Vorchristliche Religion

Hallo.

Ehe unsere Vorfahren zum Christentum gezwungen wurden, glaubten sie an Wotan usw.
Wie nennt sich diese Art von Religion?
Gibt es Verbindungen zur griechisch/römischen Götterwelt?
Woher stammt dieser Glauben? Wo ist sein Ursprung?

Für sachliche Antworten möchte ich mich schon mal bedanken.
(Bin ich hier im richtigen Brett?)

Gruß, Nemo.

Hallo Nemo,

Ehe unsere Vorfahren zum Christentum gezwungen wurden,
glaubten sie an Wotan usw.
Wie nennt sich diese Art von Religion?

Also in der Vorlesung ist immer vom Heidentum die Rede. (Thema der Vorlesung: Christianisierung in Osteuropa bzw. der Einfluss des Papstes auf Skandinavien im Mittelalter. Sind zwei Vorlesungen, und zufällig beide zu diesem Thema. Hat sich so ergeben.)

Gibt es Verbindungen zur griechisch/römischen Götterwelt?

Nein, aber es gibt Parallelen, d.h. die Götter bilden auch im Heidentum „Familien“, wie auch bei den Griechen und Römern.

Da man ja einen ganzen Götterhimmel verehrte, hatte man zunächst auch kein größeres Problem mit der Christianisierung. Dann hatte man eben noch einen Gott mehr, den man anbeten konnte …

Woher stammt dieser Glauben? Wo ist sein Ursprung?

Woher soll das einer wissen? Es gibt darüber keine schriftlichen Quellen, also kann nur die Archäologie Vermutungen anstellen. Man findet Gräber, Haushaltsgegenstände, Felszeichnungen. Aber nix genaues weiß man nicht … leider.

Schöne Grüße

Petra

Vorchristliche Religionen Mitteleuropa
Hi Nemo,

Ehe unsere Vorfahren zum Christentum gezwungen wurden,

ich nehme an, mit „unsere“ meinst du die Gebiete Mittel-, West- und Nordeuropas?

Die ersten Berührungen der überaus zahlreichen Ethnien, die man mit „Kelten“ und „Germanen“ zusammenfaßt, mit christlichem Gedankengut waren keineswegs „gezwungen“. Allerdings wurde, wo welcher Hauptkult gepflegt und verbreitet wurde, weitgehend von den Königen der diversen Völker bestimmt. So wie z.B. und dem Merowinger Chlodwig und seiner Nachfolger …

Wie die Biographie z.B. des Martin von Tour (heute weitgehend bloß noch durch die rührende Mantelteilungs-Story bekannt) zeigt, der die ersten beiden christlichen Klöster im heutigen Frankreich gründete, wurde christliches Gedankengut in den ersten paar Jahrhunderten im Wesentlichen durch römisches Militär in die genannten Gebiete importiert. Und z.B. durch solche bedeutenden Akte wie die Bibelübersetzung durch Wulfila ins Gotische. Aber auch dies hatte die Züge der Goten nach Südeuropa zum Hardware-Hintergrund und (noch) nicht die systematische christliche Mission von Süden nach Norden.

Gewaltsam muß man dann allerdings die Mission der Friesen und (später) Chatten durch den englischen Adligen Wynfreth, bekannt unter dem Namen Bonifatius, im 7./8. Jhdt. bezeichnen. Hier wurden dann auch machtpolitische Interessen der Stammesfürsten instrumentalisiert - natürlich auch wechselseitig. Seit Kaiser Konstantin hatte sich ja gezeigt, daß die christliche Religion sich hervorragend für die Stabilisierung staatspolitischer Strukturen eignete. Und vice versa dienten diese Interessen wiederum der politischen Einflußnahme der römischen Päpste.

