H wie Hola.
Ich bilde mir ein, dass meine Schwester so um 1980 eine
Prüfung für ihren Mittleren Bildungsabschluss in BaWü ablegen
musste. Welche Realschulprüfung meinst du oder verwechselst du
die mit den Zentralen Klassenarbeiten?
Daß Du Dir da 'mal nicht zuviel einbildest. Am Ende der zehnklassigen Realschule ist die Abschlußprüfung in BaWü relativ neu. Das weiß ich direkt aus erster Quelle von mehreren betroffenen Schülern.
In Hessen ist es übrigens ähnlich. Dort gibt es eine Realschulabschlußprüfung auch noch nicht besonders lang…
Ebenso kannst Du mit einfließen lassen, wie durchlässig ein
Schulsystem ist.
(zum Beispiel: Bayern hat hier eklatante Rückstände beim
Übergang Realschule-Gymnasium im Vgl. zu Sachsen und BaWü)
Informiere dich bitte über die Durchlässigkeit in BaWü etwas
genauer, seit G8 sieht es da etwas anders aus. Die
Multilaterale Versetzungsordnung ist so wie sie auf dem Papier
steht in bzw. nach der 6. Klasse kaum mehr anwendbar.
Was soll mir das andeuten? Daß die Herren bei euch die Durchlässigkeit verringert haben? Oder daß Du falschrum gelesen hast?!
Sonderschulformen bieten sich als Objekt der Betrachtung
ebenfalls an.
(zum Beispiel: die sogenannten „Beruflichen Gymnasien“
[Sachsen, BaWü u.a.], die eine mächtige [überlegene]
Alternative zum Regelgymnasium darstellen)
Bitte belegen.
Sollte doch ganz logisch sein, oder?
Man erwirbt eine Allgemeine Hochschulreife und bekommt gleichzeitig eine Fachrichtung (Technik, Wirtschaft, …) mit dazu.
Dann wird an den Beruflichen Gymnasien auch etwas anders unterricht und benotet. Bei den technischen geht das stark in Richtung Ingenieurwissenschaften, was dazu führt, daß wesentlich mehr Anwendung und Zusammenhänge im Vordergrund stehen, denn blankes Faktenwissen.
Im Gegensatz zu mancher Verlautbarung ist der Anteil von Faktenwissen (was dann auch noch genauso primitiv abgefragt wird) am Gymnasium höher, als immer der Eindruck erweckt wird.
Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, daß an einem Beruflichen Gymnasium wesentlich weniger „gepaukt“ wird. Eine Ausnahme bildet da lediglich die Fachrichtung Wirtschaft - ein klassisches extremes Lernfach bei den Grundlagen.
Zudem finden sich an den Beruflichen Gymnasien oft versteckte Zusatzangebote, die einfach vom Fachwissen der Lehrer herrühren.
Ich bspw. betreue über gute Kontakte an so einem Gym das Praktikum der 11ten Klassen, wo inzwischen in Zusammenarbeit mit dem Fachlehrer ein fester Theorieteil etabliert wurde, der ergänzend und weiterführend zum Unterricht steht. Darüber hinaus läuft ein Testseminar, indem ich ausführlich Stoff vorstelle, der zum Beispiel bei mir nur damals äußerst knapp gestreift wurde (Grundlagen Halbleiterphysik/ Elektronik und anderer Etechnikkram). Die Teilnahme ist freiwillig und beim ersten Versuch war es gut besucht. Ist natürlich so eine Sache, weil inoffiziell. Ähnlich inoffiziell war ein Zusatzangebot in Mathe damals bei mir; schimpfte sich Technische Mathematik und behandelte die Themen (mit Praxis-/Studienbezug), die in der normalen Mathe gar nicht oder nur am Rande zur Sprache kamen.
Natürlich hängt bei solchen Dingen viel vom Kollegium und dem Schulklima ab. Doch bisher hatte jedes Berufliche Gym, was mir über den Weg gelaufen ist, irgendwelche Rafinessen in petto, wo die breite Masse der Regelgymnasien einfach nur dumm aus der Wäsche guckt.
Des weiteren: Die meisten Beruflichen Gymnasien (zumindest in Sachsen) sind recht klein - sie werden in sogenannten Beruflichen Schulzentren organisiert, wo auch gleich die Fachoberschule (FOS) und diverse Berufsschulen et cetera mit drinnen sind. Es sind in absoluten Zahlen also wesentlich weniger Gymnasiasten. Schlägt in bezug auf das Kollegium in die Richtung bessere Betreuung, weniger annonym.
Der einzige Nachteil ist das zusätzliche Jahr. Eine ordentliche Oberstufe ist in zwei Jahren absolviert’; an einem BGy braucht man drei, weil der Übergang von der Realschule auf gymnasiales Niveau vollzogen werden soll. So lautet der Spruch offiziell. Die Realität sieht etwas anders aus: Das zusätzliche Jahr wird eiskalt für mehr Stoff genutzt. Zumindest in den meisten Fächern. Mathe war bei mir einst z.B. blanke Wiederholung aller Grundlagen der zehnklassigen, allgemeinbildenden Schule, sicherlich etwas schärfer in der Gangart usw. usf… Physik ebenso. Englisch ebenso (was jedoch eher nur für mich galt aus speziellen Gründen). Doch der Rest (Deutsch, Technik, Chemie, Wirtschaft, Biologie, Ethik, Geschichte, …) – dort kam jede Menge neuer Stoff neben der Angleichung.
Bisher habe ich diesen Wissensvorsprung auch gegenüber jedem Regelabiturienten deutlich bemerkt.
Zum Schluß noch ein Aspekt, den man als Vorteil auslegen kann. Wenn man von einem technischen Gym kommt, kann es einem nicht passieren, daß man einfach so Etechnik studiert, ohne vorher 'mal einen Lötkolben in der Hand gehabt zu haben. Man hat mit dem Gebiet intensiver zu tun gehabt und auch gemerkt, daß Mathematik&:stuck_out_tongue_winking_eye:hysik dort nicht alles ist.
Nun der Kontrast: Es sitzen massig Leute im Etechnikstudium, die gesagt bekommen haben (am Regelgym) „Mathe&:stuck_out_tongue_winking_eye:hysik reichen“, oder die noch nie irgendetwas gelötet haben. In den meisten Fällen sind das potentielle Abbrecher - abgesehen davon, daß sowas kein Zustand sein dürfte (es hatte schon seinen Grund mit dem Usus von vor einigen Jahren, vor dem Studium eine Lehre zu absolvieren…).
Für andere Fächer lassen sich andere Beispiele bringen (Fachrichtung Wirtschaft und BWL/VWL; Vorwissen vom normalen Gym i.d.R. Null).
Es gibt leider keine Zahlen, wieviel Geld sich sparen ließe, könnte man die Abbrecherquoten reduzieren, wenn den Abiturienten auch gleich noch intensivere Einblicke in ein Fachgebiet mitgegeben würde.
Man kann sicherlich durch Informieren, durch Gespräche viel für den Überblick vor dem Studium tun - doch wenn man tatsächlich weiß, was auf einen zukommt, ist das nochmals etwas ganz anderes. Netter Nebeneffekt: Das Studium wird gerade im Grundstudium etwas leichter - einige Sachen sind bekannt (wurden vielleicht didaktisch sogar am Gym wesentlich besser vermittelt), können teilweise ganze Vorlesungsbesuche sparen, oder ermöglichen das sofortige Ablegen der Prüfungsklausur.
Solange der allgemeinbildende Faktor nicht in die Ecke gedrückt wird, ist man also mit einem solchen Abitur im Vorteil. Ganz klar.
MfG