Erfolgreiche Strategie des Scheiterns?
Hi Herbert,
Ich begann Frauen zu treffen und war ganz zufrieden, wenn mich die Gefühle (Nervosität, Angst bis hin zur Panik) nicht weiter verfolgt hätten.
Daß dir klar ist, daß dein „wenn … nicht“ dem ersten Teil deines Satzes widerspricht, weißt du natürlich alles schon 
Ich wendete mich mit einem konkreten Anlass an dieses Forum
(/t/die-totale-beziehungsphobie/4783811
Ja, und damsls bereits nicht zum ersten Mal.
und erhielt den Rat, dass eine Psychoanalyse wohl eher das Richtige für mich sei. Meine Probleme seien zu komplex und müssten gründlich aufgearbeitet werden.
Den Rat gab ich dir damals auf der Grundlage deiner schon vorhergehenden Threads über dein Problem:
[Paradoxes Beziehungserleben]
/t/ich-lieb-dich-nur-wenn-du-mich-nicht-liebst/46811…
und kurze Zeit später
[Funkstille]
/t/ich-lieb-dich-nur-wenn-du-mich-nicht-liebst/46811…
So fand ich also eine Therapeutin (Analytikerin), die mir in der vierten Probesitzung sagte, sie könne mir nicht helfen, weil ich mich selbst schon völlig durchanalysiert hätte. Ich wisse ja schon alles und hätte meine Verhaltens- und Denkmuster rational völlig verstanden.
Wenn es so wäre, ist das tatsächlich für die Methode des psychoanalytischen Gesprächs ein bekanntes Problem. Hier aber steht zunächst im Raum, daß du diese Zusammenfassung deiner ersten Analytikerin („völlig durchanalysiert“, „völlig verstanden“) für ein Fakt genommen hast. Lassen wir das mal so stehen 
Meine Ratio sei so stark, dass es ihr unmöglich sei, mir auf emotionaler Ebene zu begegnen.
Wenn man alles zusammennimmst, was du hier und vormals hier über dein Problem scheinbar anschaulich geschilderst hast (wie gesagt: Es ist alles zunächst nichts anderes als deine Schilderung deines Problems), dann fällt doch etwas auf: Das was dir diese Analytikerin als ihr Problem des therapeutischen Prozesses ausdrückte (d.h. der Grund, weshalb sie meinte, dir nicht helfen zu können), ist genau das, was dein Problem war und ist: Es tritt genau dann auf, wenn es anliegt, einer Frau „auf emotionaler Ebene zu begegnen“.
Diese deine Strategie hatte also hier vollen Erfolg: „Du brauchst mir nicht hinter die Kulissen zu schauen, ich erzähl dir ja freiwillig alles, was es da zu sehen gibt.“ Tragisch, wenn ein Analyktiker an dieser Stelle stehen bliebe, die vorhandenen Widersprüche in der „Erzählung“ nicht erkennen würde, und somit deine Strategie, ihn nicht an dich heranzulassen, somit Erfolg hätte. D.h. falls es sich also so abgespielt haben sollte, wie du uns hier schilderst.
Da geht es schon los: Wie soll ich einem Therapeuten vertrauen, der sich selbst nicht sicher ist und einen fetten Disclaimer voranstellt?
Du vergißt, daß Therapeuten keine Götter und auch keine Göttinnen sind. Sie können keine Heilsversprechen „voranstellen“. Auch psychoanalytiche Arbeit ist Zusammen arbeit.
Damit meine ich Aussagen wie: Nur dann, wenn sie zu einer umfassenden Reform ihres Lebens und einer gründlichen Aufarbeitung ihrer Probleme bereit sind, kann ich ihnen helfen.
Interessant, nicht wahr? Denn zugleich hieß es, du habest dich „selbst schon völlig durchanalysiert“ 
Da ich mit meinem Leben zufrieden bin, möchte ich tatsächlich so weiterleben wie jetzt und nur von meinen lächerlichen Ängsten befreit werden. Wenn nötig, dann bin ich auch zu Reformen bereit, aber ich habe Zweifel, dass diese nötig sind.
