Kritiker profitieren von Eigentoren der Eso
Hi iceage.
Die Kritiker stürzen sich auf den prärationalen Aspekt (Aberglaube), übersehen aber völlig den transrationalen Aspekt (Mystik), denn sie verwechseln ihn, aus Unkenntnis, mit dem Aberglauben.
Die Kritiker, die also die „Erben der Romantik“ meinen, liegen nicht ganz falsch? Nur dass sie denken, alle wären lediglich von Aberglauben durchdrungene Gläubige ohne viel Verstandeskraft.
Nun, sie liegen nicht ganz falsch in dem Sinne, als sie das Problem der Leichtgläubigkeit vieler Eso-Fans und der objektive Missbrauch, der damit getrieben wird, zumindest thematisieren.
Allerdings ist diese „Entlarvung“ (durch die Kritiker) eher ein Eigentor der Esoterik als ein selbst herausgespieltes Tor der Angreifer.
Es ist Fakt, dass nicht wenige Eso-Profis, speziell im astrologischen Sektor, diese Leichtgläubigkeit ausnützen, dabei aber selbst an die Wahrheit ihrer seltsamen Statements zu glauben scheinen. Man kann das sehr direkt in diesen Astro-Beratungs-Sendungen im TV beobachten. Da heißt es z.B. vom Berater nach der Analyse der astrologischen Daten, die Anruferin sei „sehr kommunikativ“. Diese Anruferin aber wirkt während dieses Beratungsgesprächs auffallend schüchtern, also sehr un-kommunikativ. Oder der Berater prophezeit einem Anrufer im nächsten Jahr eine „neue Liebe“, der Anrufer aber ist schon über 70. Und so weiter in der Tonart.
Solche und andere Erscheinungen der kommerziellen Esoterik machen es den Pauschal-Kritikern natürlich irre leicht, denn jeder Blinde sieht, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht.
Das zu kritisieren, ist also absolut keine Kunst. Insofern ist es keine Leistung, in diesem Punkt „nicht falsch zu liegen“, genauso wie es keine Leistung der angreifenden Mannschaft ist, wenn die angegriffene ein Eigentor schießt.
Wie ich aber schon zig mal schrieb: es handelt hier nur um vordergründige Kritik, die sich null die Mühe macht, die unzweifelhaft vorhandene Tiefendimension der Esoterik zu erforschen. Viele der größten Köpfe der westlichen und östlichen Geistes- und Wissenschaftsgeschichte hatten partiell esoterische Ansichten. Unsere Brett-Kritiker wollen oder können das einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Sie verdrängen es einfach und reduzieren „Esoterik“ ganz grob auf den Kommerzkitsch, zu dem sie teilweise herabgesunken ist.
Der Materialismus versucht die Mythen der Theologie zu überwinden, erzeugt aber unweigerlich neue Strukturen der Herrschaft und der Unterdrückung und des Aberglaubens (an die erlösende Macht von Technik und Naturwissenschaft).
Es ist also das, was ich (in einem gelöschten) Beitrag sagte: Der rationale Diskurs muss den geistigen Diskurs ausschließen, um sich selbst erhalten zu können - und umgekehrt.
Kommt auf die Definition von Rationalität an. Man kann durchaus auch von einer spirituellen Rationalität sprechen, die das Mystische einschließt. Adorno hatte diese Möglichkeit nicht bedacht, da er unspirituell war. Eine solche spirituelle Vernunft kann den naturwissenschaftlichen Bereich integrieren, ohne sich selbst aufzugeben.
Umgekehrt kann ein Materialismus (die reduktionistische Version der Rationalität) die Spiritualität nicht integrieren, ohne sich selbst aufzugeben. Das ist sein absolutes Manko, denn das läuft auf die Ausgrenzung einer großen geistigen Tradition der Menschheit hinaus. Das kann aber nicht funktionieren, denn diese Tradition setzt sich sehr hartnäckig fort. Die Materialisten reagieren auf dieses Problem mit der Billig-Diagnose, die Spiritualität beruhe auf Selbstsuggestion, geistiger Störung usw. Kürzlich äußerte sich „philosophy of science“ in der Debatte mit mir in dieser Richtung.
Gruß
Horst