Verstehen Schwaben Schwyzertütsch?

Schweizer Nachrichten werden ja für das gemeine Volk in Deutschland immer übersetzt. Versteht ein Schwabe eigentlich große Teile dieser Sprache…oder sollte man eher Dialekt sagen.

Gibt es eigentlich große Unterschiede zwischen dem Alemannischen aus Vorarlberg und dem Schwäbischen?

Hallo Jefe,

Alemannisch wird außerhalb der Schweiz gesprochen in: Vorarlberg, Teilen des Allgäus, dem schwäbischen Oberland bis knapp südlich des 48ten Breitengrades, der südlich(st)en Baar, im Schwarzwald bis in die Kinziggegend, im Elsass bis etwa Haguenau.

Im deutschen Raum ist das Alemannische seit mindestens zwei Generationen ggü. dem Schwäbischen im Zurückweichen begriffen, im Elsass dringt es ggü. dem Nordelsässischen fränkisch-alemannischen Mischdialekt vor.

Es unterscheidet sich etwa so heftig vom Schwäbischen wie das Bajuwarische von diesen beiden. Kennzeichen für einen Alemannen ist, daß er Dir das Nibelungenlied vom Blatt lesen kann: Alemannisch ist dem Mittelhochdeutschen ziemlich ähnlich. Es hat mindestens eine Lautverschiebung nicht mitgemacht (Haus - hûs, Sonntag - Sundig, bleiben - blîbe), bildet eine eigene Vergangenheit zu sein (gewesen - gsî), hat teilweise nicht bloß andere Lautung wie bei Dialekten üblich sondern ein eigenes sonst nicht mehr gebräuchliches Vokabular (dîserweag - derweag = sorum und sorum, Aftermädig = Dienstag (Nachmontag), hära = rufen, losa = hören, hera = aufhören…)

Wenn ich jetzt noch behaupte, im Alemannischen gäbe es eine im Deutschen nicht mehr vorhandene Form für den Konjunktiv Plusquamperfekt, wird mich Fritz Ruppricht schlagen… - stimmt aber.

Gegenseitiges Verstehen:

Gebürtig vom schwäbisch/alemannischen Grenzgebiet und später gelebt in der Gegend zwischen Tettnang und Lindau, verstehe ich relativ gut die alemannisch sprechenden Nachbarn, aber diese mich nicht so gut. Schweizer wenn nicht unmittelbar vom See (Thurgau - St Gallen - Schaffhausen) mögen See-Alemannisch nicht gern hören und ziehen in der Regel Deutsch vor, mit Elsässern gehts ähnlich: Diese nehmen freundlich zur Kenntnis, daß ich sie nicht für eine Art Deutsche halte, aber wechseln dann schnell zum Französischen oder zum Deutschen, obwohl ich sie umgekehrt recht gut verstehe. - Das verstehe wer will.

Und noch einer, weils so schön ist:

Indochinakrieg, zwei Elsässer in einem Zelt. Der eine schaut morgens hinaus, der andre fragt von drin: He Schang, schînt d’Sunn scho? - Antwort: Jôo, d’Sunn schînt scho schee! - Darauf einer us’m Innere im nächsten Zelt: Hör die Elsässer an! Einen Tag sind wir hier und sie reden chinesisch!

Wie das deutsche See-Alemannisch vom Deutschen und vom Schwäbischen durchdrungen wird, gibts ähnliches natürlich auch bei den Nachbarn: „Schang, schass mer di giggeler us’m schardä, die mange mir alli charotte!“

In diesem Sinne

MM

Hallo,

ich, Schwabe, aufgewachsen auf der Schwäbischen Alb, verstehe Schwyzerdütsch. Bei
uns zu Hause konnte man Radio Beromünster gut empfangen und wir haben es oft
gehört. Die Verwandtschaft der beiden Idiome und die Übung des Hörens haben da
wohl zusammen gewirkt.

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Konjunktiv Plumsquamdefekt! Und Gugommere!
Hallo, Martin,
das ist prima erklärt!

Wenn ich jetzt noch behaupte, im Alemannischen gäbe es eine im
Deutschen nicht mehr vorhandene Form für den Konjunktiv
Plusquamperfekt, wird mich Fritz Ruppricht schlagen… -
stimmt aber.

So stell ihn hier mal vor, dann können wir übers Schlagen reden. Ich werde vermutlich an der Benennung Anstoß nehmen, da der Konjunktiv keine Zeitform ist und deshalb die Bezeichnungen: Konjunktiv Präsens/Perfekt/Plusquamperfekt unsinnig sind.
Man kann nur unterscheiden zwischen Konjunktiv I in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft und Konjunktiv II in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft.
Ich habe aber noch nie einen wg. Grammatik geschlagen.

„Schang, schass mer di giggeler us’m schardä, die mange mir alli charotte!“

Hier sage ich am Ende: gugommere.

Fritz

Hallo Fritz,

allahopp:

abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit - Ind. I han due/dong. Konj. I häb due/dong. Vorzeitig abgeschlossen: Ind. I han due ghet/dong ghet/dong gha. Konj. I häb due/dong ghet/dong gha.

Ich denke, der Trick ist, daß die Vorzeitigkeit durch das hintangehängte ghet/gha bezeichnet wird, so daß die im Deutschen schon für die einfache Vergangenheit hilfsweise verbratene Form „hätte getan“ noch zur Verfügung steht.

Bin allerdings nicht sicher, ob ich diese zweifellos existente Form schon jemals real gesprochen gehört habe…

Sey gegrüszt!