Schöner und noch lehrbuchreifer kann man einen sogenannten Abwehrmechanismus kaum darstellen.
Ich sehe in meinem Fall eine starke Analogie zur Schüchternheit
Ja, so siehst du es. Und wenn ein Analytiker, nein, eine Analytikerin, dieser so offensichtlich in den Vordergrund geschobenen Selbstdeutung Widerstand leistet, sich darauf nicht einläßt, verliert er selbstverständlich dein „Vertrauen“?
Meine Ängste haben wie Schüchternheit ihre Ursache in den Genen und in Erfahrungen.
Ah ja. In den Genen 
Es gibt in meiner Kindheit durchaus Gegebenheiten, die meine Bindungsangst erklären können.
Ja, und diese deine eigenen „Erklärungen“ dürfen aber nicht in Frage gestellt werden, oder?
Übrigens, zu der Ambivalenz von, bzw. Oszillation zwischen Bindungsangst und Verlustangst (wurde ja unten angesprochen), habe ich hier auch schon mal etwas geschrieben:
[Bindungsangst, Verlustangst und Beziehung]
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Schüchternheit lässt sich gut mit VT therapieren, also dadurch, dass man sich den unangenehmen Situationen aussetzt und lernt, dass sie nicht bedrohlich sind.
Und dennoch ist es zwei Verhaltenstherapien nicht gelungen 
Meine Therapeutin hingegen verlangt, meine Ängste als wesentlichen Teil meiner Persönlichkeit zu verstehen, als wichtige Signale, die mir sagen, dass ich etwas ändern müsse, in denen der Schlüssel zu einem besseren Selbstverständnis liege.
Ist eine Frechheit der Therapeutin, nicht wahr?  Denn du weißt es selbst besser.
 Denn du weißt es selbst besser.
Würde Sie dies zu einem Schüchternen auch sagen? Wie würde sie ihm helfen? Ich werde sie das nächste Mal fragen.
Ja, du willst sie auf den rechten Weg der richtigen Therapie bringen, oder? Denn nur du weißt, worin dein Problem besteht und suchst den Therapeuten, der dir dein eigenes Problemverständnis abnimmt. Was ist eigentlich, wenn es dir gelingen würde, einen solchen zu finden?
Freunde sagen, dass ich diesen ganzen Psychoquatsch lassen solle. Ich sei doch viel zu gescheit für diese Therapeuten.
Ok, zu dieser für deine Strategie des Selbstmanagement optimalen Meinung deiner Freunde haben dir andere bereits etwas gesagt.
Jeder hat doch so seine Macken und über kurz oder lang werde ich sie in den Griff kriegen.
Natürlich. Über kurz oder lang. Und wielange schleppst du das Problem schon mit dir rum? Vor allem, wo es sich nicht nur in Erst-Flirt-Szenarien zeigt, wie du uns berichtetest, sondern auch innerhalb schon bestehender Beziehungen bzw. Lebensgemeinschaften.
Ich habe jetzt natürlich auch keine Lust mehr, mir noch einen Therapeuten zu suchen. Ich bin kurz davor, einen Haken an Therapie zu machen und mich damit abzufinden, dass ich nicht therapierbar bin oder keine Therapie brauche.
Soll heißen: Eine Therapie, der es gelingt, dein Problem aufzulösen, wäre eine Katastrophe für dich?
Ein PA wird jetzt bestimmt sagen, es sei der Widerstand, der mich so denken lässt
Natürlich weißt du auch hier schon vorher, was ein PA dazu sagen wird.
Ein Therapeut, der diese raffinierte Abwehrstrategie („ich weiß doch schon alles“) durchlöchert, durchbricht oder wie immer man es nennen mag, wäre das sehr schlimm für dich?
Schönen Gruß - mal wieder 
Metapher