ZMR 2006 Heft: 12 Seite: 913
Zur Unwirksamkeit einer Formular-Klausel führender Summierungseffekt bei Schönheitsreparaturenregelung sowohl in Formular- wie auch Individualklausel BGB § 307:
Ein zur Unwirksamkeit nur der Formularklausel führender sog. Summierungs-effekt aufgrund des Zusammentreffens zweier – jeweils für sich genommen – unbedenklicher Klauseln kann auch dann vorliegen, wenn nur eine der beiden Klauseln formularmäßig, die andere dagegen individuell vereinbart worden ist
(Bestätigung von – VIII ARZ 5/92 –, ZMR 1993, 216 = NJW 1993, 532).
redaktionell bearbeiteter Leitsatz BGH, Urteil vom 5.4.2006 VIII ZR 163/05
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen nicht bzw. nicht ordnungsgemäß ausgeführter Schönheitsreparaturen nach Beendigung eines Mietverhältnisses.
Mit Vertrag vom 28.9.1998 hatte der Beklagte von der Klägerin eine Wohnung in dem Anwesen M.-Straße in D. gemietet. Das Mietverhältnis begann am 1.11.1998 und endete nach vorausgegangener fristloser Kündigung der Klägerin am 31.10.2002.
Über die Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume enthält der Mietvertrag in § 8 Nr. 2 u. a. folgende vorgedruckte Klausel:
"Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheits-reparaturen … auszuführen bzw. ausführen zu lassen …
Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren, Streichen der Wände und Decken, das Streichen der Heizkörper …Diese Arbeiten sind ab Mietbeginn i. d. R. in Küchen, Bädern und Toiletten spätestens nach drei Jahren, in Wohnräumen, Schlafräumen, Dielen … spätestens nach fünf Jahren und in sonstigen Räumlichkeiten … spätestens nach sieben Jahren zu tätigen."
§ 12 des Mietvertrages („Beendigung der Mietzeit“) enthält in Nr. 1 folgende weitere
Regelung:
„Die Mieträume sind zum Vertragsablauf geräumt, sauber zu verlassen. Außerdem sind die Tapeten zu entfernen und die Decken „Wände“ zu streichen.“
Im ersten Satz dieser Klausel sind die Worte „zu verlassen“ in ein freies Textfeld als Fortsetzung des vorangegangenen vorgedruckten Satzteils handschriftlich ein-getragen. Der zweite Satz ist insgesamt handschriftlich angefügt; der Begriff
„Decken Wände“ ist in zwei Worten geschrieben.
Im Zusammenhang mit einer von der Klägerin bereits im Juli 2002 ausgesprochenen Kündigung erstellten die Parteien am 15.8.2002 ein sieben Seiten umfassendes, von beiden Parteien unterschriebenes „Abnahmeprotokoll“, in dem die durchzuführenden Renovierungsarbeiten im einzelnen bezeichnet sind und das mit dem Satz endet:
„Der Mieter verpflichtet sich, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung ordnungsgemäß und mangelfrei an den Vermieter zu übergeben.“
Am 31.10.2002 räumte der Beklagte die Wohnung. Mit Anwaltsschreiben vom 4.11.2002 forderte die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis auf die §§ 8 und 12 des Mietvertrages sowie unter Bezugnahme auf das Protokoll vom 15.8.2002 und die dort aufgeführten Arbeiten den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 27.11.2002 und mit Ablehnungsandrohung auf, die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Weiter heißt es in diesem Schreiben:
"Wenn auch Ihre Partei sich im Protokoll vom 15.08.2002 (zur) Durchführung der oben stehenden … Maßnahmen verpflichtet hat, kommt unsere Mandantschaft Ihnen insofern entgegen, als daß Ihre Partei wahlweise die im Protokoll vom 15.08.2002 übernommenen Verpflichtungen erfüllen kann oder aber die Verpflichtung, so wie sie sich aus dem Mietvertrag ergeben, vornehmen kann.
Will Ihre Partei Schönheitsreparaturen nach den Bestimmungen des Mietvertrages vornehmen, wären sämtliche Tapeten zu entfernen und im Übrigen die Schön-heitsrenovierungen entsprechend den eingangs zitierten Bestimmungen des Mietvertrages vorzunehmen."
