hallöle miteinander,
nehmen wir an der a diskutiert mit dem b über die volle gleichberechtigung homosexueller… der b meint, es sei noch immer keine volle (!) gleichberechtigung (z.b. im adoptivrecht) gegeben… würde er recht vom a bekommen insofern dieser voll im bilde ist, was die § in der brd angeht?
Im Adoptionsrecht differenziert der deutsche Staat nicht mehr zwischen verschieden- und gleichgeschlechtlichen Paaren. Auch sonst scheint es mir keine Gesetze zu geben, die Homosexuelle benachteiligen.
Eine potenzielle Ausnahme ist das Grundgesetz. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen „Ehe und Familie […] unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Wenn man den verfassungsrechtlichen Ehebegriff auf die Verbindung von Mann und Frau beschränkt, ergibt sich ein geringerer Grundrechtsschutz. Gleichgeschlechtliche Eheleute könnten sich also zumindest nicht auf Art. 6 Abs. 1 GG berufen. Daran ändern auch die Gesetze nichts, die die Ehe für alle und so weiter erlauben. Denn ein Gesetz ohne Verfassungsrang kann das Grundgesetz weder ändern noch verbindlich auslegen.
Eine Ungleichheit gibt es zudem im Kirchenrecht. So ist etwa in der römisch-katholischen Kirche die Eheschließung unmöglich. Die meisten evangelischen Landeskirchen erlauben Segnungen und Traugottesdienste gleichgeschlechtlicher Paare, aber nicht alle. Das steht mit dem staatlichen Recht in Einklang. Es gibt also keine Möglichkeit, vor staatlichen Gerichten gegen diese Ungleichbehandlung mit Erfolg vorzugehen.
Die Grundrechte garantieren den Grundrechtsträgern gegenüber Legislative, Exekutive und Judikative (Art. 1 Abs. 3 GG) ein Mindestmaß an den jeweils verbrieften Rechtsgütern. Zum Beispiel sagt Art. 8 Abs. 1 GG:
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Das heißt nicht, dass der Staat alle Versammlungen mit Waffen untersagen muss. Wenn er solche Versammlungen aber untersagt, können sich die Leute, die sich versammeln wollen, nicht auf Art. 8 Abs. 1 GG berufen, wenn sie gegen die Untersagung rechtlich vorgehen wollen. In Betracht käme nur das Auffangrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG:
„Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
Dieses Auffanggrundrecht ist leichter einzuschränken als das Grundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG. Darum ist der Grundrechtsschutz reduziert.
Dasselbe gilt für Versammlungen von Nicht-Deutschen. Denn Art. 8 Abs. 1 GG ist ja auf Deutsche beschränkt.
Art. 6 Abs. 1 GG lautet:
„Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“
Geschützt sind zum Beispiel die Wahl des Ehepartners und des Zeitpunkts der Eheschließung, die Entscheidung über den gemeinsamen Ehenamen und für oder gegen eine gemeinsame Wohnung sowie die Ehevertragsfreiheit. Mit der Berufung auf eine Verletzung dieser oder anderer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Rechte durch staatliches Tun, Dulden oder Unterlassen kann der Grundrechtsträger nach Ausschöpfung des Rechtsweges Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erheben.
Erfolg kann er damit nur haben, wenn die Ehe, die er begründen will, oder die bestehende oder mittlerweile beendete Ehe, aus der er sein Recht ableitet, eine Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG ist. Mit der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bin ich nicht vertraut, aber noch vor wenigen Jahren haben die Richter und Richterinnen in den roten Roben nur eine Verbindung von Mann und Frau für eine Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG gehalten. Bis zu einer Änderung dieser Rechtsprechung kann niemand, der in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebt, erfolgreich vor dem Bundesverfassungsgericht rügen, durch staatliches Handeln in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt zu sein.
