Lieber Dominik,
leider habe ich keines dieser Bücher gelesen. Ich kenne auch keine Sagen zu diesem Thema.
Ich kenne mich nur insofern aus, als dass meine beiden Eltern bereits verstorben sind und ich ihre Trauerfeiern organisiert habe (nach ihren Wünschen).
Für meinen Vater habe ich wunschgemäß eine böhmische Bestattung organisiert. Die ging so:
In der Aussegnungshalle wurde „Die Moldau“ von Smetana gespielt. Mein Vater hatte sich dies gewünscht, „damit alle erst einmal so richtig schön weinen können“ (so hatte er es vor seinem Tod formuliert).
Zum Grab hin blies eine böhmische Kapelle einen Trauermarsch. Am offenen Grab wurden diverse Grabreden gehalten.
Nachdem der Sarg in’s Grab abgelassen worden war, spielte die Blasmusikkapelle ein fröhliches Lied bis zur böhmischen Wirtschaft vor dem Friedhof hin. Auch dies der Wunsch meines Vaters.
Im Gasthaus gab es böhmisches Essen und alle Gäste unterhielten sich angeregt über ihre Erinnerungen an meinen Vater.
„Eine schöne Leich“, sozusagen. So sagt man in Bayern, wenn die Begräbnisfeier schön war.
Meine Mutter hingegen wollte im engen Kreis bestattet werden und hatte ansonsten keine Wünsche geäußert. In der Aussegnungshalle wurde eine Opernarie von Mozart gespielt (eine Sopranstimme, denn meine Mutter hatte selbst gerne Opern gesungen).
Keiner hielt eine Grabrede, es gab keine Kapelle, niemand traute sich zu weinen. Es kamen wenige Leute. Wir gingen danach in ein Café zum Kuchenessen. Die Gespräche über meine Mutter waren recht mühsam.
Ich persönlich glaube, dass die böhmische Variante es den Hinterbliebenen viel eher erlaubt, ihre Gefühle zu spüren, zu zeigen, zu teilen und sich so „besser“ an den Verstorbenen erinnern können.
Ich habe diese Erfahrungen hier ale einen kleinen Beitrag zur „Feldforschung“ aufgeschrieben. Beide Bestattungen fanden in München statt.
Mit den besten Grüßen
Anna