Vorfällligkeitsentschädigung

Hallo,
Habe durch Immobilienverkauf ein Bankdarlehen (2008 aufgenommen zu 6 % Zins für 10 Jahre) vorzeitig abgelöst und dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung an meine Bank zahlen müssen. Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung hat meine Bank den aktuellen Wiederanlagezins der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank zugrunde gelegt was ja soweit korrekt ist.
Da der Verkaufserlös der Immobilie allerdings nicht ausreichte um mein ursprüngliches Bankdarlehen zu tilgen, habe ich nun bei der gleichen Bank ein erneutes Darlehen zu 2,65 %, Lauzeit 10 Jahre aufgenommen und zwar in Höhe von 118 000 €.(= Differenzbetrag von Restdarlehensschuld zu Verkaufserlös)
Ich habe die Bank daraufhin gebeten, die Vorfälligkeitsentschädigung über 118 000 € neu zu berechnen, da ein konkretes Ersatzdarlehen zur Schadenskompensation zur Verfügung stehen würde. Deshalb müßte der neue Nominalzins meines Darlehens über 2,65 % als Vergleichszins anzusetzen sein und nicht der Wiederanlagezins laut Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank.
Die Antwort meiner Bank war negativ mit dem Kommentar: „der von mir angesprochene Aktiv-Aktiv-Vergleich würde die Bank nicht praktizieren“
Muß ich das so hinnehmen?
Danke für eine Antwort
Gruß Franzilein

Sehr geehrte Franzilein,
der eleganteste Weg ist der, das alte Darlehen weiterlaufen zu lassen und zwar in Höhe von 118.000 EUR. Für den Differenzbetrag zwischen der eigentlichen Darlehenssumme und dem Betrag von 118.000 EUR würde dann für die Teilablösung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Dabei wird das Darlehen rechnerisch in zwei Teile aufgegliedert. Es entsteht ein Tilgungsplan für die 118.000 EUR und ein weiterer für den abgelösten Teil. Beide Tilgungspläne zusammen ergeben den Tilgungsplan des Gesamtdarlehens. Für den Tilgungsplan über den abgelösten Betrag wird die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet - Aktiv-Passiv-Methode. Der übrige Teil des Darlehens besteht fort. Dafür fällt dann keine Vorfälligkeitsentschädigung an. So kann auch die Bank weiterhin bei dem von ihr praktizierten Aktiv-Passiv-Vergleich bleiben. Das ließe sich auch noch nachträglich so einrichten, wenn die Bank zustimmt.

Der von Ihnen vorgeschlagene Weg ist leider nicht ganz korrekt. Für den abgelösten Teil darf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach der Methode des Aktiv-Passiv-Vergleichs gerechnet werden. Für den verbleibenden Teil, den Sie mit einem neuen Darlehen finanzieren, darf dagegen nur Aktiv-Aktiv (ohne Zinsmargenschaden) gerechnet werden (konkrete Schadensberechnung). Allerdings kommt es nicht auf den Wiederausleihesatz des neuen Darlehens an, sondern auf den aktuellen Wiederausleihesatz eines Darlehens, das die gleiche Laufzeit bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit hat wie das alte abgelöste Darlehen. Ansonsten mangelte es an der für Zinsentschädigungsberechnungen notwendigen Laufzeitkongruenz.

Der rechnerische Unterschied zwischen den beiden von mir diskutierten Methoden dürfte kaum ins Gewicht fallen. Im ersten Fall zahlen Sie weniger Vorfälligkeitsentschädigung, weil ein Teil des Darlehens bestehen bleibt, dafür aber immer noch die höheren Zinsen. Im zweiten Fall zahlen Sie eine höhere Entschädigung, dafür aber geringere Zinsen.

Wichtig ist es, die von der Bank ermittelten Entschädigungen auf jeden Fall kontrollieren zu lassen. Die Richtigkeit der Wiederanlagezinssätze laut Bundesbankstatistik stellt nur ein Element einer korrekten Berechnung dar.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt

Diplom-Volkswirt

Der Gläubiger hat die freie Wahl, welche Berechnungsmethode er anwendet.

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung geschehen jedoch häufig „Rechenfehler“, eigenartigerweise immer zu Ungusten des Kunden. Lassen Sie deshalb die Höhe Ihrer Vorfälligkeitsentschädigung von unabhängiger Seite überprüfen. Mitunter fällt die Vorfälligkeitsentschädigung ein paar tausend Euro geringer aus.

