„Bei Bedarf“ kann man auf zwei Arten interpretieren:
- Es fahren gerade viele Autos auf der Strasse die ich überqueren will und deshalb besteht für mich der Bedarf an einer für mich grünen Ampel. Im Umkehrschluß: Wenn gerade keine Autos fahren, brauche ich auch kein Grün, denn ich kann gefahrlos die Strasse bei Rot überqueren.
Diese Argumentation halte ich für äußerst „windig“.
Ich denke aber, dass das die Interpretation des Fragestellers ist und ob dieser Aufkleber mit der Aufschrift „Bei Bedarf…“ ihn dazu ermächtigt die ansonsten allgemein geltenden Verkehrsregeln zu umgehen. Denn deshalb fragt er ja, ob er auch dann noch bei Rot über die Straße gehen darf (was ihm ja die Stadt durch diesen Aufkleber scheinbar erlaubt), wenn Kinder anwesend sind oder Grün angefordert haben.
Tauschen wir an dieser Ampel doch mal die Rolle des Fußgängers
und die des Autofahrers.
Der Fußgänger hat Grün angefordert, verliert dann aber die
Geduld - dass nächste Auto ist noch so weit weg, dass er die
Straßenseite zweimal wechseln könnte - und überquert die
Straße bei Rot. Dann schaltet die Ampel für den Fußgänger auf
Grün, der Autofahrer sieht Weit und Breit keinen Fußgänger und
brettert - Deiner Argumentation folgend - bei Rot über die
Ampel. Verkehrsrechtlich ist das ein klarer Fall, aber wie
würdest Du ihn bewerten?
Die Verkehsregeln wurden erdacht und im Laufe der Zeit erweitert und verbessert um Unfälle zu vermeiden und somit Menschenleben zu retten. Dass das Überfahren von roten Ampeln relativ stark geahndet wird, ist deshalb richtig und gut. Ich würde sogar noch weiter gehen und grob fahrlässiges Verhalten im Strassenverkehr (z.B. mit 100 durch eine Ortschaft zu fahren) nicht nur als bloßes Verkehrsdelikt ansehen, sondern als grobe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bewerten - ähnlich wie das ungezielte Herumballern mit einer Schußwaffe in der Fußgängerzone.
Bist Du der Meinung, dass Gesetze und Regeln für Dich nur dann
gelten, wenn sie Dir in den Kram passen?
Ich hab in meinem ersten Post eigentlich garkeine persönliche Meinung vertreten, sondern nur hinterfragend die möglichen Interpretationen des Texts auf dem Aufkleber aufgelistet.
Aber Gesetze müssen in einer Demokratie immer hinterfragbar und eventuell verbesserbar sein und dürfen nicht dogmatisch für die Ewigkeit gelten. Wie bereits angedeutet, werden Strassenverkehrsregeln ständig erweitert und verbessert. So führte z.B. die Einführung der Gurtpflicht zu einem starken Rückgang der Verkehrstoten (letztes Jahr waren es knapp 4000 und im Jahre 1970 waren es über 20000 alleine in Deutschland).
Andere Gesetze wurden abgeschaft, wie z.B. das Verbot der Homosexualität wegen dem in den 60er Jahren zehtausende Männer in deutschen Gefängnissen einsaßen.
Die Frage, ob Gesetze nur dann gelten, wenn sie einem in den Kram passen, kann man daher nicht allgemeingültig beantworten. Es gibt auch heute noch Gesetze die ich für höchst abschaffenswert halte. Z.B. das Tanzverbot in der Öffentlichkeit an kirchlichen Feiertagen das in manchen deutschen Bundesländern gültig ist.
- Es besteht Bedarf an Grün weil ich die Straße überqueren möchte, denn egal ob gerade Autos fahren, schreiben die Verkehrsregeln vor die Straße nicht bei rot zu überqueren - unabhängig davon ob das gefahrlos möglich wäre oder nicht und ob gerade Kinder anwesend sind.
Diese Interpretation ist juristisch korrekt. Die Straße bei
Rot zu überqueren, bleibt unabhängig davon, ob Du es für
sinnvoll hältst oder nicht, eine Übertretung. Ob Du Dich
dieser Übertretung auch in Gegenwart von Kindern oder
Jugendlichen schuldig machst und damit Deiner Vorbildfunktion
nicht gerecht wirst, ist also keine verkehrsrechtliche,
sondern eine ethische Frage.
Wieso sollte eine Gesetzesübertretung keine rechltiche Frage sein?
Aber du hast recht, wenn du sagst, ein Über-die-rote-Ampel-Geher könnte argumentieren, er hätte mit seinem Regelverstoß höchsten seine eigene Sicherheit gefährdet, aber das auch nur minimal, da er mangels ankommender Autos ungefährdet über die Strasse kam.
Tatsächlich habe ich erst vor ein paar Tagen erlebt wie ein Fußgänger von der Polizei angehalten wurde, weil er bei Rot über die Ampel ging. Im Vorbeigehen hörte ich wie die beiden Beamten meinten: „Was ist wenn kleine Kinder sie dabei sehen und es ihnen nachmachen und dann überfahren werden?“ Dabei versuchten sie ihm den Sinn diesee Verordnung zu erläutern. Sie hätten auch einfach nur sagen können: „Bei Rot darf man nicht über die Strasse gehen, so steht es in der Strassenverkehrsordnung. Sie bekommen jetzt einen Strafzettel.“ Und damit hätten sie jeder Diskussion die Grundlage genommen.
PS: Die Frage nach dem richtigen Forum hat sich mit dem neuen Wer-weiss-was erübrigt. Trotzdem: bin ich hier richtig?
Eindeutig ja!
Natürlich kann man über dieses Thema philosophieren, da die Grundlage für Gesetze immer eine moralische oder ethische Grundlage ist (sein sollte). Aber es stellt sich (mir) auch die Frage, ob dieser Aufkleber irgendeine verkehrsrechtliche Relevanz hat. Ob durch den Satz „Bei Bedarf…“ dazu berechtigt wird auch bei Rot die Strasse zu überqueren wenn kein „Bedarf an Grün“ herrscht, weil gerade keine Autos fahren. Diese Frage wäre besser im Verkehrsrecht-Forum zu beantworten.