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe bei seinem Auszug die erforderlichen Schönheitsreparaturen – trotz Setzung der Nachfrist – nicht bzw. nicht ordnungs-gemäß durchgeführt. Nach dem Kostenvoranschlag eines Malergeschäftes seien für die Durchführung der geschuldeten Arbeiten 4140,93 € aufzuwenden. Diesen Betrag hat die Klägerin in den Vorinstanzen als Schadensersatz geltend gemacht. Das AG hat der Klage stattgegeben, das LG hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren noch i. H. v. 3498,64 € weiter. Die Revision blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gegen den Beklagten nicht zu. Das Abnahmeprotokoll vom 15.8.2002 enthalte entgegen der Auffassung des AG keine eigenständige Renovierungsverpflichtung, weil es nicht erkennen lasse, daß die Parteien eine neue, vom Mietvertrag unabhängige Anspruchsgrundlage hätten schaffen wollen. Dies habe auch die Klägerin selbst, wie sich ihrem Schreiben vom 4.11.2002 entnehmen lasse, nicht angenommen.
Die Klägerin könne ihren Schadensersatzanspruch auch nicht aus § 8 des Mietver-trages herleiten. Die in § 8 Nr. 2 enthaltene formularmäßige Fälligkeitsregel sei nach der neuen Rechtsprechung des BGH unwirksam, weil sie den Mieter unangemessen benachteilige (§ 307 BGB). Aus der Sicht eines verständigen Mieters könne die Formulierung „in der Regel … spätestens“ nur die Bedeutung haben, daß er zur Ausführung der Renovierungsarbeiten spätestens nach Ablauf der genannten Fristen verpflichtet sei, und zwar auch dann, wenn ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht bestehe. Die Formulierung „in der Regel“ lasse nicht hinreichend deutlich erkennen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter den Nachweis erbringen könne, daß die Räume noch nicht renovierungsbedürftig seien und er daher die Fristen nicht einhalten müsse. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, daß selbst bei wirksamer Überbürdung der Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses lediglich die Fristen für die Renovierung der Küche, des Bades und der Toilette verstrichen gewesen seien.
Schließlich könne die Klägerin ihren Anspruch auch nicht auf § 12 des Mietvertrages stützen. Zwar handele es sich hierbei um eine (wirksame) Individualabrede; der Erfüllungsanspruch sei jedoch nicht wirksam in einen Schadensersatzanspruch übergeleitet worden. Die Aufforderung der Klägerin in ihrem Schreiben vom 4.11.2002 sei unklar. Sie ermögliche es dem Beklagten nicht, zu beurteilen, inwieweit die Klägerin den Vertrag als nicht erfüllt ansehe; denn es sei ihm die Wahl überlassen worden, entweder die Maßnahmen aus der unwirksamen Regelung des § 8 oder diejenigen aus § 12 des Mietvertrages durchzuführen. Ein Schadensersatzanspruch wegen mangelhaften Anstrichs stehe der Klägerin u. a. deshalb nicht zu, weil sie dessen Voraussetzungen nicht nachvollziehbar dargetan habe. Gleiches gelte für die geltend gemachten Reinigungskosten.
II. Die Revision ist insgesamt zulässig. Das angefochtene Urteil unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Zwar hat das LG die Revision nur „insoweit zugelassen, als die Kammer die Regelung des § 8 Nr. 2 des Mietvertrages für unwirksam hält“. Die hierin liegende Beschränkung der Zulassung auf eine (unselbständige) Rechtsfrage ist jedoch unwirksam. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer – grundsätzlich zulässigen – Beschränkung der Revisionszulassung ist, daß sie sich auf einen rechtlich und tatsächlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs bezieht. Fehlt es hieran, dann ist die Beschränkung unwirksam, die Revision also unbeschränkt zulässig (Senatsurteil vom 4.6.2003 – VIII ZR 91/02 –, ZIP 2003, 1399 = NJW-RR 2003, 1192 = WPM 2003, 2139 unter II vor 1 m. w. Nachw.; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 543 Rdn. 10, 11 und 16). Das ist hier der Fall.
III. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Ver-pflichtung aus § 8 Nr. 2 oder § 12 Nr. 1 des Mietvertrages nicht zu.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert die Klageforderung nicht bereits an der Formulierung der Schönheitsreparaturenklausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages. Wie der Senat in seiner nach Erlaß des Berufungsurteils ergangenen Entscheidung vom 13.7.2005 (– VIII ZR 351/04 –, ZMR 2005, 934 [935] = WuM 2005, 716 = NJW 2005, 3416 = BGHReport 2006, 18) für eine mit der vorliegenden Klausel identische formularmäßige Bestimmung klargestellt hat, enthält diese keinen starren Fristenplan; vielmehr läßt sie – für den verständigen Mieter erkennbar – durch die den Fristen vorangestellten Worte „in der Regel“ genügend Raum für die Beurteilung im Einzelfall, um eine Anpassung der tatsächlichen Renovierungsintervalle an das objektiv Erforderliche zu ermöglichen.
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Die Unwirksamkeit der vorformulierten Klausel des § 8 Nr. 2 des Mietvertrages ergibt sich jedoch aus dem sog. Summierungseffekt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 2.12.1992 – VIII ARZ 5/92 –, ZMR 1993, 216 [217] = NJW 1993, 532 unter II 2; Urteil vom 14.5.2003 – VIII ZR 308/02 –, NJW 2003, 2234 = GE 2003, 944 = ZMR 2003, 653 [655] unter II 2) liegt ein derartiger Summierungseffekt vor, wenn jeweils für sich unbedenkliche, aber inhaltlich zusammengehörige Klauseln in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führen. Das gilt auch dann, wenn die zu prüfende Formularklausel mit einer Individualvereinbarung zusammentrifft; denn bei der Prüfung einer Klausel nach § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) ist der gesamte Vertragsinhalt einschließlich seiner Individualteile zu würdigen (Beschluß vom 2.12.1992, a. a. O. unter II 2 m. w. Nachw.; Langenberg, Schönheitsreparaturen, In-standsetzung und Rückbau, 2. Aufl., S. 55 Rdn. 83).
Im vorliegenden Fall enthalten die §§ 8 Nr. 2 und 12 Nr. 1 des Mietvertrages eine Gesamtregelung, die neben der Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen nach Fristenplan auch die Renovierungspflicht bei Beendigung des Mietverhältnisses umfaßt. Daß die Endrenovierungsbestimmung in § 12 Nr. 1 individuell vereinbart war und deshalb, für sich allein betrachtet, unbedenklich – weil nicht am Maßstab des § 307 BGB zu messen – ist, beseitigt den Summierungseffekt, wie ausgeführt, nicht. Ebenso unerheblich ist insoweit der Umstand, daß jene Klausel nicht eine vollständige, sondern – wenn auch sprachlich mißglückt – lediglich eine teilweise Endrenovierung vorschreibt („Außerdem sind die Tapeten zu entfernen und die Deckenwände zu streichen“). Insbesondere führt dies nicht dazu, daß die Regelung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages wenigstens teilweise – soweit sie sich nicht inhaltlich mit § 12 Nr. 1 Satz 2 überschneidet – aufrechterhalten werden könnte; darin läge eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Klausel.
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In den Vorinstanzen hat die Klägerin geltend gemacht, das „Abnahmeprotokoll“ vom 15.8.2002 enthalte ein konstitutives Schuldanerkenntnis; dies hat das Be-rufungsgericht zu Recht verneint. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht. Sie meint allerdings, die Parteien hätten in dem Protokoll hinsichtlich der nach § 8 Nr. 2 und § 12 des Mietvertrages geschuldeten Schönheitsreparaturen eine konkretisierende Vereinbarung getroffen, an die der Beklagte – unabhängig vom Ablauf der im Mietvertrag genannten Fristen – nun gebunden sei. Dies trifft nicht zu.
Die Regelung in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages ist, wie ausgeführt, wegen des Summierungseffekts unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie kann nicht durch eine nachfolgende „konkretisierende“ Vereinbarung, die nach der überein-stimmenden Vorstellung der Parteien auf eben jener – unwirksamen – Bestimmung beruht, geheilt werden. Auch die Annahme einer Bestätigung i. S. des § 141 BGB scheidet aus; denn eine Bestätigung setzt einen Bestätigungswillen und damit das Bewußtsein von der Unverbindlichkeit des früheren Geschäfts voraus (BGH, Urteile vom 1.10.1999 – V ZR 168/98 –, NJW 1999, 3704 = WPM 1999, 2513 unter III 2 b aa, und vom 11.2.2003 – XI ZR 130/02 –, WPM 2003, 676 = NJW-RR 2003, 769 unter II 3 b aa). Daran fehlt es hier.
