Vollbremsung absichtlich?

Gingen wir mal von folgendem fiktiven Fall aus und gingen wir der Einfachheit halber mal davon aus, dass der Nachweis des Hergangs absolut zweifelsfrei mit Zeugen so belegt sei. Gingen wir weiters davon aus, dass wir keine Grundsatzdiskussion über „Raser“ und „Schleicher“ anzetteln möchten.

Wir haben einen Kreisel außerorts und Auto_1 möchte den Kreisel an der zweiten Ausfahrt verlassen, es befindet sich gerade so im Kreisel als das von rechts kommende Auto_2 vor dem Auto_1 in den Kreisel einfährt. Auto_1 wird deshalb zum abrupten Bremsen (so heftig, dass das ABS aktiviert wird) gezwungen und vor lauter Entsetzen hupt der Fahrer von Auto_1 (einmal, kurz). Daraufhin stiege der Fahrer von Auto_2 voll in die Bremsen. Nun würde Auto_1 auf Auto_2 auffahren, es käme zum Unfall.

Normalerweise ist ja das Auto_1 verpflichtet so viel Abstand zu Auto_2 zu halten, dass es eben auch im Falle einer Vollbremsung von Auto_2 nicht zum Unfall kommt (kann ja auch ein Kind überraschend auf die Strasse springen). Aber in dem Fall haben wir ja zwei Randparameter

  1. durch das „Vorfahrt nehmen“ von Auto_2 war der Sicherheitsabstand ohne Zutun von Auto_1 eh unterschritten
  2. war diese Vollbremsung in diesem Fall grundlos (immerhin ist ja ein Auffahrunfall meist „besser“ als ein überfahrenes Kind)

Achja, für diese Geschichte gingen wir mal davon aus, dass der Fahrer von Auto_2 nicht besonders schreckhaft sei und die Vollbremsung wirklich nur dem Zwecke der Provokation von Auto_1 diente. Gingen wir davon aus, dass diese Annahme sich durch Obszönitäten durch’s offene Fenster manifestiere.

Wie würde ein Gericht so einen Unfall bewerten?

So wie es will- meint, so wie es die Sachlage wertet.

Der Grundsatz „Wer auffährt ist Schuld“ kann ja durch Tatsachen widerlegt oder in der Haftung entsprechend geteilt werden.
bei Vorsatz (der Bremser will den Auffahrunfall provozieren) trifft ihn die alleinige Schuld, die sonst üblich anteilige Haftung aus der Betriebsgefahr ( also morgens aufgestanden und sich ins Auto gesetzt = Mithaftung, allein deswegen) entfällt dann.

Hier besteht doch ein Zusammenhang mit Vorfahrtsmissachtung plus Warnung durch Hupe und darauffolgender Vollbremsung.
Und so wie geschildert hatte man doch selbst voll gebremst oder löste man die Bremse noch einmal und fuhr dann erst auf den Vordermann auf ?

das Schöne am Verkehrsrecht ist doch, man kann selbst gar nichts machen, man ist auf die Entscheidung des Gerichtes angewiesen. So wie es urteilt, so endet es. Man mag es dann beklagen oder nicht. Es ist halt so !

MfG
duck313

Sorry, das ist eine überaus berechtigte Frage,hatte ich vergessen zu erwähnen: Auto_2 fährt nach der Vorfahrsmissachtung zunächst „normal, zügig“ los um dann bei ca. 30 km/h voll zu bremsen.

Wir haben hier mehrere Sachverhalte, die zu berücksichtigen sind. Das eine ist die Einfahrt in den Kreisverkehr durch Fahrzeug 2, die man durchaus als Mißachtung der Vorfahrt mit Behinderung interpretieren kann. Wäre es hier zu einem Zusammenstoß gekommen, wäre die Würdigung ganz einfach. Aber:

Zum Zeitpunkt der Betätigung des Signalhorns ist die vorschriftswidrige Einfahrt in den Kreisverkehr abgeschlossen. § 16 StVO besagt, dass die Abgabe von Schallzeichen nur gestattet ist, wenn man sich oder Andere gefährdet sieht. Das war hier aber nicht der Fall (das Signalhorn ist nicht zu betätigen, wenn man sich erschreckt oder über einen bereits abgeschlossenen Vorgang hinreichend erzürnt ist).

