Versicherung besonderer Tätigkeiten als Arbeitnehmer

Hallo,

eigentlich könnte es auch zu Arbeitsrecht passen, aber es betrifft nur den versicherungstechnischen Aspekt.
Angenommen in einer Flüchtlingseinrichtung machen die Pädagogen quasi alles. Da wird nicht nur pädagogische Arbeit geleistet, sondern auch mal eine Steckdosenabdeckung montiert, eine Lampe gewechselt, ein Fensterrahmen gestrichen, Möbel geschleppt, gesägt, gebohrt… etc.

Wer haftet, wenn der Arbeitnehmer beim Rahmen streichen aus dem Fenster fällt?
Wer haftet, wenn ein Klient durch Unwissenheit der Pädagogen (z.B. Säge falsch erklärt oder falsch gewartet) verletzt wird?
Ist das über die BG mit abgedeckt?

Gruß
Tato

Hallo Tato,
so einfach aus dem Bauch heraus:
Versicherungstechnisch dürften Menschen wohl nur in dem Rahmen Beschäftigung finden, in dem sie auch ausgebildet sind. Ich weiß, Pädagogen werden für alles eingesetzt…
Wie sich das in Deutschland darstellt, kann ich leider nicht beantworten - da müsste wohl ein Jurist gefragt werden.

Gruß

dafy

Hallo,
grundsätzlich - ja - denn es wäre ein Arbeitsunfall und dafür ist die Berufsgenossenschaft bzw. der Unfallversicherungsträger zuständig.
Es könnte aber tatsächlich so sein, dass die BG. eine Kostenübernahme ablehnt weil es eben keine Vereinbarung gibt, die die Tätigkeiten außerhalb der im Arbeitsvertrag beschriebenen Stelle regelt - ich denke auch, dass hier ggf. der Rechtsweg entscheiden müsste.
Als Beruhigung aber noch der Hinweis - wenn die BG. nicht zahlt, leistet die Krankenkasse.
Gruss
Czauderna

Hallo,

die gesetzliche Unfallversicherung zahlt bei allen Unfällen, die während der Arbeit passieren. Ausnahmen:

  • Tätigkeiten während der Pause (z.B. Essen, Spazierengehen)

  • Tätigkeiten aus privatem Interesse (z.B. Reparieren des eigenen Fahrrades in der Fahrradwerkstatt für Flüchtlinge)

  • Folgen einer bestehenden Erkrankungen/Vorschädigung (Knieschmerzen beim Gehen oder Sturz nach einem Schwindelanfall)

Wenn die gesetzliche Unfallversicherung nicht zahlt, übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Bei privaten Krankenversicherungen ist der Vertrag entscheidend.

Die Unfallversicherung übernimmt keine Haftungskosten. Das ist entweder Sache des Arbeitgebers oder einer privaten Berufshaftpflicht. Entscheidend ist u.a. der Grad der Fahrlässigkeit.

Gruß
RHW

Sorry Günter,

aber das hier

spielt beim Begriff des Arbeitsunfalls iSd § 8 SGB VII
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/__8.html
überhaupt keine Rolle.
Es käme im geschilderten Fall lediglich darauf an, daß der AG irgendeine Tätigkeit verlangt - ob er diese Tätigkeit kraft Direktionsrechts und/oder Arbeitsvertrag überhaupt verlangen darf, spielt dabei keine Rolle.

&Tschüß
Wolfgang

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Hallo,
okay, wenn es so ist - du hast da die grössere Ahnung - ich habe da auch mehr vermutet als dass ich so einen Fall so mal gehabt hätte in der Praxis.
Danke für die Info.
Gruss
Guenter

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Hallo und Danke für die Antwort.

Also scheint es für die gesetzliche Unfallversicherung nicht relevant zu sein, wenn die Reinigungskraft damit beauftragt wird, einen Löwenkäfig zu putzen und dabei zum Mittagessen wird…oder eben die Pädagogin, die beim Fensterlackieren aus dem Fenster in die Tiefe stürzt…

Aber zu der Haftungsfrage: Wenn eine Pädagogin (ohne Tischlerausbildung) eine Handkreissäge bedient, diese sich verkanntet und im Flug einen Jugendlichen verletzt, ist es eine Sache vom Arbeitgeber? Was ist, wenn der die Kohle für Rehabilitation des Jugendlichen und die Langzeitschäden nicht tragen kann? Sicherlich gibt es dafür entsprechende Versicherungen, aber zahlen diese eben auch bei artuntypischen Tätigkeiten? Einem Tischler wäre das vielleicht nicht passiert, weil er mit der Maschine umgehen kann…

Gruß
Tato

Hallo,

auch ein Verstoss gegen Gesetze oder zB UVVs spielt erst mal keine Rolle - wg. § 7 Abs. 2 SGB VII:
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/__7.html

Allerdings kann evtl. ein AG von der BG in Regress genommen werden (oder zumindest seine Beiträge erhöhen sich drastisch), wenn er auf Gesetze und/oder UVVs keinen Wert legt.

&Tschüß
Wolfgang

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Hallo,

gern geschehen.

Ja, wenn die Putzfrau beauftragt wird, den Löwenkäfig zu putzen, ist sie gesetzlich unfallversichert. Wenn die Putzfrau aber im vermeintlich leeren Löwenkäfig ihr eigenes Mittagessen verspeisen möchte, ist sie dagegen nicht unfallversichert.

Zu der Haftungsfrage kann ich leider nichts sagen. Ggf. das Unternehmen, bei der die eigene private Haftpflichtversicherung besteht, oder die Gewerkschaft (oder Betriebs-/Personalrat) befragen. Wichtige Aussagen immer schriftlich geben lassen.

Gruß
RHW