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Dem Berufungsgericht ist schließlich auch insoweit zuzustimmen, als es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Nichterfüllung der individuell verein-barten Endrenovierungsverpflichtung in § 12 Nr. 1 Satz 2 des Mietvertrages mit der Begründung verneint, der Erfüllungsanspruch sei nicht wirksam in einen Schadensersatzanspruch übergeleitet worden. Gegen die Wirksamkeit der Individualvereinbarung über die teilweise Endrenovierung bestehen bei isolierter Betrachtung, wie erwähnt, keine Bedenken. Die Bestimmung ist auch nicht dergestalt von der formularmäßigen Schönheitsreparaturklausel in § 8 Nr. 2 des Mietvertrages abhängig, daß deren Unwirksamkeit zwangsläufig die Unwirksamkeit der Regelung in § 12 Nr. 1 Satz 2 des Mietvertrages zur Folge hätte. Davon geht ersichtlich auch das LG aus. Denkbar ist allerdings, daß die beiden Klauseln wegen ihres sachlichen Zusammenhangs ein einheitliches Rechtsgeschäft i. S. des § 139 BGB darstellen, das bei Nichtigkeit eines Teils im Zweifel insgesamt nichtig ist. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Einer Zurückverweisung an das LG zur Nachholung entsprechender Feststellungen bedarf es jedoch nicht, weil es auf die Frage der Gesamtnichtigkeit nicht ankommt. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, daß die Unwirksamkeit der Bestimmung des § 8 Nr. 2 sich nicht auf § 12 Nr. 1 Satz 2 des Mietvertrages erstreckt, kann die Klägerin aus der letztgenannten Klausel keinen Schadensersatzanspruch herleiten.
Der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht erbrachter Leistung (§§ 280, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) setzt voraus, daß der Gläubiger in seinem mit der Fristsetzung verbundenen Verlangen auf Erbringung der geschuldeten Leistung diese Leistung eindeutig bezeichnet. Das schließt es zwar nicht von vorn-herein aus, daß der Gläubiger dem Schuldner eine Wahlmöglichkeit einräumt, zumal dann, wenn die alternativ geforderte Leistung den Schuldner weniger belastet als die primär geschuldete. Das Berufungsgericht hat das Schreiben der Klägerin vom
4.11.2002 jedoch dahin ausgelegt, daß angesichts der drei von der Klägerin geltend gemachten Renovierungsverpflichtungen – aus § 8 Nr. 2 und § 12 Nr. 1 des Mietvertrages sowie aus dem „Abnahmeprotokoll“ vom 15.8.2002 – für den Beklagten nicht erkennbar war, zu welchen Leistungen er nach Auffassung der Klägerin verpflichtet sein sollte. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Richter am AG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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ZMR 2006/ Dezember [S. 897-976]/ Entscheidungen [S. 913-976]/913 - Miet- und Pachtrecht - BGH, Urteil v. 5.4.2006 - VIII ZR 163/05
(© Wolters Kluwer Deutschland GmbH)
ZMR 2006 Heft 8 S. 599 ff.
Unangemessene Benachteiligung durch Verpflichtung zum Beseitigen von Tapeten
BGB §§ 538, 307:
Die in einem formularmäßigen Mietvertrag enthaltene Klausel, nach der der Mieter verpflichtet ist, bei seinem Auszug alle von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten zu beseitigen, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam.
BGH, Urteil vom 5.4.2006 VIII ZR 109/05
Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Kaution nach Beendigung eines Mietverhältnisses.
In der Zeit vom 6.11.2000 bis 31.3.2003 hatten die Klägerinnen von der Beklagten eine Wohnung in dem Anwesen F.straße in Sch. gemietet. Über die Erhaltung der Mieträume enthält der Mietvertrag in § 8 Nr. 2 folgende vorgedruckte Klausel:
„Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses ent-sprechend nachstehenden Fristen fällig werdenden Schönheitsreparaturen fach-gerecht auszuführen (Küchen/Bäder/Duschen/Toiletten: alle 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume/Flure/Dielen: alle 5 Jahre, übrige Räume/Fenster/Türen/Heizkörper: alle 6 Jahre). . . .“.