Er kann sich auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen und in vielen Fällen auf Art. 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz und so weiter). Aber Mann und Frau einer Hetero-Ehe steht ein Grundrecht mehr zur Seite.
sind vollständig überholt durch die am 01.10.2017 in Kraft getretende neue Version des § 1353 BGB: § 1353 BGB - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
Diese Änderung umfasst auch das Adoptionsrecht.
Somit gibt es rechtlich keine Unterschiede mehr zwischen hetero- und homosexuellen Ehepaaren.
Wenn du meine Ausführungen komplett gelesen und verstanden hättest, würdest du sie nicht für überholt halten. Die einfachgesetzliche Lage habe ich oben beschrieben. Zum Adoptionsrecht schrieb ich:
Da schrieb ich übrigens auch das hier:
Wenn du das gelesen und verstanden hättest, hättest du nicht meine verfassungsrechtlichen Ausführungen mit einem Hinweis auf ein einfaches Gesetz zu widerlegen versucht.
Du kannst es drehen und wenden wie Du willst, Du hast nun mal diese Aussage getroffen:
Und diese Aussage ist nun mal im Vergleich zur Ehe von gleichgeschlechtlichen Ehepartnern falsch.
In der Neufassung des § 1353 BGB wird auch mittlerweile weder von der weit überwiegenden Zahl der Fachkommentatoren als auch vom BVerfG kein Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 GG gesehen.
Insoweit ist auch diese Aussage von Dir
überholt.
Ach ja, natürlich kann und muß letztendlich jedes Gesetz eine Verfassungsauslegung sein. Der Gesetzgeber muß theoretisch bei jedem Gesetz prüfen, ob es formal oder inhaltlich durch das GG gedeckt ist.
Und eine Grundgesetzänderung - also Verfassungsänderung - kommt natürlich auch nur durch ein Gesetz zustande. Hierbei stellt sich lediglich die Frage der notwendigen Mehrheit sowie des Verfahrens (Zustimmung des Bundesrates).
Was Du als „einfaches Gesetz“ beschreibst, hat in Deutschland erst mal nichts damit zu tun, ob die Verfassung geändert wird, sondern nur, ob der Bundesrat dem Gesetz zustimmen muß. Bei einem „einfachen“ Gesetz muß der Bundesrat nicht zustimmen.
Muß der Bundesrat zustimmen, dann ist es ein „Zustimmungsgesetz“.
Das schließt zwar Verfassungsänderungen ein, trifft aber nicht nur auf diese zu, sondern zB auch auf alle Gesetze, die entweder die Finanzen der Länder betreffen oder von den Ländern ausgeführt werden müssen.
Ich erkläre es dir an einem Beispiel aus dem Sozialrecht, das einem ehrenamtlichen Richter am Sozialgericht vielleicht eher einleuchtet:
Die einfachrechtliche (= nicht-verfassungsrechtliche) Anspruchsgrundlage für ALG II findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Dort werden auch die Sanktionen für Pflichtverletzungen geregelt (§§ 31 ff. SGB II). Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts waren die einschlägigen Vorschriften verfassungswidrig, weil sie unverhältnismäßige Sanktionen erlaubten (Urteil vom 05.11.2019, Az. 1 BvL 7/16). Zu dieser Auffassung konnte das BVerfG nur gelangen, weil sich der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums schon aus der Verfassung ergibt (Art. 1. Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG). Der Vergleich ist nicht ganz glücklich, weil das Urteil auf dem Vorlagebeschluss eines Sozialgerichts beruht, aber der Gedanke ist verwertbar: Die einfachrechtlichen Vorschriften wollen auf dem Gebiet der arbeitsfähigen Arbeitslosen unter anderem das Existenzminimum sichern. In einer bestimmten Konstellation von Pflichtverletzungen durch den ALG-II-Bezieher gewährte das Grundgesetz einen höheren Anspruch als das einfachrechtliche Gesetz. Dann gilt natürlich das höherrangige Gesetz, und das ist nicht das SGB II, sondern das GG.
