Vorfahrt bei falschrum aus der Einbahnstraße?

Hallo,

ist mir heute passiert: kam von rechts aus einer Einbahnstraße nach links ein Automobil. Radfahrer dürfen die Einbahnstraße in beide Richtungen befahren, so dass man schon auf Vorfahrt von rechts achten muss. Aber eben nur bei Radfahrern.

Ich ging mal davon aus, dass der Autofaherer trotz rechts-vor-links-Regelung hier keine Vorfahrt hat. War eh ein wenig früher an der Kreuzung, alles langsam, also kein echtes Problem.

Bin mir aber im Nachhinein nicht sicher, ob in solcher Situation die Vorfahrtsregel Vorang hat oder das falschrum aus der Einbahnstraße kommen das gröbere Vergehen ist?
Wie würde da bei einem Zusammenstoß entschieden?

Gruß, Paran

Meines Wissens gibt es da ein Gerichtsurteil, in dem festgelegt wurde, dass man nur dann ein Vorfahrtrecht wahrnehmen kann, wenn man von vorneherein das Recht hatte die Strasse überhaupt in dieser Richtung zu befahren.

In diesem Fall, hätte der Autofahrer trotz rechts-vor-links keinen Vorrang.

Wer in einer Einbahnstraße in die falsche Richtung fährt, hat keine Vorfahrt, da es schon an einem Recht zum Fahren mangelt (BGH (Z) VRS 62, 93). Der Wartepflichtige darf aber nicht darauf vertrauen, dass aus der verbotenen Richtung kein Fahrzeug kommt (OLG Saarbrücken VM 70, 58). Das gilt besonders bei Radwegen, die üblicherweise in Gegenrichtung benutzt werden (BGH (Z) 62,93).

Das heißt dann wohl, dass der Falschfahrer zwar ein Knöllchen bekommen könnte, seine Versicherung sich aber vermutlich auf den Standpunkt stellt, dass der andere eh damit rechnen müsste, einem Radfahrer Vorfahrt gewähren zu müssen, und daher auch den Falschfahrer hätte sehen müssen. Da lässt sich bestimmt ne gute Teilschuld draus stricken…

Okay, sehr interessant.

Ich war der Ansicht, daß man dem Falschfahrer, der von der Logik her Vorfahrt hätte, diese gewähren muß und - um den Verkehr nicht weiter zu gefährden - auf das eigene Vorfahrtsrecht verzichtet. Weil der andere könnte ja ortsunkundig sein.

Wenn ein Krankenwagen mit voller Festbeleuchtung aus der Straße falschrum kommt (womit man ja auch rechnen müßte, daß das mal passiert), muß ich den ja auch durchlassen. Auch wenn das eine ganz andere Liga ist.

Stichwort defensive Fahrweise bzw gegenseitige Rücksichtnahme.
In Österreich gibt es den sogenannten Vertrauensgrundsatz, der besagt, daß ich als Fahrer davon ausgehen kann, daß die anderen Fahrzeugführer die Verkehrsregeln kennen. (Gibts den bei uns eigentlich?)

Am Ende bringt es wenig, im Recht zu sein, wenn das Auto Schrott ist und der Beifahrer im Krankenhaus liegt.

Das Gerichtsurteil kannte ich noch nicht, vielen Dank dafür.

Hi!

Und genau dieser legt aber auch fest, das ich jemanden nicht „vertrauen“ kann, der gerade gegen Verkehrsregeln verstößt, also etwa gegen die Einbahn fährt.

§3 StVO:
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und
gegenseitige Rücksichtnahme; dessen ungeachtet darf jeder
Straßenbenützer vertrauen, dass andere Personen die für die Benützung
der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgen, außer er müsste
annehmen, dass es sich[…]um Personen handelt, aus deren augenfälligem Gehaben geschlossen werden
muss, dass sie unfähig sind, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen
oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.
(2) Der Lenker eines Fahrzeuges hat sich gegenüber Personen, gegenüber
denen der Vertrauensgrundsatz gemäß Abs. 1 nicht gilt, insbesondere
durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft
so zu verhalten, daß eine Gefährdung dieser Personen ausgeschlossen ist.

Grüße,
Tomh