§ 13 des Mietvertrages („Beendigung des Mietverhältnisses“) enthält u. a. folgende formularmäßige Regelungen:
"1. Bei Mietende hat der Mieter dem Vermieter sämtliche Schlüssel auszuhändigen und die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand (vgl. § 8) zurückzugeben.
Eine nach Ablauf der in § 8 Nr. 2 genannten Fristen entstandene, aber nicht erfüllte Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen hat der Mieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nachzuholen.
- Insbesondere hat der Mieter bei seinem Auszug die Räume zu reinigen, die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Bodenbeläge sowie Wand- und Deckentapeten zu beseitigen und die durch die Anbringung oder Beseitigung verursachten Schäden an Unterböden sowie Wand- oder Deckenputz zu beheben."
Bei ihrem Einzug hatten die Klägerinnen die Wohnung in tapeziertem Zustand von der Vormieterin übernommen. Vor der Rückgabe der Wohnung an die Beklagte entfernten sie die Tapeten nicht.
Nach Beendigung des Mietverhältnisses haben die Klägerinnen von der Beklagten die Rückzahlung der verzinsten Kaution verlangt. Die Beklagte hat mit Gegen-forderungen wegen der Kosten für die Entfernung der Tapeten i. H. v. 1210,50 € und für Malerarbeiten an den Türzargen i. H. v. 287,80 € die Aufrechnung erklärt.
Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen die Rückzahlung der geleisteten Kaution – nach Abzug einer Nebenkostennachzahlung noch 661,30 € – nebst Zinsen begehrt. Das AG hat die Aufrechnung der Beklagten lediglich hinsichtlich der Kosten für die Malerarbeiten an den Türzargen für begründet gehalten und deshalb der Klage – unter Abweisung im übrigen – i. H. v. 373,50 € nebst Zinsen stattgegeben. Die hiergegen gerichtete, vom AG zugelassene Berufung der Beklagten hat das LG zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Abweisung der Klage weiter. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:
Der Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Ver-pflichtung zur Entfernung der Tapeten nicht zu, weil § 13 Nr. 2 des Mietvertrags gemäß § 307 BGB (früher: § 9 AGBG) unwirksam sei. Dadurch, daß der Mieter zusätzlich zu der in § 13 Nr. 2 enthaltenen Regelung nach § 8 Nr. 2 die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen habe, ergebe sich ein Summierungseffekt, der zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führe. Nach dem Wortlaut der Klauseln seien die Klägerinnen verpflichtet, auch möglicherweise gerade erst im Rahmen von laufenden Schönheitsreparaturen erneuerte Tapeten wieder zu entfernen. Für eine so weitgehende Verpflichtung bestehe kein rechtfertigendes Interesse der Beklagten.
II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Beklagten steht gegenüber dem Anspruch der Klägerinnen auf Rückzahlung der restlichen Kaution keine aufrechenbare Gegenforderung (§ 387 BGB) wegen der Kosten für das Entfernen der Tapeten zu.
- Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagte keinen An-spruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) wegen Nichterfüllung der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Ver-pflichtung der Klägerinnen zur Beseitigung der von ihnen angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Tapeten hat. Die Formularklausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB – der auf das am 31.3.2003 beendete Mietverhältnis anzu-wenden ist (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) – unwirksam, weil sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (vgl. auch LG Saarbrücken, NZM 2000, 1179; Knops, in: Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 2. Aufl., § 535 Rdn. 54; Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 2. Aufl., 1 B, Rdn. 84).
a) Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierzu gehört auch die Aus-führung der Schönheitsreparaturen. Zwar kann der Vermieter diese Pflicht durch Vereinbarung – auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – auf den Mieter übertragen (st. Rspr., BGHZ 92, 363 = ZMR 1985, 84 [87]; BGHZ 101, 253 = ZMR 1987, 415 [419]). Jedoch ist eine formularvertragliche Bestimmung, die den Mieter mit Renovierungspflichten belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), weil sie dem Mieter eine höhere Instand-haltungsverpflichtung auferlegt, als der Vermieter dem Mieter ohne die vertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB schulden würde (Senatsurteil vom 23.6.2004 – VIII ZR 361/03 –, ZMR 2004, 736 [738] = NJW 2004, 2586, unter II 2 a). Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung des Senats eine Klausel in einem vom Vermieter verwendeten Formularvertrag, die den Mieter verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB (§ 9 AGBG) unwirksam (Urteil vom 14.5.2003 – VIII ZR 308/02 –, ZMR 2003, 653 [655] = NJW 2003, 2234, unter II 1 m. w. Nachw.; Urteil vom 25.6.2003 – VIII ZR 335/02 –, NJW 2003, 3192, unter III 2).
b) Eine andere Beurteilung ist auch hinsichtlich der in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltenen Rückgabeklausel nicht gerechtfertigt. Gemäß § 8 Nr. 2 des Mietvertrags hat der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen nach Maßgabe eines Fristenplans auszuführen; nach § 13 Nr. 1 des Vertrags sind fällige Schönheitsreparaturen bis zur Beendigung des Mietverhältnisses nachzu-holen. Durch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags geregelte Pflicht des Mieters, bei Be-endigung des Mietverhältnisses die von ihm angebrachten oder vom Vormieter übernommenen Wand- und Deckentapeten zu beseitigen, wird dem Mieter eine zusätzliche Renovierungspflicht auferlegt.
Der Mieter wird durch die in § 13 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Rückgabeklausel – wie im Falle der vorgenannten Endrenovierungsklausel (oben a) – in einem über-mäßigen, gemäß § 307 BGB unzulässigen Umfang mit Renovierungsverpflichtungen belastet, weil ihm unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und vom Zeitpunkt der letzten Schönheitsreparaturen die Beseitigung aller in der Wohnung vorhandenen Tapeten auferlegt wird. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß die Klausel den Mieter nach ihrem Wortlaut sogar dann zu einer Entfernung der Wand- und Deckentapeten verpflichtet, wenn er diese im Rahmen der fälligen Schönheitsreparaturen gerade erst erneuert hat; in diesem Fall – eine ordnungsgemäße Ausführung vorausgesetzt – ist jedoch die erneute Herstellung einer Wand- und Deckendekoration, und damit die Beseitigung der vorhandenen Tapeten, nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung der Revision ist es ohne Bedeutung, daß die Klausel den Mieter nur zur Entfernung, nicht dagegen zur Wiederanbringung von Tapeten verpflichtet. Denn dem Mieter wird auch hierdurch ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt, wenn es in Anbetracht des Erhaltungszustandes der Tapeten einer Entfernung noch nicht bedarf. Im übrigen wird der Mieter durch die Pflicht zur Entfernung der Tapeten, die einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordert, nicht in geringerem Umfang belastet als durch die vorgenannte – unzulässige – Endrenovierungsklausel, die den Mieter zur Rückgabe der Wohnung in renoviertem – nicht notwendig in neu tapeziertem – Zustand verpflichtet.
Die Klausel ist auch nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt; denn ein Interesse, den Mieter zu Renovierungsmaßnahmen in der Wohnung zu verpflichten, obwohl ein Renovierungsbedarf tatsächlich noch nicht besteht, ist nicht schutzwürdig (Senatsurteil vom 23.6.2004, a. a. O.).
c) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Schönheitsreparaturklausel – wie noch auszuführen ist (unter 2.) – unwirksam ist. Denn der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil – hier die Rückgabeklausel – allenfalls dann Bestand haben könnte, wenn der andere Teil – die Schönheitsreparaturklausel – unwirksam ist, kann sich wegen des Gebotes der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen (vgl. Senatsurteil vom 14.5.2003, a. a. O.).
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Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB) kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt unterlassener Schönheitsreparaturen in Betracht. Die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene formularmäßige Schönheitsreparaturklausel ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie den Mieter unangemessen benachteiligt.
