Vor kurzem wurde noch in nahezu allen großen Medien über folgendes Ereignis berichtet: Wegen einer als fremdenfeindlich kritisierten Twitter-Nachricht der AfD-Politikerin Beatrix von Storch an Silvester hat die Kölner Staatsanwaltschaft Hunderte Strafanzeigen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung erhalten. […] Auch die Kölner Polizei hat Anzeige gegen von Storch erstattet.
Auch hier im Forum vertraten einige (mit kaum näher spezifizierter Begründung) die Auffassung, man müsse in den Aussagen eine Volksverhetzung sehen.
Nun ist die Sache allerdings anders ausgegangen: Die aufgrund ihres Wohnortes für Frau von Storch zuständige Staatsanwaltschaft Berlin hat nämlich ebenfalls die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt – weil es nicht mal einen Anfangsverdacht gibt. Die Äußerung von Frau von Storch unterfällt eindeutig der Meinungsfreiheit.
Ich frage mich, ob es nicht zur journalistischen Sorgfalt gehört, wenn man schon an so prominenter Stelle über Strafanzeigen gegen eine Person berichtet, ob man dann nicht in ähnlicher Weise auch über die Einstellung des Verfahrens berichten sollte. Leider lese ich zum Beispiel bei ZEIT Online nichts zur Einstellung, während über die hunderten Strafanzeigen groß berichtet wurde. Ist das Ausdruck einer Doppelmoral? Gibt es hierzu Leitlinien der journalistischen Arbeit?
Fraglich war allerdings schon damals die Rolle des Polizeipräsidenten, der Anzeige erstattet und dies publik gemacht hatte. Stahl spricht hier von einem Verstoß gegen dienstrechtliche Verschwiegenheits- und Neutralitätspflichten. Wie ist der Vorwurf zu bewerten?