Hallo Claudiam,
endlich mal mein Fachgebiet *fg
Nein, im Ernst. Ich habe Ende der 80er Jahre in einem
Krankenhaus mitgearbeitet und mein Job war, Kinder auf
OPs vorzubereiten. Nachdem ich dann eine andere Stelle
angenommen habe, ging ich nur noch 1mal in der Woche
freiwillig hin und zwar Dienstag nachmittag. Mittwoch
morgens wurden die Beschneidungen gemacht. Ich habe
so schätzungsweise 300 Jungs auf ihre Beschneidung vorbereitet
(Alter 2 bis 14 Jahre). Nur zum Hintergrund.
ich hatte vor einer Weile schon mal im Medizinbrett gefragt,
welche Meinungen es zu Vorhautverengung und Beschneidung gibt.
War mit den Antworten sehr zufrieden.
DAs allerwichtigste ist: Ehrlichkeit.
Bereitet euren Sohn so genau wie möglich auf den Eingriff
vor. Das betrifft den eigentlichen Eingriff sowie alles
Drumherum.
Macht euch vorher selbst so schlau wie es geht: wieviel
wird abgeschnitten, welche Narkosemethode wird gewählt,
bis wohin dürft ihre euren Sohn begleiten (z.B. dürft ihr
bei ihm bleiben, bis er unter Narkose ist oder fährt er
nur beruhigt in den OP), dürft ihr bei ihm sein, wenn
er aufwacht, was für Schmerzen sind nach der OP zu erwarten,
wie sieht der OP aus, wie sehen die Ärzte und das Personal
aus (sie tragen Masken - das ist schon mal seltsam, weiße
oder grüne etc.). Je mehr ihr wisst, je mehr könnt ihr
eurem Sohn erzählen, wenn er es wissen will.
Kauft einen Arztkoffer als Kinderspielzeug. Spielt die
OP mit einem Teddy, Puppe, egal was, ein paar Mal (so oft
er will) durch. So exakt ihr das selbst wisst. Vorher.
Hinterher auch. Er ist noch zu klein, um seine Ängste
in Worte zu kleiden, aber er kann sie beim Spielen ausdrücken.
Erklärt ihm ganz genau, dass die OP ein Autsch ist, was
die Wiederholung von größeren und vielen Autsches verhindern
wird (er erinnert sich ja mit Sicherheit an die Entzündung,
unser Sohn hatte das auch mal -vergißt wohl niemand so schnell).
Aber macht sicher, dass er weiß, dass es nach OP nicht
ganz ohne Schmerzen abgehen wird (aber er wird dann Medizin
gegen die Schmerzen bekommen und es wird bald vorbei sein).
Und noch ein Geheimtipp. Gebt ihm vor der OP irgendwas von
euch, auf dass er aufpassen soll, z.B. einen Bund Schlüssel,
ein kleiner Geldbeutel. Er kann den z.B. im Nachttisch im
KH aufbewahren. Ihr wollt das Ding auf jeden Fall NACH der
OP wieder haben. Für ihn ist das ein Zeichen, dass ihr mit
ihm nach der OP rechnet. Viele Kinder haben unbestimmte
Todesängste im KH, die sie nicht artikulieren können. Die kann
man nicht richtig ansprechen (weil sie auch dem Kind nicht
bewusst sind), aber über Symbolik angehen. Macht Pläne mit
ihm für kurz nach der OP.
In USA wird in manchen Kliniken mit einem tollen Trick gearbeitet,
was die Narkose betrifft: im Anfangsstadium wird die Narkose nicht
über eine Maske, sondern ein Telefon verabreicht. Am Hörer
kommt ein Märchen o.ä. raus, am Mundteil das Gas.
Nun ist der Trick NICHT, das Kind hinters Licht zu führen.
Soll auf keinen Fall geschehen! Es bekommt den Mechanismus
vorher erklärt. Und das feste Versprechen des Narkosearztes,
dass es am nächsten Tag die Geschichte fertighören darf,
falls es vor ihrem Ende einschlafen wird.
Natürlich habt ihr auf die Narkoseart keinen direkten Einfluss.
Aber dies soll erläutern, wie man es anfangen kann, dem Kind
die unbestimmte Angst vor der OP zu nehmen.
Und noch ganz konkret zu den Folgen danach: erklärt ihm, dass
sein Glied nach der OP anders aussehen wird (direkt nach der OP
sowieso, aber später natürlich auch noch - wobei das natürlich
auch darauf ankommt ,wieviel Vorhaut abgeschnitten wird). Dies
ist besonders wichtig, wenn er in einem Umfeld lebt, in dem er
kaum jemand Beschnittenen sehen wird. Er muss das wissen, vor
allem auch, wenn er z.B. im Schwimmbad oder Sportunterricht mit
den anders aussehenden Gliedern seiner Freunde konfrontiert wird.
Deshalb ist es auch wichtig, dieses Thema später immer mal
wieder anzuschneiden. So lassen sich Überraschungen und
ev. Schocks im Vorfeld verhindern. Auch ein Vergleich mit
Papas Glied ist von Vorteil. Stellt die Vorteile eines
beschnittenen Glieds dar (Hygiene, viel leichter sauberzuhalten),
vielleicht kann der Papa durchaus bedauern, dass er für
diesen Eingriff zu alt ist. Keinesfalls als Makel hinstellen,
aber das ist wohl sowieso klar.
Ich hoffe, das hilft euch.
Alles Gute,
Elke