität der Abgeordneten]
(3) Jedes Strafverfahren gegen Abgeordnete und jede Haft oder sonstige Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit ist auf Verlangen des Landtags für die Dauer der Wahlperiode oder einen kürzer begrenzten Zeitraum auszusetzen.

Die Frage evtl. an Politikexperten richten?
https://www.google.de/search?q=Politik+Forum

Gruß
polos

Hab zwar keine Ahnung aber er wird sie nicht weiterführen können, dass selbe gilt auch im Todesfall …es reduziert sich dadurch einfach die Anzahl der Abgeordneten bis zur nächsten Wahl…was anderes würde mir gerade nicht einfallen…Gruß

Servus,

ich habe inzwischen weitere Informationen bekommen.
Der erste Bundestag hat jedenfalls beschlossen, dass für eine Strafvollstreckung immer eine separate Aufhebung der Immunität nötig ist. Vom zweiten Bundestag existieren grundsätzlichere Gedanken dazu. Praktisch könne es geboten sein, die Vollstreckung einer längeren Freiheitsstrafe bis zum Ende der Wahlperiode aufzuschieben.

Laut Datenhandbuch hat es bisher 7 Fälle von Strafvollzug gegeben, dazu 7-mal Erzwingungshaft und 7-mal sonstiger Freiheitsentzug (alle in den ersten 4 Wahlperioden; Kapitel 2.4)

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/02/025/0202507zu.pdf

http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/02/035/0203586.pdf

Daraus geht hervor, dass das Mandat nicht entzogen wird, aber die Strafe trotzdem vollstreckt wird, solange der Bundestag in seiner Arbeit nicht behindert ist.

Sorry,
hier ann ich zur Zeit nicht helfen!
mfg
strucki

Das weiß ich leider nicht.

Hallo Rene,
ich verstehe § 45 StGB so, dass bei einer Verurteilung von 1 Jahr oder mehr das Mandat verloren geht, so dass sich die Frage der Fortführung der Mandatsgeschäfte gar nicht stellt. Der Abgeordnete ist dann nicht mehr abgeordneter. Die Bundestagsverwaltung wird ihn nicht mehr zulassen, es wird ein Ersatzkandidat nachrücken.
Gruß
Michael

Hallo renek85, dazu kann ich dir keine verbindliche Antwort geben, sondern nur meine Meinung sagen.
Die interessiert jedoch nicht.
Tschau, vielleicht ein anderes mal.

Guten Tag, Rene! (renek85)

Mit großem Interesse habe ich Ihre Antwort zur Kenntnis genommen. Sie deckt sich mit meinen durch Sie ausgelösten Überlegungen.

Bisher habe ich noch niemanden getroffen, der sich als Außenstehender (sind Sie Außenstehender?) so eingehend mit dem Wahlrecht beschäftigt hat wie Sie – und ich bin schon sehr viele Jahre dabei.

Ich habe seinerzeit einen Vorschlag zur Reform des Wahlrechts entwickelt, der ebenso einfach wie brisant war. 
Kein seriöses Blatt wagte es, meine Überlegungen auch nur als Leserbrief zu veröffentlichen – und hinter der vorgehaltenen Hand wurde mir bestätigt, dass mein Vorschlag politisch zu brisant sei; er könne die Republik verändern, weil er die Wahlverdrossenheit der Bürger in politisches Interesse umwandeln könne.
Neben den „üblichen“ Antworten aus den Bundesministerien erhielt ich jedoch auch vom damaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts eine mehrseitige mit der Schreibmaschine geschriebene und sehr aufschlussreiche Antwort, die mir weitere Argumentationshilfe in die Hand gab.

Da ich Sie bisher nicht kenne, bleibe ich zunächst bei meinem „nickname“.
Gleichwohl würde ich gerne Näheres über Sie wissen; vielleicht könnten wir auch etwas gemeinsam bewegen?

Bis dahin verbleibe ich Ihr

Hans Aussteller

Guten Abend,

ihre Ausführungen sind sehr interessant.

Ich würde erstmal vorschlagen wir wechseln von hier aus auf normale E-Mails. Sie können mir unter [email protected] schreiben.

Ich bin Aussenstehender, beschäftige mich aber seit vielen Jahren mit der politischen Landschaft in Deutschland, wozu auch das Wahlrecht gehört, da dies ein absolut spannendes Themenfeld ist und die derzeitigen Verhältnisse zwar weitestgehend funktionieren, aber trotzdem fehlerbehaftet sind, was sich an der Politikverdrossenheit und an der Gleichgültigkeit des deutschen Michels zeigt. Da ich einige Sachen die so passieren, nicht mit dem gesunden Menschenverstand erklären kann, nehme ich die Sachen auch gerne bis ins Detail auseinander. Ich nehme Bürgerpflicheten und Bürgerrechte sehr ernst.

Das man in Deutschland etwas bewegen kann, weiss ich aus 2 persönlichen Erfahrungen.

Einmal war es eine Sache welche durch eine große Gruppe zu Fall gebracht wurde.
Bei der 2. Sache habe ich eine harte Ungerechtigkeit gesehen, die mich auch selbst betreffen hätte können. In der zweiten Angelegenheit wurde ich aktiv und es hat sich etwas zum Guten bewegt.

Ihre Ausführungen zum Wahlrecht scheinen Hand und fuß zu haben, wenn sie sogar eine persönliche Antwort des Präsidenten des BVerG bekommen haben. Ihre Überlegungen würden mich sehr interessieren und ggf. kann man da gemeinsam etwas bewegen.

Viele Grüße

Rene