So verhält es sich auch mit Art. 6 Abs. 1 GG. Wenn man unter einer „Ehe“ im Sinn dieser Vorschrift nur eine Verbindung von Mann und Frau versteht, genießen hetereosexuelle Ehen einen höheren Grundrechtsschutz. Ich beschäftige mich nicht viel mit Ehen und habe ergo kein gutes Beispiel parat. Ich bringe darum ein schlechtes und unvollständiges und unrealistisches, durchaus aber anschauliches und hoffentlich erhellendes Beispiel: Wenn das Standesamt einem heterosexuellen Paar die Eheschließung verweigert, weil der Bürgermeister die Ehe für überholt hält und Anweisung gibt, keine Trauungen mehr vorzunehmen, dann können die Verlobten das Verwaltungsgericht anrufen und, wenn nötig, auch das Ober- und Bundesverwaltungsgericht und, wenn alles nicht hilft, das BVerfG. All diese Gerichte sind dem Grundgesetz unterworfen (Art. 1 Abs. 3 GG). Sie müssen Art. 2 Abs. 1 GG berücksichtigen, Art. 3 Abs. 1 GG auch und vor allem Art. 6 Abs. 1 GG. Das BVerfG ist sogar auf die rein verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt. Wenn aber die Verlobten gleichen Geschlechts sind, und wenn „Ehe“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG nur eine Verbindung von Mann und Frau sein kann, dann kann Art. 6 Abs. 1 GG nicht herangezogen werden, weil dann der sogenannte Schutzbereich nicht eröffnet ist. Das ist jetzt keine Sondermeinung von mir. Das gehört zu den absoluten Basics des Verfassungsrechts. Weil ich für Art. 6 Abs. 1 GG kein vernünftiges Beispiel kenne, habe ich es oben am Beispiel der Versammlungsfreiheit erläutert.
Meine Aussage:
ist also richtig. Hingegen ist deine Aussage:
zwar richtig. So einen Unsinn habe ich aber auch nie behauptet. Nicht nur nicht in diesem Forum, sondern ich verstehe vor dem Hintergrund der vollkommen richtigen Entscheidung des BVerfG zum Lebenspartnerschaftsgesetz vom 17.07.2002 (BVerfGE 105, 313) sowieso nicht, wieso Stefan Brandner und andere dunklen Gestalten von der AfD, aber auch einige CDU-ler so tun, als könnte man die Verfassungswidrigkeit der Ehe für alle allein damit begründen, dass das BVerfG unter „Ehe“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG nur eine Verbindung von Mann und Frau sieht (zumindest bis vor wenigen Jahren gesehen hat; wie gesagt, mit der neusten Rechtsprechung bin ich nicht vertraut). Gut, ich verstehe es bei Brandner schon, weil er es als Jurist vermutlich besser weiß, aber seine Klientel bedienen will. Die einzige Möglichkeit, die Verfassungswidrigkeit der Ehe für alle (oder des Lebenspartnerschaftsgesetzes) mit Art. 6 Abs. 1 GG zu begründen, besteht jedenfalls darin, dort ein „Abstandsgebot“ hineinzulesen. Das habe ich noch nie getan. Du kannst die Rechtslage gern Herrn Brandner erklären. Ich kenne sie schon und zwar seit 20 Jahren, somit 20 Jahre länger als du.
