Hallo!
Ich denke, man kann die Wissenschaftgebiete nicht als einheitliche Blöcke behandeln, aber dennoch -alles sehr holzschnittartig zu verstehen- gelüstet es mich, frühmorgendlich ein paar allgemeine Dinge vorzutragen:
Durch Zeitsprünge
???
direkte und indirekte Zitate
Es scheint mir klar, dass das Zitat in den „Laberwissenschaften“ eine viel größere Rolle spielt als in den Naturwissenschaften, welche -schon auf Grund unterschiedlicher methodologischer Voraussetzungen- das wörtliche Zitat gar nicht nötig haben und in denen auch das inhaltliche Zitat eine andere Rolle spielt als in den „Laberwissenschaften“.
absurde
Fremdwörter oder Umdefinieren bekannter Fremdwörter in eine
fast gegenteiligen Aussage
Wo die Naturwissenschaften mit dem Experiment arbeiten und ihre Erkenntnisse an der Wirklichkeit bewähren müssen, arbeiten die „Laberwissenschaften“ mit dem Begriff und am Begriff selbst.
Wo erstere deshalb ein -innerhalb der jeweiligen scientific community- einheitliches Vokabular benötigen, besteht in den Laberwissenschaften ein grundsätzlicher Theoriepluralismus - und deshalb auch Begriffspluralismus.
Zudem gehört die Schöpfung oder Resignifikation von Begriffen quasi zum „Arbeitsnachweis“ des „Laberwissenschaftlers“, da bei ihm ja keine unmittelbare Verwertbarkeit seiner Erkenntnisse möglich ist.
werden die Texte nahezu unlesbar.
Das finde ich maßlos übertrieben, was sich schon an dem von dir unten verlinkten Beispielstext zeigt, der mit Sicherheit nicht mal annähernd „unlesbar“ ist.
Garniert wird das ganze durch engen Blocksatz
???
fehlende
Gliederungspunkte
In der Tat gliedern, allgemein strukturieren, die Naturwissenschaften ihre Texte sehr viel stärker als die „Laberwissenschaften“, die das ganze „kreativer“ angehen.
Das hat u.a. aber auch einfach mit ganz banalen Merkmalen der unterschiedlichen Publikationspraxen zu tun:
- Zum Beispiel wird der Einzelautorschaft in den „Laberwissenschaften“ noch immer ein hoher Wert zuerkannt, während die Naturwissenschaften sehr viel stärker auf Autorenkollektive setzen.
- Zum Beispiel haben die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse eine geringere Halbwertszeit als die „laberwissenschaftlichen“ (also die durchschnittliche Zeit, ab der sie als überholt gelten). Sie müssen deshalb schnell erfassbar sein für Zusammenfassungen in Fachzeitschriften usw.
- Zum Beispiel sind die Naturwissenschaften sehr viel mehr international (d.h. an den angelsächsischen Sprachstandards, in denen die „leichte Verständlichkeit“ eine hohe Rolle spielt; auch in den angelsächsischen Geisteswissenschaften ist dieser Anspruch gegeben) ausgerichtet als die "Laberwissenschaften, in denen die Sprache dem Erkenntnisobjekt nicht äußerlich ist.
Zusammenfassungen.
Schon aus den oben, hinsichtlich der Publikationspraxis, genannten Gründen spielt die Zusammenfassung in den Naturwissenschaften eine größere Rolle.
Aber auch forschungslogisch ist nachvollziehbar, dass eine Arbeit, die „nomothetisch“ arbeitet, also mit klaren Operationalisierungen und Hypothesenprüfungen, viel sinnvoller am Ende zusammengefasst werden kann als die „idiographische“ und selbstreflexive Vorgehensweise der „Laberwissenschaften“.
komplizierte Gedanken
Für den Naturwissenschaftler gilt die Maxime Einsteins: Beschreibe die Dinge so einfach wie möglich - aber nicht einfacher.
Für die „Laberwissenschaftler“ dagegen sind die Dinge nicht trennbar von ihrer Beschreibung, weshalb der komplexe Sachverhalt nicht mit einem unkomplizierten Gedanken erfasst werden kann.
Hier gilt die Maxime Heinz von Foersters (der eigentlich ja ein Physiker ist): Hard sciences are successful because they deal with soft problems; soft sciences are struggling because they deal with hard problems.
Und wenn man es zusammenfaßt, bleiben banale Ideen übrig.
Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber möglicherweise ist auch die Art deiner Zusammenfassung die Ursache des Banalen
Aber im Ernst: Ich wollte hier nur ganz grob einige strukturelle Unterschiede von Naturwissenschaften und „Laberwissenschaften“ in den Raum stellen, die m.E. als Rahmenbedingungen auf den unterschiedlichen Schreib- bzw. Textstil einwirken.
Mir ist freilich klar, dass:
- die Textstile auch innerhalb der „Laberwissenschaften“ sehr unterschiedlich sind bzw. dass darüber auch inhaltliche Kontroversen enstehen (auf die historische Popper-Habermas-Kontroverse in der Philosophie bzw. der Soziologie hat Achim ja schon angespielt),
und dass:
- manche Autoren einfach grottenschlecht schreiben oder sich mit ihrem Stil schlichtweg wichtiger machen wollen als sie sind.
Ich bin persönlich aber furchtbar allergisch gegen solche Leute wie Popper, die
(z.B. hier nachlesbar:
http://www.pinselpark.org/philosonst/10widerkau.html )
allen Ernstes glauben, die sprachliche Ausdrucksweise korrigieren zu können ohne damit einen Teil des Sinngehalts dieser Aussagen zu entfernen.
Zum Beispiel „übersetzt“ Popper auf saudumme Weise Habermas’ Begriff der Hegelschen Totalität als „Ganzheit“, was alltagssprachlich schon in Ordnung wäre, fachsprachlich aber von völliger Unkenntnis zeugt, als Hegel eben selbst die Begriffe der Totalität und der Ganzheit fein säuberlich unterschieden hatte …
Cheerio!