Hallo, ich weiss nicht, ob ich hier richtig bin. Ich wüßte gern, welche Partei - aus der Kaiserzeit - als Vorläufer der NSDAP gilt.
Gruß Anne
Einen direkten Vorläufer gab es nicht. Bei dem ideologischen Sammelsurium der NSDAP wäre das auch ungewöhnlich. Ich würde drei Haupströmungen nennen:
- nationalistische Parteien, vor allem jene, die im 1. Weltkrieg bis zuletzt auf „Siegfrieden“ setzten.
- sozialistische Parteien - wobei dieses Element in der NSDAP bis 1933 kontinuierlich verringert/ausgemerzt wurde (die Gründungsmitglieder und das Parteiprogramm trugen aber deutliche Züge in diese Richtung).
- antisemitische Parteien; hier wird in der Forschung immer auf die Partei des Hofpredigers Stöcker verwiesen, die sich christlich-sozial nannte (in Abgrenzung zum marxitisch-sozialistischen).
Andreas
Hallo Anne,
am 05.Januar 1919 gründeten der Eisenbahnschlosser Anton Drexler und der Journalist Karl Harrer in München die Deutsche Arbeiterpartei (DAP). A. Hitler besuchte am 12. September 1919 eine Versammlung der DAP und trat dieser Partei kurz darauf bei. Am 24. Februar 1920 wurde ein neues Parteiprogramm vorgestellt. Mit dem Erscheinen des Programms wurde der Name der DAP in „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ geändert.
Gruß Martin
Hallo und danke für die Antworten. Mir geht es darum herauszufinden, wie Faschismus entstanden ist. Ich suche Ansatzpunkte, wie man den heutigen Neonazis entgegentreten kann.
Gruß Anne
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Hallo,
klassisch antisemitische Parteien im Kaiserreich waren die Deutschsoziale Partei (1878 Adolf Stoecker), die Deutschsoziale Partei (1889 Max Liebermann von Sonnenberg) und die Antisemitische Volkspartei (1890 Otto Boeckel). Boeckel liess sich als erster Abgeordneter im Reichstagsallmanach als Antisemit eintragen. Die beiden letztgenannten Parteien haben sich 1914 zur Deutschvölkischen Partei vereinigt.
Viele Ideen der Nazis stammten aus den Büchern von Paul de Lagarde (1827-91), der unter anderem die Einheit des Deutschen Volkes in Rasse und Religion propagierte und dem Buch „Grundlagen des 19. Jh.“ von Houston Stewart Chamberlain (1813-1883, der Schwiegersohn Richard Wagners), nach dem die „arische Rasse nach der Vermischung mit den Juden ihre Reinheit urückerlangen müsse“.
Unterstützt wurden die antisemitischen Ideen z. B. vom Bund der Landwirte, vom Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband (eine grosse Angestelltengewerkschaft), von Burschenschaften, studentischen Vereinigungen, vom Alldeutschen Verband und auch vom Offizierskorps der Reichswehr.
Gruss
Peter
Vorsicht mit dem Faschismus-Begriff!
Mir geht es darum herauszufinden, wie Faschismus entstanden ist.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie vorschnell heutzutage mit dem Begriff Faschismus umgegangen wird.
Hier eine kurze Definition aus Meyers Lexikon (es gibt sicherlich bessere, aber das habe ich auf Festplatte):
Faschísmus [italien.]
- das von Mussolini geführte Herrschaftssystem in Italien (1922-45);
- i.w.S. Bez. für extrem nationalist., nach dem Führerprinzip organisierte antiliberale und antimarxist. Bewegungen und Herrschaftssysteme in verschiedenen Ländern Europas nach dem 1.Weltkrieg;
- nach marxist. Auffassung eine in kapitalist. Industriegesellschaften bei sozialer, wirtschaftl. und polit. Krisenlage angewandte Form bürgerl. Herrschaft.
Heute wird der Begriff häufig unreflektiert auf Phänomene angewandt, auf die er gar nicht oder nur tendenziell zutrifft, z.B. Neofaschismus.
Klar trifft 2. auf in Deinem Falle zu, aber „nur“ i.w.S.= im weiteren Sinne.
Das mag sich jetzt möglicherweise haarspalterisch anhören, aber wenn man sich schon für die Geschichte interessiert und sogar Leuten Paroli bieten möchte, sollte man m.E. ganz genau wissen, wovon man redet. Sonst kann’s u.U. schnell peinlich werden, denn nicht jeder Rechter ist ein dummer Schläger!
HOFee
Vorsicht mit dem Faschismus-Begriff!
Sonst kann’s u.U. schnell peinlich
werden, denn nicht jeder Rechter ist ein dummer Schläger!
Das will leider kaum jemand wahrhaben!
Bye
Hallo HoFee,
was genau ist in Deinen Augen ein „Rechter“?
Gruß
Anne
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was genau ist in Deinen Augen ein „Rechter“?
Verstehe jetzt nicht ganz, was meine Definition von „rechts“ hier für eine Rolle spielt, denn schliesslich möchtest Du ja diesen Leuten entgegentreten.
Wie dem auch sei…
Was ich sagen wollte, war ja nur, dass Faschismus eben nicht dasselbe wie Nationalsozialismus ist. Natürlich hat der Nationalsozialismus ganz deutlich faschistische Züge (Führerprinzip, nationalistisch, antiliberal, antimarxistisch) und ist somit eine faschistische Bewegung, aber man kann in diesem Zusammenhang nicht von DEM Faschismus und DEN Faschisten reden, weil das eben was anderes war, nämlich das Herrschaftssystem von Benito Mussolini.