Von einer „germanischen Religion“ kann man nur in einem sehr globalisierenden Sinne sprechen. Es gab zwar sehr weit verbreitete Stars im Pantheon der nord-, west-, ost- und südgermanischen Völker. Der genannte Wuothan/Wotan/Odin gehörte zweifellos dazu. Aber die kultischen Eigenarten, insbesondere der für jede Religion charakteristische Mythen-Bestand, waren doch eher in lokalen Unterschieden zu finden.

Dasselbe gilt dann übrigens von den italischen, etruskischen und griechischen Religionen (ebenfalls Plural). Die späteren römischen Hauptkulte waren alle importiert: Aus Persien, Ägypten, Griechenland, Syrien usw.

Es gibt jedoch auch aus historisch früheren Epochen zahlreiche allgemein-indogermanische Verwandschaften sowohl in der Götter-Konzeption, als auch in kultischen und mythischen Elementen. Dazu gehören Götter-Analogien (Varuna - Juppiter - Wodanaz/Wotan, Mitra - Tiwar, Indra - Mars - Thunrar/Donar, Saraswati - Friyyo/Freya, usw.). Als weiteres Beispiel wäre ein Urmenschen-Mythos zu nennen (Purusha - Börri/Björr), sowie ein Unsterblichkeitstrank (Amrta - Ambrosia - Meodo/Mjördr/Metu/Met). Und noch zahlreiche andere Elemente.

Dagegen waren im europäischen Raum Religionen mit einer göttlichen Welterlösergestalt wie der persische Mithras-Kult und die christliche Religion völlig fremd.

Gruß
Metapher

Hallo Petra.

Also der Begriff Heidentum ist mir hier zu weit gefasst.
Heiden, das sind in der Sprache der Christen wohl alle, die nicht an Jesus glauben, zumindest alle die nicht dem ursprünglich jüdischen Monotheismus anhängen.

Das ist aber, nach meiner Meinung, eine sehr einseitige Betrachtungsweise.

Woher man das wissen soll?
Sicher, irgendwo verschwindet alles im Nebel der Vergangenheit, aber es ist doch eine Menge überliefert, z.B. auch vom Glauben der alten Ägypter, Babylonier usw.

Leider hat ja das Christentum alle derartigen Überlieferungen soweit wie möglich unterdrückt und ausgelöscht.

Gruß, Nemo.

Von einer „germanischen Religion“ kann man nur in einem sehr
globalisierenden Sinne sprechen. Es gab zwar sehr weit
verbreitete Stars im Pantheon der nord-, west-, ost- und
südgermanischen Völker. Der genannte Wuothan/Wotan/Odin
gehörte zweifellos dazu. Aber die kultischen Eigenarten,
insbesondere der für jede Religion charakteristische
Mythen-Bestand, waren doch eher in lokalen Unterschieden zu
finden.

Dasselbe gilt dann übrigens von den italischen, etruskischen
und griechischen Religionen (ebenfalls Plural). Die späteren
römischen Hauptkulte waren alle importiert: Aus Persien,
Ägypten, Griechenland, Syrien usw.

Es gibt jedoch auch aus historisch früheren Epochen zahlreiche
allgemein-indogermanische Verwandschaften sowohl in der
Götter-Konzeption, als auch in kultischen und mythischen
Elementen. Dazu gehören Götter-Analogien (Varuna - Juppiter -
Wodanaz/Wotan, Mitra - Tiwar, Indra - Mars - Thunrar/Donar,
Saraswati - Friyyo/Freya, usw.). Als weiteres Beispiel wäre
ein Urmenschen-Mythos zu nennen (Purusha - Börri/Björr), sowie
ein Unsterblichkeitstrank (Amrta - Ambrosia -
Meodo/Mjördr/Metu/Met). Und noch zahlreiche andere Elemente.

Dagegen waren im europäischen Raum Religionen mit einer
göttlichen Welterlösergestalt wie der persische Mithras-Kult
und die christliche Religion völlig fremd.

Hallo Metapher.