Auch, was du hier schreibst, ist bestenfalls extrem missverständlich bis eigentlich falsch:
Zwar stimmt das hier mehr oder weniger:
Ein einfachrechtliches Gesetz kann aber ein Gesetz mit Verfassungsrang nicht verbindlich auslegen. Das habe ich geschrieben (und gemeint), und das würde nicht einmal Herr Brandner bestreiten. Das gehört ja sogar zu den absoluten Basics der deutschen Rechtsordnung. Verhielte es sich anders, hätte der einfache Gesetzgeber gar keinen Grund sicherzustellen, dass sein Gesetz grundgesetzkonform ist. Er würde ja verbindlich festlegen, wie das Grundgesetz zu verstehen ist. Der Gesetzgeber könnte dann ohne Zwei-Drei-Mehrheit bestimmen, dass unter „Ehe“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG nun auch eine Verbindung von Mann und Mann oder Frau und Frau zu verstehen ist. Der einfache Gesetzgeber (der ein einfachrechtliches Gesetz beschließt) muss also das Grundgesetz auslegen, um sicherzustellen, dass er es mit seinen einfachen Gesetzen nicht verletzt. Sein einfaches Gesetzes ist aber nicht die Auslegung und in der Frage der Verfassungskonformität schon gar nicht verbindlich. Und genau das habe ich geschrieben:
Der Sinn dieses Hinweises liegt im Dunkeln. Die Differenzierung von einfachrechtlichem Gesetz und Gesetzen mit Verfassungsrang ist ja gerade das Thema. Du hast behauptet, durch die Einführung der Ehe für alle gebe es keinen Unterschied mehr, auch nicht im Verfassungsrecht. Aber die Ehe für alle wurde nicht durch den Verfassungsgesetzgeber, sondern durch ein einfachrechtliches Gesetz eingeführt. Der Verfassungsgesetzgeber könnte natürlich auch Art. 6 Abs. 1 GG ändern.
Jein. Der bessere Ausdruck für ein Gesetz ohne Verfassungsrang ist „einfachrechtlich“. „Einfachgesetzlich“ wird nämlich von einigen in dem von dir beschriebenen Sinn verwendet. Allerdings nicht von mir. Denn Einwilligungsgesetze werden sinnvollerweise von Einspruchsgesetzen unterschieden. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals jemand an der Uni „einfache Gesetze“ von Zustimmungsgesetzen unterschieden hat. Die Uni ist allerdings lange her, und ich kann irren. Ich hätte zur Vermeidung von Missverständnissen besser von einem einfachrechtlichen Gesetz gesprochen. Das ändert allerdings an der Richtigkeit meiner Ausführungen rein gar nichts. Und darauf beruht deine Argumentation ja auch nicht.
Meine richtige Antwort wird mit sachlich falschen Einwänden bestritten. Das dürfte nicht sehr hilfreich sein. Die falschen Einwände zu korrigieren, halte ich aber für sinnvoll und hilfreich. Die Frage, ob es noch eine unterschiedliche Behandlung gibt, kann man eben nicht so einfach mit Nein beantworten, wie hier behauptet wird.
danke für deinen post… naja, ich hab gefragt " der b meint, es sei noch immer keine volle (!) gleichberechtigung (z.b. im adoptivrecht) gegeben…" ging mir also primär um die frage der vollen gleichstellung - das adoptivrecht hab ich als ein bsp. angeführt…
Wieder ein Indiz dafür, dass du meine Ausführungen kritisierst, ohne sie vorher gelesen zu haben. Lies doch einmal mein erstes Posting. Das ist ja ganz kurz. Es heißt darin:
Im Anschluss ein kurzer Problemaufriss. Auf Nachfrage habe ich dann erklärt:
Dann erneut eine Nachfrage:
Gerade weil mir keine guten Beispiele eingefallen sind und ich auch bezweifelt habe, dass es praktisch relevante Beispiele gibt, habe ich das Problem dann an einem anderen Grundrecht exemplifiziert (Art. 8 Abs. 1 GG). Ganz zu schweigen davon, dass ich das dann noch mal „ganz allgemein“ erklärt habe.
Die Nebelkerzen hast dann du geworfen mit der Behauptung, meine Ausführungen wären falsch und das nicht etwa mit einer streitbaren, sondern einer rechtswissenschaftlich nicht vertretbaren Umdeutung. Ich ahne, dass Leute, die sich nicht auskennen, sich von deinen Sprachkonstrukten überzeugen lassen. Ich glaube auch, dass du das, was du da geschrieben hast, wirklich für richtig gehalten hast und vielleicht noch immer hältst. Dadurch wird es aber nicht besser.
Und genau das habe ich schon im ersten Posting geschrieben:
Was richtig bei dir war, war nicht neu. Was neu bei dir war, war falsch.