MM

ich bin in bayern aufgewachsen und verstehe schweizerdeutsch, wenn es nicht allzu breit gesprochen wird. wahrscheinlich kommt das daher, weil man in bayern auch schweizer fernsehn empfangen kann. oder weil man als bayer, der dialekt spricht, hochdeutsch verstehen muß? mir ist aufgefallen, daß ich als dialekt-sprechende weit weniger probleme mit anderen dialekten zb. norddeutsch habe als nur hochdeutsch-sprechende.

Hallo Diskutanten,

Bei
uns zu Hause konnte man Radio Beromünster gut empfangen und
wir haben es oft
gehört.

das wäre eine plausible Erklärung dafür, daß das gegenseitige Verstehen sorum besser geht als andersrum.

Immerhin war das Schweizerradio für eine bzw. zwei Generationen vor uns ein geistiges Lebenselixier vom Beginn des tausendjährigen Reiches bis zum Ende der Adenauerschen Käseglocke, rund fünfunddreißig Jahre lang so wichtig wie das berühmte Bambimbambom von Big Ben…

In diesem Sinne

MM

Salli Schoko,
kann gut sein, dass man mit Dialekt sprachgewandter aufwaechst, weil man praktisch zweisprachig aufwaechst. Ich versteh Schwyzzerdütsch au, aber kommt drauf an, welcher Kanton. Züridütsch gaht.

Allah d’onn, Elke

Hi,

und ob schwaben Schwyzertytsch verstehen. Für uns (Raum Stuttgart) absolut kein Problem, obwohl wir keine direkte Verbindung zu dieser Sprache haben.
Apropos Sprache: Schwyzertytsch ist für mich nichts weiter als ein süddeutscher Dialekt. Diese Aussage mag nicht wissenschaftlich sein, aber für Schwaben ist Schwyzertytsch wirklich nichts Besonderes.
Selbiges gilt abgeschwächt für Ellsässisch und Jiddisch.
Der Abstand Schwäbisch-Schwyzertytsch entspricht gefühlsmässig etwa dem Abstand Schwäbisch-Bairisch/Österreichisch.
Übrigens ist das in der Gegend von Lörrach /Freiburg gesprochene „Südbadisch“ dem Schwyzertytsch sehr ähnlich, zumindest für Aussenstehende.

Gruss,

Oh nein, Martin, diesen alten Stiefel doch nicht!

In den süddeutschen Varianten des Deutschen wird das Präteritum gern gemieden. Ein Verlästerer des Schwäbischen Ende des 19. Jhdt sah darin den Hauptgrund, die oberdeutschen Formen ganz zu bannen.

Und da der Schwabe (hier jetzt als Repräsentant der oberdeutschen Dialekte) die Formen:

“ich hatte, ich war, ich lernte, ich schlief, ich ging“, etc.

nicht verwendet, sondern statt dessen lieber:

„i han ghett, i ben gwä, i han glernt, i han gschlôfe, i ben gange“ sagt;

so ist ihm auch das normale Plusquamperfekt:

„ich hatte gehabt, ich war gegangen, ich hatte gelernt, ich hatte geschlafen, ich war gegangen“

verhasst, und er hängt statt dessen das Partizip II von „haben“ ans Perfekt an und bildet so, seiner Meinung nach ganz korrekt und stimmig, die Vorzeitigkeit von den Verben – außer bei den Hilfsverben natürlich, wo das nicht geht - , so dass die Formen:

„i hab glernt ghett, i han gschlôfe ghett, i ben gange gwä“
entstehen.

Der Konjunktiv II der Vergangenheit besitzt nun eine formelle Ähnlichkeit mit dem Plusquamperfekt. Den Präteritumformen der Hilfsverben des Plusquamperfekts muss man nur Umlautstrichlein aufsetzen und schon hat man die Formen des Konjunktivs II der Vergangenheit.

Die im Schwäbischen gemiedenen Formen:

„ich hätte gelernt, ich wäre gegangen, ich hätte gefragt“ etc.

werden nun ebenso ersetzt durch:

„i häb glernt ghett, i sei/wär gange gwä, ich häb gfrôgt ghett.“

Wobei hier oft eine Unsicherheit bei den Hilfsverben besteht; „sei“ neben „wär“, „häb“ neben „hätt“.

Zu dem gibt es doch diese Geschichte:

Ich han amôl oine khennt ghett, dui hôtt oin khennt ghett und dui hôtt au a Kend khett, aber ned von dem wo dui hôtt khennt ghett. Dui hôtt vorher oin andere khennt ghett, vom dem hôtt se des Kend ghett.

Zum Konjunktiv kann ich auch auf das - leider wohl nur noch antiquarisch zu bekommende - Büchlein:
Armin Ayren, Über den Konjunktiv, ISBN 3-925016-92-9 Buch anschauen
hinweisen.

Gruß Fritz

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Guten Tag ;o)

Ich komme aus Vorarlberg (Österreich)… wir sprechen eigentlich schweizer dialekt mit den Liechtensteinern sehr zu vergleichen des einzige was anders ist … die schweizer haben eine etwas härtere aussprache *gg*

Aber was miar ofgfalla isch dasd schwiezer eher üs net so guat verston … *fG* wieso was i oh net so genau

An schöna noch grüassle Nik

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Hallo Nik,

Ich komme aus Vorarlberg (Österreich)… wir sprechen
eigentlich schweizer dialekt mit den Liechtensteinern sehr zu

Angeber…grins

eine etwas härtere aussprache *gg*

wir sind keine Weicheier.

Aber was miar ofgfalla isch dasd schwiezer eher üs net so guat
verston … *fG* wieso was i oh net so genau

An schöna noch grüassle Nik

Kunststück, …das was Ihr so aus dem Hals würgt, ist doch keine richtige Sprache…,

wir nennen es;

Halskrankheit (:smile:)

En schöne Gruess
Fritz
a.d.Uw.