Die Klausel enthält, wie der Senat selbst feststellen kann, einen „starren“ Fristen-plan. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durch-schnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zulegen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 102, 384 [389 f.] m. w. Nachw.). Aus der Sicht eines verständigen Mieters hat die in § 8 Nr. 2 des Mietvertrags enthaltene Regelung – wonach der Mieter ver-pflichtet ist, die während der Dauer des Mietverhältnisses „entsprechend nach-stehenden Fristen fällig werdenden“ Schönheitsreparaturen auszuführen – die Be-deutung, daß der Mieter nach Ablauf der verbindlichen, nach der Nutzungsart der Räume gestaffelten Fristen von drei, fünf bzw. sechs Jahren auch dann eine Renovierung schulden soll, wenn die Wohnung nach ihrem tatsächlichen Er-scheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig ist (vgl. auch Senat, Urteil vom 5.4.2006 – VIII ZR 106/05 –, zur Veröffentlichung bestimmt [ZMR 2006, 597 – in diesem Heft –] unter II 2, zu einem vergleichbaren Fristenplan). Eine solche „starre“ Fälligkeitsregelung benachteiligt den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Senatsurteil vom 23.6.2004, a. a. O., unter II 2; Urteil vom 22.9.2004 – VIII ZR 360/03 –, ZMR 2005, 34 [37] = NJW 2004, 3775, unter II 1 b; Urteil vom 5.4.2006, a. a. O.). Die Unwirksamkeit des Fristenplans hat auch die Unwirksamkeit der Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen zur Folge (vgl. Senatsurteil vom 23.6.2004, a. a. O., unter II 3; Urteil vom 5.4.2006, a. a. O., unter II 3 m. w. Nachw.).
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Der Beklagten steht schließlich kein Schadensersatzanspruch wegen einer Ver-letzung der Pflicht der Klägerinnen zur ordnungsgemäßen Rückgabe der Miet-wohnung zu (§§ 546 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB). Zwar ist der Mieter bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt – von der durch den ver-tragsgemäßen Gebrauch herbeigeführten Abnutzung abgesehen (§ 538 BGB) – in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befand; er hat des-halb, wenn sich nicht aus dem Vertrag etwas anderes ergibt, Einrichtungen, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen zu beseitigen (Senatsurteil, BGHZ 96, 141 [144 f.] = ZMR 1986, 48 [49], zu § 556 BGB a. F.; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 546 Rdn. 45 m. w. Nachw.). Entgegen der Auffassung der Revision bestand eine solche Verpflichtung der Klägerinnen im vorliegenden Fall jedoch nicht.
Ob die aus § 546 Abs. 1 BGB folgende Wiederherstellungspflicht des Mieters auch die Entfernung von ihm oder vom Vormieter angebrachter Tapeten umfaßt, bedarf keiner Entscheidung. Zustandsverändernde Maßnahmen muß der Mieter jedenfalls dann nicht beseitigen, wenn er sie im Rahmen seiner Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen durchführt (vgl. Scheuer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., V, Rdn. 18 m. w. Nachw.). So liegt es hier, weil § 8 Nr. 2 des Mietvertrags den Klägerinnen die Ausführung der Schönheits-reparaturen auferlegt, zu denen auch Tapezierarbeiten gehören (vgl. BGHZ 92, 363 [368] = ZMR 1985, 84 [87]). Als Verwenderin der Formularklausel kann sich die Be-klagte nicht auf deren Unwirksamkeit berufen (vgl. BGH, Urteil vom 4.12.1997 – VII ZR 187/96 –, NJW-RR 1998, 594 = WPM 1998, 767, unter III 2 b; Urteil vom 13.10.2004 – 1 ZR 249/01 –, NJW-RR 2005, 314, unter III). Anderenfalls würde der Mieter – die von der Revision befürwortete Anwendbarkeit des § 546 Abs. 1 BGB vorausgesetzt – schlechter gestellt als im Falle der Wirksamkeit der Schönheits-reparaturklausel, die einen Wiederherstellungsanspruch des Vermieters, wie aus-geführt, von vorneherein ausschließt und den Mieter – anders als im Falle der An-wendbarkeit des § 546 Abs. 1 BGB – allenfalls dann zu einer Entfernung der Tapeten verpflichtet, wenn ihr Zustand dies erfordert.
Richter am BGH Wolfgang Wellner, Karlsruhe
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ZMR 2006/ August [S. 573-652]/ Entscheidungen [S. 593-652]/599 - Miet- und Pachtrecht - BGH, Urteil v. 5.4.2006 - VIII ZR 109/05
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