Selektive Wahrnehmung?
Diese Diskussion begleitet mich, seit ich Kinder habe. Zum Glück ist mein erstes Kind in Frankreich geboren, wo es ganz selbstverständlich ist, dass die Kinder früh in den Kindergarten gehen. Die Betreuung ist super und keine® macht einer Frau einen Vorwurf, wenn sie Kinder hat und arbeitet. Kaum zurück in Deutschland - ich bekam mein zweites Kind in Berlin - promovierte und war berufstätig, kamen ständig diese Bemerkungen: zwei Kinder, die im Kiga betreut werden und berufstätig - muss das denn sein? Zugleich dann der Blick, ob mit den Kindern alles stimmt.
Dann zogen wir ins Rheinland und es wurde noch schwieriger, eine Ganztagsbetreuung zu finden. „Unsere Muttis hier brauchen keine Übermittagsbetreuung“ - so der O-Ton einer Kindergartenleiterin. Es ist so aufreibend, sich ständig rechtfertigen zu müssen, wenn die Vollzeitmütter beim kleinsten Problem auf die Berufstätigkeit der Mütter verweisen.
Ich arbeite mit Frauen/Müttern in Führungspositionen aus anderen Ländern (Skandinavien, Frankreich, Benelux, UK) zusammen, die auch immer wieder in Deutchland zusammenkommen und von mir die Probleme einer arbeitenden Mutter mitbekommen.
Ich kann dazu sagen, dass ich im Gegensatz zu vielen deutschen Kolleginnen für hiesige Verhältnisse durch meinen Arbeitgeber recht priveligiert bin und trotzdem ist es immer wieder im Vergleich zur Situation von Frauen aus anderen Ländern ein individuell zu bewältigender Kraftakt.
Es ist nach allem, was ich von aussen höre, nicht nachzuvollziehen, warum es hier so schwierig ist, überhaupt eine Ganztagsbetreuung für die Kinder zu bekommen und dazu noch wieso es so wenig qualifizierte Betreuungsplätze gibt.
Den Frauen aus diesen Ländern kann ich kaum klarmachen, dass es hier üblich ist, es Müttern schwer zu machen und gleichzeitig seit Jahren über Vereinbarkeit Familie-Beruf bzw. Ganztagsschulen oder Betreuungsmöglichkeiten zu debattieren.
Ich spreche hier nicht davon eine Beschäftigung im geringfügingen Bereich auszuüben, es geht mir um das, was in Frankreich, Skandinavien oder andernorts möglich ist, ohne sich ständig dafür zu rechtfertigen : Vollzeit Arbeiten.
eine Freundin von mir lebt seit Jahren als Deutsche in
Dänemark. Außerdem kenne ich zwei Däninnen, die jetzt in
Deutschland leben.
Keine der drei Frauen hat ihre Kinder sehr früh von
Institutionen (wertfrei gemeint) betreuen lassen. Die Däninnen
hier waren froh über die Möglichkeit, bis zum 3. Geburtstag
daheim bei den Kindern bleiben zu können, die Deutsche in DK
kann sich das nur durch das hohe Gehalt ihres Mannes leisten.
Interessant sind am Verlauf dieser Diskussion für mich 2 Dinge:
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Jede scheint weit und breit nur Frauen zu sehen, die ihrem eigenen Lebensstil entsprechen: (A) Entweder Frauen, auch Ausländerinnen,für die die Verbindung von Familien- und Berufstätigkeit NIE ein Problem war und die so glücklich über die 3Jahre Erziehungsurlaub sind (B) Frauen, die diesbezüglich so große Defizite erleben oder sehen, dass sie sich für Kinderlosigkeit oder ein Einzelkind oder das Vollzeitmutterdasein entscheiden.
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Im Ausland scheint´s nicht anders zu sein mit dem Muster, wenn auch mit der Lebensform. Entweder die dort lebenden Frauen finden D fürchterlich rückständig in Sachen Verbindung Kinder oder Beruf oder sie beneiden uns ob der Wahlfreiheit und der Möglichkeit, mit einem Gehalt auszukommen. KOMISCHERWEISE passt das IMMER zu der jeweiligen persönlichen Ansicht der Schreiberin, lach.
Ist doch wirklich komisch, oder? Ich, die ich mich zu Typus B (s.o) zähle, kenne wirklich NUR Französinnen, Schwedinnen, Däninnen…, die die deutsche Enge ablehnen und entweder versuchen, hier Beruf und Familie zu verbinden oder wieder wegziehen oder unzufrieden sind. Hmmmm…
Grisabella