Vojvodina Nationalistisch? Verehrten Mladic?

Hallo,

neulich gab es einen tollen Bericht zu Mladic und Serbien von der Spiegel. Dort hieß es unter anderem:
Hier in der nationalistischem Vojvodina gilt der Schlächter von Bosnien als Kriegsheld Naja alles was die so sagten hörte sich an, ob Vojvodina das Teil von Serbien sei wo man Leute wie Mladic und seine „Arbeit“ vererht. Hier mal ein Link: http://www.spiegel.de/video/video-1130169.html

Ich dachte Vojvodina ist der einzige Teil serbiens die nie Krieg wollte weil dort auch unzählige mit einem Migrationshintergrund leben. Besonders viele ungaren. Dort sei man deswegen etwas „vernünftiger“.

Wie ist denn jetzt die politische Einstellung von Vojvodina wirklich (also die Mehrheit, mich interessieren 4-5 Serben nicht die da befragt wurden).

Gruß

Hallo

Ich dachte Vojvodina ist der einzige Teil serbiens die nie
Krieg wollte weil dort auch unzählige mit einem
Migrationshintergrund leben. Besonders viele ungaren. Dort sei
man deswegen etwas „vernünftiger“.

Das mag bis 1945 so gewesen sein. Mladics Wohnort hieß früher Lazarfeld. Dann wurden die Ungarn und Donauschwaben, die das Land kultiviert hatten, aber größtenteils vertrieben und eben durch aus kargen, ärmlichen Bergregionen umgesiedelte Serben ersetzt. Klar dass die knallharte Nationalisten waren oder es (per Zurechtbiegen der Geschichte) wurden. Sonst konnte und kann man sich doch morgens gar nicht im Spiegel ansehen, wenn man weiß, dass man in einem geraubten Haus lebt. Stelle ich mir als nichtslawischer Mitteleuropäer jedenfalls so vor…

Gruß
smalbop

Hallo

Klar dass die knallharte Nationalisten waren oder es (per Zurechtbiegen der Geschichte) wurden. Sonst konnte und kann man sich doch morgens gar nicht im Spiegel ansehen, wenn man weiß, dass man in einem geraubten Haus lebt. Stelle ich mir als nichtslawischer Mitteleuropäer jedenfalls so vor…

Vor 1945 haben ja nichtslawische Mitteleuropäer in geraubten Häusern von Slawen (Polen) gelebt. Ich denke auch, dass das entweder knallharte Nationalisten waren oder sich morgens nicht mehr gut im Spiegel ansehen konnten. Oder eben dachten: was kann ich dafür. Die Häuser sind ihnen ja zugewiesen worden.

Das musste jetzt irgendwie sein, weil dein Satz ‚Stelle ich mir als nichtslawischer Mitteleuropäer jedenfalls so vor …‘ so klingt, als seien die Slawen eventuell eine andere Art von Menschen, die den Hausraub anders empfinden als Mitteleuropäer.

Viele Grüße

Hallo

Vor 1945 haben ja nichtslawische Mitteleuropäer in geraubten
Häusern von Slawen (Polen) gelebt.

Das mag in Einzelfällen so gewesen sein, war aber im allgemeinen nicht so. Wer 1939 bis 41 als Nichtslawe im besetzten Polen angesiedelt wurde, war kein Mitteleuropäer, sondern kam aus Rumänien, Galizien, Weißrussland und vergleichbaren Gegenden, hatte dafür seinerseits ein Haus an die verbleibenden Slawen abzugeben und im übrigen vermutlich auch keine genaue Ahnung, wo er da eigentlich genau hinkam.

Ich denke auch, dass das
entweder knallharte Nationalisten waren oder sich morgens
nicht mehr gut im Spiegel ansehen konnten. Oder eben dachten:
was kann ich dafür. Die Häuser sind ihnen ja zugewiesen
worden.

Dies wird sich ein Flüchtling denken, der gezwungen wurde, seine Heimat unter entschädigungsloser Zurücklassung seiner sämtlichen unbeweglichen Habe zu verlassen. Das möchte ich bei den Serben eigentlich ausschließen, die von Serbien nach Serbien umzogen mit der Aussicht, ihre kargen Berghütten gegen großzügige deutsche und ungarische Höfe in einer fruchtbar gemachten Tiefebene eintauschen zu können und sich dabei auch noch irgendwie als Helden fühlten. Sonst wären sie ja wohl heute keine verbohrten Nationalisten, oder?

Das musste jetzt irgendwie sein, weil dein Satz ‚Stelle ich
mir als nichtslawischer Mitteleuropäer jedenfalls so vor …‘
so klingt, als seien die Slawen eventuell eine andere Art von
Menschen, die den Hausraub anders empfinden als
Mitteleuropäer.

Man wird in aller Regel davon ausgehen müssen, dass ein Täter eine Tat anders empfindet als ein Opfer, sei er nun Slawe oder nicht. Indessen sind die Täter (und Nutznießer) von Vertreibungsverbrechen des 20. Jahrhhunderts halt in aller Regel Slawen. Ohne Deformation des kollektiven Gedächtnisses hält man das nicht generationenlang durch.

Und was jetzt auch noch sein muss, weil du Polen ins Spiel gebracht hast: Die Vertreibung von Deutschen aus ihren angestammten Siedlungsgebieten in Polen und Tschechien begann bereits 1918. Eine entsprechende Beschlussfassung kann sogar bis zum Panslawistischen Kongress des Jahres 1848 in Prag zurückverfolgt werden, wonach binnen hundert Jahren die slawische Sprachgrenze bis zur Linie Stettin-Triest vorverlegt werden sollte. 97 Jahre später war der Auftrag erfüllt.

smalbop

Ich bin kein Historiker, aber da ich in Ungarn lebe, weiß ich, daß bis zum Vertrag von Trianon 1920 die Vojvodina ungarisch war. Ungarn ging bis Belgrad!
Meine Eltern und Großeltern waren Donauschwaben und lebten in einer Region der Vojvodina, die sich damals Batschka nannte. 1942 flüchteten sie vor Titos Partisanen über Umwege nach Deutschland. Wäre Hitler nicht gewesen, wäre ich jetzt Erbe eines großen Hofguts mit Vieh, Pferden und Ländereien. Das mußten sie alles aufgeben und zurücklassen. Mein Großvater erzählte, wie in der Nacht, als sie abhauen mußten, die Katze schrie und heulte, als würde sie genau verstehen, was jetzt gerade passierte.
Es mag sein, daß einige Serben auch in der Vojvodina Mladic verehren, aber ich nehme an, daß das nicht alle tun. Auch dort gibt es solche und solche. Für mich sind Serben genauso gute Menschen wie alle anderen, und ihre Gastfreundschaft ist umwerfend!