Und es geht weiter: §4 StVO sagt, daß derjenige, der vorausfährt nicht ohne zwingenden
Grund stark bremsen darf. In diesem Fall - und in Verbindung mit vorstehenden - könnte Fahrzeugführer 2 anführen, er habe gebremst, weil er eine Gefahrensituation (Annahme ausgelöst durch das Schallzeichen) angenommen habe. Das Bremsmanöver an sich wäre dann also erlaubt gewesen. Ob sich ein Gericht dieser Argumentation anschlösse, kann man bezweifeln, aber so würde ich argumentieren.

Von der zeitlichen Abfolge und den restlichen Gegebenheiten hinge dann ab, ob man sich auf den Standpunkt stellen könnte, daß Fahrzeugführer 1 genug Zeit gehabt hätte, um den notwendigen Abstand wiederherzustellen.

Gruß
C.

Es würde einen Ortstermin anordnen.

Hi C.

Da hast Du wohl recht, an dieser Stelle hat sich Fahrer_1 definitiv nicht korrekt verhalten.

Nun, meine Geschichte hat sich ja so gar nicht wirklich zugetragen, allerdings könnte man ja mal spasseshalber davon ausgehen, dass Auto_2 diesen „Spaß“ mit der Vollbremsung (ohne weiteres Hupen, selbstverständlich) auf den folgenden Kilometern noch ein paarmal wiederholt hätte. Außerdem deute die Geste des Fahrers von Auto_2 eher auf Zorn denn auf Erschrecken wegen einer möglichen Gefahr hin. Will sagen, wenn der während der Vollbremsung den Stinkefinger zum Fenster rausstreckt, fiele es mir schwer an „Oh, es hupt, womöglich eine von mir nicht erkannte Gefahr“ zu glauben :wink:

Das interessiert mich jetzt: was für Erkenntnisse glaubst Du, dass man durch einen Ortstermin gewinnen könnte?

Das weiß nur das Gericht.

Dann waeren es zwei Vorgaenge.
Nach einem Beinahe-Unfall sollte man in der Lage sein, kurze Zeit spaeter auch einen naechsten Unfall zu vermeiden.
Mit einem alten Auto und bester Vorsicht bei der angebotenen Gelegenheit drauffahren und zuschauen was passiert (vor Gericht) ist nicht zu empfehlen, weil nicht vorhersehbar. Der Schaden nicht (im Auto vorn kann sich jemand das Genick verletzen) und eim Urteil nicht. Mit einer Bemerkung „der muss erzogen werden“ hat man sowieso schon verloren.
Kennzeichen aufschreiben (von hinten gut lesbar) fuehrt nicht weiter, die Polizei will den Fahrer wissen. Fahrer fotografieren (zB an naechster Ampel) fuehrt auch nicht weiter, Personen haben Recht auf Bild und dass man es wieder loescht. Man muss sich solche Frechheiten einfach gefallen lassen, meine Erkenntnis.
Und ehrlich, man selbst faehrt ja auch immer staendig voellig fehler- und mangelfrei, oder? 80 Prozent der Autofahrer fahren besser als der Durchschnitt - denk.
Gruss Helmut

Wsa für ein Unsinn. Man muss doch gar nichts schreiben.
Gruß
anf

Unabhängig davon, was hier für Meinungen geäußert werden, kann ich beiden Fahrern nur DRINGEND empfehlen, die Sache einem Anwalt zu übergeben.

Aber das ist vermutlich ohnehin bereits passiert, oder?
Gruß
anf