Meine Nachbarin möchte, dass ich ihre Vorsorgevollmacht (auch über den Tod hinaus) unterschreibe als Bevollmächtigter. Welche Pflichten ergeben sich daraus für mich? Kann ich jederzeit wieder davon zurücktreten?
Danke im Voraus.
Meine Nachbarin möchte, dass ich ihre Vorsorgevollmacht (auch über den Tod hinaus) unterschreibe als Bevollmächtigter. Welche Pflichten ergeben sich daraus für mich? Kann ich jederzeit wieder davon zurücktreten?
Danke im Voraus.
Wenn Du keine Zuwendungen dafür bekommst, hast Du allenfalls eine moralische Verpflichtung und kannst jederzeit davon zurücktreten.
Welche Pflichten befürchtest Du denn?
Danke für die Antwort. Ich würde keine Zuwendungen bekommen.
Ich befürchte, nach dem Tod der Nachbarin dann verpflichtet zu sein, z.b. die Wohnung auf meine Kosten zu räumen oder sowas. Falls dann z.B. ein Nachlasspfleger die Vorsorgevollmacht findet und ich dann sozusagen solche Pflichten hätte.
Sorry für meine blöden Fragen. Ist für mich aber ein echt schwieriges Thema, weil ich mich noch nie mit sowas auseinander gesetzt habe.
Wenn Du als Bevollmächtigter auf Wunsch Deiner Nachbarin ihre Vorsorgevollmacht mit unterschreibst, ist das meiner Meinung nach nur ein Zeichen an die Nachwelt, dass Du eine Person bist, der sie voll vertraut und an die man sich bei eventuellen Streitigkeiten unter den Erben wenden kann um über ihren tatsächlichen Willen und geistigen Zustand Aufklärung zu erhalten (wenn z.B. wegen der Vorsorgevollmacht ein Rechtsstreit entsteht).
Wenn Du kein direkter Verwandter oder Erbe und auch nicht im Nachlass bedacht bist, musst Du Dir keine Sorgen machen.
Mehr Sicherheit kann Dir die Auskunft eines Rechtsanwalts geben.
Der Sinn und Zweck der Vorsorgevollmacht ist zunächst einmal, dass der Bevollmächtige anstelle der Nachbarin zu handeln befugt ist, wenn die Nachbarin selbst hierzu nicht mehr in der Lage sein sollte. Aus dem Text der Vollmacht ergibt sich der Umfang dieser Handlungsberechtigung. Und der kann und wird im Normalfall sehr weitgehend sein. Das geht dann im Falle des Falles bis hin zu Dingen wie dem finalen Abbruch einer ärztlichen Behandlung oder freiheitsentziehende Maßnahmen wie den Einsatz von Bettgittern oder die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung. Dazu kommt dann die Vertretung vor Gerichte und Behörden sowie Versicherungen und privaten Dritten in Rechtsangelegenheiten, … Auf den Bevollmächtigten können auch Dinge wie eine Auflösung der Wohnung, ggf. der Verkauf einer Immobilie zukommen.
Wenn die Sache „gut läuft“ kann es auch passieren, dass die Vollmacht nie ausgeübt werden muss. D.h. wenn die Dame geistig bis zum Schluss voll auf der Höhe ist und irgendwann mal von jetzt auf gleich tot umfällt, dann war das alles nur blanke Theorie, was ich gerade geschrieben habe. Wenn es schlecht läuft und die Dame muss bald aufgrund einer sich massiv entwickelnden Demenz aus der Wohnung in eine geschlossene Einrichtung, kann man sich auf das „volle Programm“ gefasst machen und darf ggf. auch noch Anträge auf Grundsicherung, … stellen, wenn das eigene Geld der Dame dann mal irgendwann nicht mehr für Pflege und Unterbringung reicht.
Insoweit ist so eine Vollmacht ein Thema, das gut überlegt sein will. Das übernimmt man für Menschen, die einem nahe stehen aber nicht für beliebige Dritte, zumal mal als Dritter dann immer auch noch Diskussionen und Streitereien mit Erben befürchten muss, wenn die nicht von vorne herein in die Sache einbezogen worden sind. Denn wenn man mit dem Geld fremder Leute umgeht, sind Vorwürfe schnell bei der Hand, wenn dieses dann hinterher weg ist (auch wenn es zum Wohle des Vollmachtgebers ausgegeben worden ist).