Was ich meine, sollte Dir deutlich werden, wenn Du die Abkürzung „i.w.S.“ (übrigens in der 2. Definition, also nicht an erster Stelle)liest, denn da hast Du ja bereits die Einschränkung.
Einen (Neo-)Nazi pauschal als Faschisten zu bezeichnen, ist nämlich eigentlich zu verharmlosend, weil es den Nationalsozialismus nicht in seiner Gänze erfasst (auch wenn der heutige Sprachgebrauch da keine Unterschiede macht).
HOFee
Hallo und danke für die Antworten. Mir geht es darum
herauszufinden, wie Faschismus entstanden ist. Ich suche
Ansatzpunkte, wie man den heutigen Neonazis entgegentreten
kann.
Gruß Anne
Hallo Anne!
erstens mal ist Faschismus historisch was anderes als Nationalsozialismus, z.B. muß ein faschistisches Regime nicht anti-semitisch sein. Des weiteren stützen sich faschistische Regime oft auf alte Eltiten wie z.B. die Katholische Kirche, die Großgrundbesitzer, das Militär, was man so beim NS nicht sagen kann. Die Gleichsetzung von Faschismus und NS soll angeblich darauf beruhen, dass Stalin nach 1945 den Kommunisten weltweit das Benutzen des Wortes NationalSOZIALISMUS verboten hat, weil darin der Sozialismus vorkam (obwohl die NSDAP mit Sicherheit keine sozialistische Partei war).
zweitens mal ist der Nationalsozialismus eine historische Bewegung, die sich nur aus der damaligen Zeit erklären läßt, dazu muß man aber in Hitler-Biografien nachlesen.
Es ist kein Zufall, dass der NS aus Österreich stammt und viele NS-Funktionäre Österreicher oder Baltendeutsche waren, denn die Lage der Deutsch-Österreicher im Vielvölkerstaat Österreich und der Deutschen in den baltischen Staaten war prekär.
Im Baltikum gab es eine winzige deutsche Oberschicht (Großgrundbesitz, Adel, Verwaltunf, Kirche), die über Massen von besitzlosen Esten, Letten usw. herrschten. An den Universitäten wurde z.B. in deutsch unterrichtet, was die Einheimischen aber oft gar nicht (richtig) sprachen. Die Folge war, insbesondere nach der Oktoberrevolution, eine Furcht der Deutschen, ihre Macht und ihren Einfluß zu verlieren. Da lag der Gedanke der Flucht in eine rassistische Herrenmenschen-Ideologie als Rechtfertigung der vermeintlichen Überlegenheit und der tatsächlichen Dominanz nahe.
Was Österreich angeht befand sich die K&K-Monarchie in einer Dauerkrise, weil es ständig ethnische Konflikte gab. Die Deutschen waren zwar formal das herrschende Staatsvolk, aber de facto wuchs die Zahl der Nicht-Deutschen und damit das Unabhängigkeitsstreben der Tschechen, Ungarn, Serben usw usw
ständig an. Die damalige Regierung fand keinen Weg, sie schwankte zwischen halbherzigen Zugeständnissen und Unterdrückungspolitik. Dazu kam, dass die Deutschen der Unterschicht und des Kleinbürgertums durch den Zuzug verarmter Massen, darunter auch die optisch sehr auffälligen orthodoxen Juden, aus der Ukraine usw. ökonomisch sehr stark unter Druck gerieten (Angebot und Nachfrage!). Das Resultat war ein hysterischer, rassisch begründeter Antisemitismus (im Gegensatz zum früheren eher religiös [„Christusmörder“] begründeten Antisemitismus aus hunderten von Splittergrüppchen, die jede ihre eigene Ideologie hatten. Außerdem war damals der Sozial-darwinismus groß in Mode („survival of the fittetst“), dazu alle möglichen und unmöglichen sog. Rasse-Hygienischen Ideen [auf deren Basis in Schweden bis in die 60er Jahre Geisteskranke generell sterilisiert wurden]. Das Aufkommen der Kommunisten nach der Oktoberrevolution tat ein übriges, weil die Kleinbürger um ihr Leben und ihr Eigentum fürchten mußten.
Hitlers großes Vorbild war der damalige Wiener Bürgermeister Lueger (?), der mit der Mischung aus Antisemitismus und Massenpartei wesentliche Erfolgsrezepte der NSDAP vorwegnahm und vom den Hitler viel „gelernt“ hat, insbes. das Vermeiden des Fehlers, sich mit den Mächtigen im Staat anzulegen.
Was nun die NeoNazis angeht so halte ich es für völligen Unsinn,
die damit bekämpfen zu wollen, dass man den (verlorenen) Kampf gegendie NSDAP erneut aufführt. Jede Zeit hat ihre eigene Seuche!
Die speziellen historischen Bedingungen von damals sind heute nicht mehr gegeben und also sind auch die Ursachen des NS ganz andere als die Ursachen der NeoNazis heute.
Ich halte es auch für völligen Kappes, wenn die dt. Politik ständig mehr Belehrung über Auschwitz als DAS Rezept gegen die NeoNazis verkauft. Es ist ja gar nicht das Ziel der NPD, das sog. II. Reich wiederauferstehen zu lassen.
Die Ursachenforschung muß vielmehr nicht im Wien der 1880er Jahre ansetzen, sondern hier und heute: Strukturwandel, Wandel im Verhältnis der Geschlechter, Modernisierungsverlierer, Verlust der Normen (auch und gerade in der Politik!) und Wirtschaft, Zerfall der Familie, Wertewandel in Richtung einer anything-goes-Gesellschaft, das offenbare Scheitern des Konzepts der multikulturrelen Gesellschaft usw usw usw.
Hier gilt es anzusetzen. mfg frank