Ich danke dir sehr für deine hochinteressanten Ausführungen.
Es bestätigt ein wenig meinen Verdacht, dass der Ursprung dieses ganzen Götterhimmels irgendwo im Indogermanischen zu finden sein muss.

Gibt es, insbesondere für das, was ich hier zitiere, eventuell lesenswerte (lesbare) Literaturquellen?
Wird das Thema vielleicht irgendwo zusammen gefasst?
Das wäre mir eine große Hilfe.

Gruß, Nemo.

Georges Dumézil sollte man hierzu lesen, und bestimmt gibts irgendeine Einführung in die indogermanische Sprachwissenschaft neueren Datums, die du danach lesen solltest.

Da du aber bestimmt eher an den religiösen aspekten interessiert bist, empfehle ich dir auch ganz dringend dich danach mit den Kritiken und den aus solchen Theorien entwickelten Ideologien auseinanderzusetzen - immerhin gibt es die seit kurzem aufgestellte These ( wie haltbar die nun ist, sei mal dahingestellt) das sich der iranische Antisemitismus aus der deutschen Propaganda im 2ten Weltkrieg herleitet, um nur ein Beispiel konstruierter arischer Schicksalsgemeinschaft die sich letzten Endes aus einer Sprachverwandtschaft herleitet, zu nennen.

grüße, sober

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… dass der Ursprung dieses ganzen Götterhimmels irgendwo im Indogermanischen zu finden sein muss.

Ja, das ist durch die grundlegenden Arbeiten von dem bereits erwähnten Georges Dumézil schon aufgezeigt worden. Aber nicht nur die französische, sondern insbesondere die dänische Religionswissenschaft (Kopenhagener Schule), hat hier die Forschung weitergetrieben.

Gibt es, insbesondere für das, was ich hier zitiere, eventuell lesenswerte (lesbare) Literaturquellen?
Wird das Thema vielleicht irgendwo zusammen gefasst?

Gute und vergleichende Überblicke finden sich meist in religionswissenschaftlichen Anthologien, und dort wiederum in den meist umfangreichen Literaturangaben. Alswo wäre ein Gang in einschlägigge Bibliotheken nützlich. Zu dem Thema hier könnte ich empfehlen:

Ake V. Ström: Germanische Religion. In:
ISBN 317001157x Buch anschauen

Lennart Ejerfeldt: Germanische Religion. In Bd.1 von:
http://www.amazon.de/Handbuch-Religionsgeschichte-He…

Gruß
Metapher

Hallo,

die Götterwelt hat ihren Ursprung wohl in der Natur; hier ist ein Stammbaum der nordischen Gottheiten u.a.:

http://ingheim.tripod.com/nmyth.htm

Der Begriff „Asatru“ ist auch beliebt…

http://de.wikipedia.org/wiki/Asatru

http://asatru.net/

Gibt es Verbindungen zur griechisch/römischen Götterwelt?

Vielleicht steht es hier drin:

http://www.ciao.de/Handbuch_der_Germanischen_Mytholo…

Ansonsten ist vielleicht interessant, sich auch diese Zeittafel anzusehen:

http://www.antikefan.de/kulturen/germanen.html

Gruß
Istiden

Hallo.

Ehe unsere Vorfahren zum Christentum gezwungen wurden,

Bist du Sachse oder Friese? alle anderen germanen - inkl. sachsen in england - sind freiwillig christen geworden.

Ehe unsere Vorfahren zum Christentum gezwungen wurden,

Bist du Sachse oder Friese? alle anderen germanen - inkl.
sachsen in england - sind freiwillig christen geworden.

Wie wahrscheinlich die meisten Leute heute weiß ich nicht was ich von der Abstammung her bin. Querbeetmix, wahrscheinlich.
Ehrlich gesagt ist mir das auch relativ egal.
Meines Wissens waren es aber stets die Stammesfürsten und Könige, die bestimmten, was ihre Untertanen zu glauben hatten.

Von freiwillig keine Rede.
Aber das war nicht meine Frage.

Gruß, Nemo.

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