Vinifizieren

Hallo Wissende,

letzte Woche habe ich in München und Umgebung einige michelinbesternte Restaurants besucht. Dabei ist mir in zwei Lokalen aufgefallen, dass nach dem Dekantieren des Rotweins die Weingläser mit einem kleinen Schluck des Weines ausgeschwenkt wurden. Auf meine Frage hin, warum man dies tue, wurde mir erklärt, so würden eventuell vorhandene fremde Geschmackspartikel ausgespült. Der Somellier nannt das Procedere „vinifizieren“. Mir ist bekannt, was Vinifikation bedeutet, bisher dachte ich vinifizieren sei das Verb zu diesem Hauptwort.

Wer kann mir etwas Erhellendes zu diesem Thema sagen?

Vielen Dank und freundliche Grüße aus Mainz

Hans-Jürgen

Hallo Hans-Jürgen,

Mir ist bekannt, was Vinifikation
bedeutet, bisher dachte ich vinifizieren sei das Verb zu
diesem Hauptwort.

sei beruhigt - genau so ist es auch. Der von Dir geschilderte Vorgang nennt sich ‚avinieren‘.

Zu der von Dir beschriebenen Prozedur - das ist mal wieder so ein neuer alberner Modetrend, wo man den Kunden mit einer möglichst pompösen Zeremonie beeindrucken will.

Mein Vorschlag - wenn man dir wieder mit so einem Schmarren kommt, dann fragst Du den Sommelier einfach, warum eigentlich mit dem von Dir teuer bezahlten Wein Gläser ausgeschwenkt werden sollen, nur um mögliche Fehler des Spülkochs damit zu beheben. In einem Lokal gehobener Preisklasse sollte man doch wohl erwarten können, dass der Spülkoch dafür sorgt, dass die Weingläser nicht nur sauber, sondern auch geruchsfrei sind. Das heisst auch, dass sie nicht längere Zeit als Staubfänger herumstehen und dass sie nicht mit einem alten gammeligen Spüllappen oder Handtuch behandelt wurden.

Versichere ihm, dass Du das Glas samt Wein einfach zurück gehen lässt, wenn es nicht in Ordnung sein sollte.

Freundliche Grüße,
Ralf

Servus,

also eigentlich würde ich Dir für diese passende Antwort gerne mehr als einen Stern geben.

Gruß,
Sax

sei beruhigt - genau so ist es auch. Der von Dir geschilderte
Vorgang nennt sich ‚avinieren‘.

Interessanterweise verwendet die Winzerin, bei der ich gelegentlich einkaufe, dafür ebenfalls das Wort „vinifizieren“. Es scheint sich also möglicherweise um eine legitime Nebenbedeutung des Begriffes zu handeln.

Bei einem frischen Glas ahbe ich das allerdings bei ihr noch nie erlebt, nur im Rahmen einer Weinprobe, wo zwischen denm einzelnen Weinen die Gläser mit einem Schluck des nachfolgenden Weines augeschwenkt wurden.

Gruß,
Max

Danke Ralf,

ich sehe das genauso wie Du. Dieses Ausschwenken macht nur Sinn, wenn man mehrere Weine hintereinander aus dem gleichen Weinglas verkostet. Zum Beispiel im Weinkeller, wo man die Brühe direkt auf den Boden kippt. Hier war es nur Show.

Freundliche Grüße

Hans-Jürgen

Vinifizieren, find’ ich gut.
Hola, Hans-Jürgen …

schlagt mich, aber für mich macht das Vinifizieren durchaus Sinn! Allerdings nicht, um die Gläser zu „spülen“, sondern um den Wein auf einer möglichst großen Oberfläche zu verteilen, somit Luft hinzuzuführen und mehr/besser riechen zu können. Fehlerhafte Weine sind zwar selten, aber einmal die Nase in ein vinifiziertes Glas gesteckt und alles sollte klar sein.

Auch ist das Vinifizieren für mich keine „Show“, sondern eher der Hinweis auf eine Servicekraft, die weiß, wie man mit Wein umgeht (Ok, wenn die „Spülbegründung“ kam, da wohl eher weniger.)

Gruß
Chiquita

Hallo,

Bei einem frischen Glas ahbe ich das allerdings bei ihr noch
nie erlebt, nur im Rahmen einer Weinprobe, wo zwischen denm
einzelnen Weinen die Gläser mit einem Schluck des
nachfolgenden Weines augeschwenkt wurden.

richtig - daher kenne ich es auch und da macht es auch wirklich Sinn. Man stelle sich eine Fachweinprobe vor mit 300 Teilnehmern und 30 vorgestellten Weinen (durchaus keine ungewöhnliche Größenordnung). Unmöglich, da 9000 Weingläser bereit zu stellen …

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Hans-Jürgen

Hier war es nur Show.

… und Du darfst noch dankbar sein, dass der Sommelier nicht auch noch den Dekanter avinieren wollte …

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Chiquita

schlagt mich

Danke für das Angebot, aber ich glaube, der Mod hat da was dagegen …

Fehlerhafte Weine sind zwar selten, aber einmal die Nase in
ein vinifiziertes Glas gesteckt und alles sollte klar sein.

Aus diesem Grund wird nach dem Entkorken (und der Überprüfung des Korkens) erst eine geringe Menge eingeschenkt, geschwenkt und dann sensorisch (Farbe, Geruch, Geschmack) überprüft. Vom Gast. Das ist auch völlig ausreichend.

Mit ‚avinieren‘ hat das nichts zu tun - diese Sitte kommt vielmehr (vgl. Postings weiter unten) von Weinproben her, wo man für verschiedene Weine nur ein Glas hat. Da macht das auch Sinn.