Hallo Herr Pütz,
vielen Dank für Ihre Antwort
Werde die Berechnung von kompetenter Stelle überprüfen lassen
Gruß Franzilein

Sehr geehrter Herr Wehrt,
herzlichen Dank für Ihre umfassende und detaillierte Antwort. Werde auf jeden Fall alle Elemente (z.B. entfallene Risikoprämie u. Verwaltungsaufwendungen)
überprüfen lassen. Hatte beim abgelösten Darlehen ja auch ein Recht auf Sondertilgung in Höhe von 10 % der ursprünglichen Darlehenssumme. Diese Tilgungsmöglichkeit hat die Bank auch für die Folgejahre (jeweils zum 1.01. des Jahres) bei der Zinsberechnung angesetzt bzw. unterstellt. Wie die Bank schreibt „aus Kulanzgründen“ obwohl m.E.die Bank dazu verpflichtet ist.
Zu Ihren Ausführungen hätte ich noch eine abschließende Frage: Sie schreiben, der verbleibende Teil, den ich mit Darlehen finanziere, darf nur „Aktiv-Aktiv“ (ohne Zinsmargenschaden) gerechnet werden. Auf welcher gesetzlicher Grundlage basiert Ihre Aussage bzw. gibt es darüber ein Gerichtsurteil?
Nochmals vielen herzlichen Dank
Freundliche Grüße
Franzilein
Sehr gehrte Franzilein,

der eleganteste Weg ist der, das alte Darlehen weiterlaufen
zu lassen und zwar in Höhe von 118.000 EUR. Für den
Differenzbetrag zwischen der eigentlichen Darlehenssumme und
dem Betrag von 118.000 EUR würde dann für die Teilablösung des
Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Dabei
wird das Darlehen rechnerisch in zwei Teile aufgegliedert. Es
entsteht ein Tilgungsplan für die 118.000 EUR und ein weiterer
für den abgelösten Teil. Beide Tilgungspläne zusammen ergeben
den Tilgungsplan des Gesamtdarlehens. Für den Tilgungsplan
über den abgelösten Betrag wird die
Vorfälligkeitsentschädigung berechnet - Aktiv-Passiv-Methode.
Der übrige Teil des Darlehens besteht fort. Dafür fällt dann
keine Vorfälligkeitsentschädigung an. So kann auch die Bank
weiterhin bei dem von ihr praktizierten Aktiv-Passiv-Vergleich
bleiben. Das ließe sich auch noch nachträglich so einrichten,
wenn die Bank zustimmt.

Der von Ihnen vorgeschlagene Weg ist leider nicht ganz
korrekt. Für den abgelösten Teil darf eine
Vorfälligkeitsentschädigung nach der Methode des
Aktiv-Passiv-Vergleichs gerechnet werden. Für den
verbleibenden Teil, den Sie mit einem neuen Darlehen
finanzieren, darf dagegen nur Aktiv-Aktiv (ohne
Zinsmargenschaden) gerechnet werden (konkrete
Schadensberechnung). Allerdings kommt es nicht auf den
Wiederausleihesatz des neuen Darlehens an, sondern auf den
aktuellen Wiederausleihesatz eines Darlehens, das die gleiche
Laufzeit bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit hat wie das alte
abgelöste Darlehen. Ansonsten mangelte es an der für
Zinsentschädigungsberechnungen notwendigen Laufzeitkongruenz.

Der rechnerische Unterschied zwischen den beiden von mir
diskutierten Methoden dürfte kaum ins Gewicht fallen. Im
ersten Fall zahlen Sie weniger Vorfälligkeitsentschädigung,
weil ein Teil des Darlehens bestehen bleibt, dafür aber immer
noch die höheren Zinsen. Im zweiten Fall zahlen Sie eine
höhere Entschädigung, dafür aber geringere Zinsen.

Wichtig ist es, die von der Bank ermittelten Entschädigungen
auf jeden Fall kontrollieren zu lassen. Die Richtigkeit der
Wiederanlagezinssätze laut Bundesbankstatistik stellt nur ein
Element einer korrekten Berechnung dar.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt

Diplom-Volkswirt

Vielen Dank für Ihre Antwort
LG Franzilein

Sehr geehrte Franzilein,
durch die Rechtsprechung des BGH zieht sich die Leitidee, dass eine Bank immer einen Anspruch darauf hat, bei einer vorzeitigen Darlehensablösung so gestellt zu werden, wie sie stünde, wenn der Vertrag komplett erfüllt worden wäre. Erzielte Vorteile aus einer Ablösung muss sie sich dabei bis zur Schadenshöhe anrechnen lassen (sog. Vorteilsausgleichung). Wird somit statt einer kompletten Ablösung erst durch die Ablösung ein Neugeschäft, das Folgedarlehensgeschäft, ermöglicht, so entgeht der Bank der Gewinn aus dem Ursprungsdarlehen nicht, sondern findet seine Fortsetzung im Anschlussdarlehen. Des Weiteren ist das Anschlussdarlehensgeschäft auch keine hypothetische Option der Bank mehr, die eintreten oder eben auch nicht eintreten kann, sondern es ist ein Faktum, dass der Ablösung eine Neuausleihe folgte. Mithin ist ein Darlehensgeschäft als Vergleichsgeschäft heranzuziehen (konkrete Schadensberechnung).