Nach dem Tode hat man als Bevollmächtigter grundsätzlich übrigens nichts mehr groß zu tun, wenn es hierzu nicht besondere Vereinbarungen gibt. Aber dann kann natürlich der Ärger mit Erben los gehen. Raus kommen kann man einerseits schon, indem man die Vollmacht zurück gibt und dann beim Familiengericht Betreuungsbedarf kund tut. Es kann dann aber passieren, dass einen das Gericht dann als bestgeeigneten gesetzlichen Betreuer ansieht. Und wenn man dann keine guten Argumente hat, die Übernahme der Betreuung abzulehnen (weil man z.B. selbst schon ein entsprechendes Alter hat und krank ist), geht der Spaß dann erst richtig los. Denn als Betreuer nach BGB treffen Dich zu den oben genannten Dingen dann auch noch so hässliche Dinge wie die Pflicht zur regelmäßigen Rechnungslegung. Auch darfst Du dann ggf. Dinge nicht mehr alleine entscheiden, wie Du es als Bevollmächtigter tun dürftest, sondern muss hierzu dann Anträge an das Gericht stellen, welches dann hierüber entscheidet (z.B. freiheitsentziehende Maßnahmen und so genannte lebensgefährdende Behandlungen und ggf. auch den finalen Abbruch einer Behandlung).
Ich würde eine Vorsorgevollmacht NIE ohne juristische Beratung (Notar oder Rechtsanwalt) unterschreiben. Dabei geht es nicht nur um evtl. Kosten sondern auch um die moralische Verantwortung und die Rechtliche gegenüber evtl. Erben. Auch die von den Länderjustizministerien bereitgestellten Vordrucke sind m. E. nach nicht zu empfehlen.
Ich habe eine notarielle Vorsorgevollmacht gemacht und schon den Entwurf mit den Vertrauenspersonen besprochen.
Nein, regulär ist mit einer Vorsorgevollmacht keine Verpflichtung verbunden Kosten zu tragen. Aber man sollte natürlich vorab überlegen, wie mit ggf. entstehenden Kosten umgegangen werden soll, wenn nicht gerade ein solches Näheverhältnis besteht, dass man als Bevollmächtigter bereit ist, diese ersatzlos zu tragen. D.h. im Rahmen der Ausübung der Vollmacht können Situationen entstehen, in denen man doch mal eben eher selbst in den Geldbeutel greift, als sich Geld vom Vollmachtgeber vorab zu holen. Viele sind dann auch unsicher, ob und inwieweit sie Geld von Konten des Vollmachtgebers für solche Dinge dann nachträglich wieder vereinnahmen dürfen.
Auch sollte man den Zeitaufwand nicht unterschätzen, der ggf. mit der Ausübung einer Vollmacht verbunden sein kann. Da geht es jetzt gar nicht darum, dass jemand sich damit dann einen besseren Stundensatz als im eigentlichen Job sichern will. Aber wenn man in eine Situation gerät, in der man wöchentlich doch mal ein paar Stunden investiert, dann finde ich es nur fair, dass man einen solchen Einsatz außerhalb besonderer Näheverhältnisse auch angemessen honoriert, zumal im Rahmen der Vorsorgevollmachten von den Bevollmächtigten oft weit mehr geleistet wird, als sich rein um rechtliche und gesundheitliche Angelegenheiten zu kümmern, sondern es da dann oft auch um einen erheblichen persönlichen Beistand und hauswirtschaftliche Dinge, … geht.