Wenn ein Glas möpselt (so etwas rechtzeitig festzustellen gehört übrigens zum Job eines Sommeliers), dann gehört es zurück in die Spülküche und mit dem zuständigen Mann ein ernstes Wort geredet. Es stattdessen mit dem vom Gast bezahlten Wein zu ‚spülen‘ ist eine Frechheit.

Freundliche Grüße,
Ralf

Nicht vom Gast
Hallo Ralf!

Als Gast möchte ich nicht probieren ob der Wein in Ordnung ist. Das ist Aufgabe das Sommeliers. Auch wenn es selten vorkommt, dass der Wein einen Fehlgeschmack hat, so will ich dennoch diesen Gemack nicht im Mund haben. Da spendiere ich doch lieber ein paar ml des von mir bezahlten Weines und lasse den Profi probieren.
Gott sei Dank hat sich diese Ansicht inzwischen in der Spitzengastronomie durchgesetzt. Bei allen besternten Lokalen und solchen, die danach trachten besternt zu werden, die ich in den letzten Jahren aufgesucht habe, wurde der Wein immer vom Sommelier probiert. Und das ist auch gut so.

Liebe Grüße,

Thomas.

2 Like

Hallo Thomas,

Als Gast möchte ich nicht probieren ob der Wein in Ordnung
ist. Das ist Aufgabe das Sommeliers.

ich verstehe Deinen Standpunkt - muss aber bekennen, dass ich auch hier der ‚alten Schule‘ den Vorzug gebe. Wenn ich mich ausreichend kompetent fühle zu beurteilen, ob der Wein, den ich bestellt habe, in Ordnung ist, dann überprüfe ich das natürlich auch selbst.

Gott sei Dank hat sich diese Ansicht inzwischen in der
Spitzengastronomie durchgesetzt. Bei allen besternten Lokalen
und solchen, die danach trachten besternt zu werden, die ich
in den letzten Jahren aufgesucht habe, wurde der Wein immer
vom Sommelier probiert. Und das ist auch gut so.

Bei allem Respekt vor der Fachkompetenz eines guten Sommeliers - ich empfinde das als entmündigend und vor allem als unterschwellig abwertend und beleidigend dem Gast gegenüber. Nach dem Motto: der Gast hat eh keine Ahnung. Ob der Wein, den er bezahlen soll, in Ordnung ist oder nicht, beurteilen wir selbst.

Ich habe den Verdacht, dass das unerbetene Degustieren des bestellten Weines durch den Sommelier vorrangig dazu dient, diesen über die Entwicklung der eingelagerten Weine des Restaurantweinkellers auf dem Laufenden zu halten. Das ist sicher sinnvoll - ob das auf Kosten des Gastes geschehen muss, ist eine andere Frage.

Wenn ich mich nicht ausreichend kompetent fühle, den Wein zu beurteilen, sollte ich auch kein Problem damit haben, den Sommelier um diesen kleinen Service zu bitten. Dies aber pauschal jedem Gast zu unterstellen, finde ich persönlich nicht o.k.

Freundliche Grüße,
Ralf

4 Like

Hi, „Ingenjör“
(angesichts deiner ViKa fiel mir der alte Gag ein „früher wusste ich nicht, wie man Ingenieur schreibt, heute bin ich selber einen“)

Gott sei Dank hat sich diese Ansicht inzwischen in der
Spitzengastronomie durchgesetzt. Bei allen besternten Lokalen
und solchen, die danach trachten besternt zu werden, die ich
in den letzten Jahren aufgesucht habe, wurde der Wein immer
vom Sommelier probiert. Und das ist auch gut so.

Dann lass ihn doch auch gleich die Flasche leer trinken, danach kann er dir auch sagen, ob der Wein bekömmlich ist :wink:
Im Ernst: Bei mir ist noch NIE einer auf die Idee gekommen, mich das nicht selber machen zu lassen.
Das nächste wäre dann wohl, dass der Kellner erstmal am Essen probiert…

Gruß
Jo

Hallo,

Das nächste wäre dann wohl, dass der Kellner erstmal am Essen
probiert…

ich gehe davon aus, daß der Koch das Essen probiert, das er serviert. Natürlich möchte ich nicht, daß eine Ecke vom Fleisch fehlt, aber Sauce usw. sollte schon probieren und das, was da verzehrt wird, zahlt der Gast logischerweise auch. Die paar mal, die der Wein vom Kellner probiert wurde, hatte ich genau aus diesen Gründen auch nichts dagegen.

Gruß
Christian

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Prost,

Als Gast möchte ich nicht probieren ob der Wein in Ordnung
ist. Das ist Aufgabe das Sommeliers.

das ist Deine Meinung, aber nicht meine.

Auch wenn es selten
vorkommt, dass der Wein einen Fehlgeschmack hat, so will ich
dennoch diesen Gemack nicht im Mund haben.

Das einzige mal, wo mir das bisher vorgekommen ist, bzw. als ich dabei war als es passierte, fiehl das schon mit der Nase auf.
Der Kellner roch auch und eine neue Flasche kam.

Da spendiere ich
doch lieber ein paar ml des von mir bezahlten Weines und lasse
den Profi probieren.

Wie gesagt, wenn der Service angeboten wird, ist es m.E. völlig in Ordnung, wenn man ihn nutzt, aber ich möchte vorher gefragt werden!

Gott sei Dank hat sich diese Ansicht inzwischen in der
Spitzengastronomie durchgesetzt. Bei allen besternten Lokalen
und solchen, die danach trachten besternt zu werden, die ich
in den letzten Jahren aufgesucht habe, wurde der Wein immer
vom Sommelier probiert.

Seltsam, das ist mir noch nicht vorgekommen.
Ich möchte allerdings doch selber probieren.

Gandalf