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt
Diplom-Volkswirt

Sehr geehrter Herr Wehrt,
vielen Dank für die erneute Ausführungen.
Ich werde mit meiner Bank nochmals darüber reden.
Nach Ihrer Argumentation kann es tatächlich nicht sein, daß die Bank mein Folgedarlehensgeschäft (welches die Bank als "Teilablösung des ursprünglichen Darlehens " tituliert) für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung völlig außer acht läßt.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag.
Freundliche Grüße
Franzilein

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Wehrt,
Sie haben mir im November letzten Jahres bzgl. „Vorfälligkeitsentschädigung“ einige nützliche Informationen zukommen lassen. Ich liege mit meiner Bank immer noch im Clinch und hätte noch eine abschließende Frage:
Lt. Darlehenvertrag hätte ich die Möglichkeit von jährlichen 10 % Sondertilgung der ursprünglichen Darlehenssumme. Muß die Bank bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung diese Sondertilgungsmöglichkeiten für die Folgejahre berücksichtigen? Falls ja nach welcher Rechtsgrundlage?
Die Bank meint nämlich, daß sie keine Verpflichtung hätte meine Sondertilgungsmöglichkeiten für die Folgejahre zu berücksichtigen.
Es wäre toll, wenn sie mir auch diese Frage abschließend beantworten könnten.
Vielen herzlichen Dank
Freundliche Grüße
Franzilein

Sehr geehrte Franzilein,

eine Bank muss Sondertilgungen regelmäßig für die Folgezeit in der Schadensberechnung berücksichtigen, denn ihr Anspruch auf den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile bezieht sich auf die durch den Vertrag geschützte Zinserwartung. Eine sichere Zinserwartung erwirbt eine Bank aber nie in Bezug auf Kapitalbeträge, die durch Sondertilgungen abgelöst werden können.

Der Kunde bezahlt für die Sondertilgungsmöglichkeit regelmäßig einen Aufschlag auf den sondertilgungsfreien Darlehenszinssatz. Wenn er dann die Sondertilgungen bei der vorzeitigen Ablösung nicht berücksichtigt erhielte, zahlte er als Entschädigung mehr als jemand, der überhaupt keine Sondertilgungen vereinbart hatte, weil dieser Kunde einen niedrigeren Darlehenszinssatz hat. Das ist abwegig.

Ein direktes Urteil des BGH lässt sich für die Sondertilgungen nicht angeben. Das Recht, diese berücksichtigt zu erhalten, ergibt sich dagegen aus der schlüssigen Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Thema. Über diesen Fall hatten aber bereits die Landgerichte Darmstadt und Heidelberg rechtskräftig geurteilt, wobei ich an Ihrer Stelle nicht auf das Urteil des LG Heidelberg abstellen würde. Das ist zu weitreichend. Die Urteile finden Sie sicherlich im Internet.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt

Diplom-Volkswirt

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Wehrt,
vielen herzlichen Dank für die schnelle kompetente Antwort. Meine Bank sieht das immer noch als „Kulanz“ an, daß zukünftige Sondertilgungsmöglichkeiten bei der Berechnung der VFE angesetzt wurden u. verweigert mir deshalb u.a. eine Neuberechnung wg. anderer fehlender u. falscher Kriterien. Die Sache läuft mittlerweile über die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der dtsch. Volks- u. Raiffeisenbanken. Diese legen den Fall dann dem Ombudsmann vor.
Das Urteil des LG DA werde ich über das Internet recherchieren.
Liebe Grüße
Franzilein

Hallo Franzilein,

wir weisen darauf hin, dass wir keine Juristen sind und unsere Antwort keine rechtliche Verbindlichkeit hat oder Rechtsauskunft darstellt.

Unter Umständen besteht die Möglichkeit, dass Sie die Vorfälligkeitsentschädigung nicht zahlen müssen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung bei zwei von drei Darlehensverträgen für den Erwerb oder Folgefinanzierung einer Immobilie fehlerhaft sind. Es kommt also auf den genauen Wortlaut an.

Dieses gilt auch für in der Vergangenheit gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen.

Informieren Sie sich doch mal. Viel Erfolg!

Ihre Deutsche Medientreuhand

Vielen dank für Ihre Info.
Ich werde mich erkundigen
MfG Franzilein