Vielfach werden solche Dinge dann auch mit einer Erbeinsetzung gekoppelt. Aber auch da muss man vorsichtig sein. Denn die Kosten von Unterbringung und Pflege können unter Umständen auch ein nicht gar so kleines Vermögen recht schnell aufzehren. Und dann ist irgendwann die schöne Eigentumswohnung weg, die man versprochen bekommen hat. Zudem übersehen Dritte hierbei auch gerne, dass sie erbschaftsteuerrechtlich massiv belastet sind, und damit auf so ein Erbe dann erhebliche Steuern fällig werden, die den Wert einer solchen Gegenleistung unter dem Strich dann doch deutlich mindern. Nicht zuletzt sollte man auch bedenken, dass ein Testament jederzeit änderbar ist/ggf. anfechtbar sein kann, wenn der Erblasser ggf. doch nicht mehr so ganz auf der Höhe war, …
Ich würde in solchen Fällen auf jeden Fall fachlichen Rat durch einen spezialisierten Anwaltskollegen in Anspruch nehmen!
Kann ich nur unterstreichen. Eine Situation wie die hier geschilderte ist ein denkbar ungünstiger Start in so eine Geschichte, wenn jemand einem anderen einfach eine fertige Vollmacht zur Unterschrift (übrigens ist die Unterschrift durch den Bevollmächtigten nicht nötig!) vorlegt. Es geht hier nicht um eine „Formalie“, sondern je nachdem, wie sich das Leben des Vollmachtgebers künftig entwickelt um bedeutende Entscheidungen, die im Sinne des Vollmachtgebers getroffen werden müssen. Und insoweit sollte man sich kennen, wissen, wie der andere „tickt“, was der für ethische, weltanschauliche oder religiöse Bindungen hat, … Und insbesondere sollte man darüber sprechen, was sich der Vollmachtgeber denn in bestimmten Situationen wünscht. Insoweit ist es wichtig, dass man gemeinsame Vorstellungen hierzu entwickelt und ist es sinnvoll in diesem Zusammenhang auch eine Patientenverfügung aufzusetzen und abzustimmen.
Allerdings sind solche Gespräche alles andere als einfach! Und leider sind auch viele der Notare und Anwaltskollegen angesichts der eher mäßigen abrechenbaren Kosten bei solchen Geschichten nicht sonderlich motiviert über das rein Rechtliche diesbezüglich zu beraten und zu moderieren. Dabei kommt es in solchen Gesprächen gar nicht so selten selbst unter langjährigen Ehepartnern zu Überraschungen, wenn bestimmte Fragestellungen ganz konkret angesprochen werden. Und es ist gut, wenn/dass es dann auch ggf. zu zwei unterschiedlichen Festlegungen kommt. Umso wichtiger ist ein solches Herangehen, wenn jemand in einer Situation ist, in der keine vertrauenswürdige Person da ist, die man schon lange und intensiv kennt und dann auf einen zwar grundsätzlich vertrauensvollen Menschen zugeht, der aber zunächst ggf. herzlich wenig über einen weiß. Ich erwarte insoweit grundsätzlich, dass Vollmachtgeber und Bevollmächtigter gemeinsam bei mir zur Beratung erscheinen, damit wir dann einen gewissen Fragenkatalog gemeinsam durchgehen, und ich die sich hieraus ergebene Wünsche dann so formulieren kann, dass beide Seiten wissen was gemeint ist, und ein Bevollmächtigter im Zweifelsfall jederzeit wieder eine Beratung zu einem Detailproblem auf dieser Basis in Anspruch nehmen kann.
Und was die finanziellen Dinge angeht, würde ich jedem Bevollmächtigten immer raten - auch wenn er hierzu gesetzlich nicht analog eines Betreuers verpflichtet ist - immer Buch über die Ein- und Ausgaben zu führen, und dabei insbesondere auch die Beträge aufzuführen, bei denen es um einen Auslagenersatz, eine Anstandsschenkung oder eine Vergütung besondere Dienste geht, damit man diese im Zweifelsfall gegenüber Erben problemlos nachweisen kann. Die Vorwürfe von Erben sind nicht so selten rein reflexartig, weil sie sich mangels eigener Erfahrung nicht vorstellen können, wie schnell ein Vermögen durch Pflege und Unterbringung aufgezehrt werden kann. Mit einem angemessen geführten Nachweis lässt sich so manche spontane Wut gut in den Griff bekommen.